Erinnerung Des Herzens
schaute Paul an. »Millie ist unser Meerschweinchen in der Schule.«
»Das freut mich für Millie.«
»Es war ziemlich übel«, sagte Brandon. »Sie war krank und all das und atmete ganz schnell, während sie dalag. Und dann kamen diese winzigen Jungen heraus. Und auch Blut.« Er rümpfte die Nase. »Wenn ich eine Lady wäre, würde ich das nicht machen.«
Paul musste grinsen. Er zog Brandon den Schirm seiner Mütze über die Augen. »Zu unserem Glück sind Frauen aus besserem Stoff gemacht.«
»Ich denke, das muss doch weh tun.« Er schaute seine Mutter an.
»Tut es weh?«
»Darauf kannst du jede Wette eingehen.« Dann lachte sie und legte ihm den Arm um die Schultern. »Aber manchmal haben wir Glück, und es ist's wert. Ich denke fast, du bist es wert gewesen.« Es schien nicht ganz der richtige Zeitpunkt zu sein für eine eingehende Diskussion über Sexualerziehung und Geburt, deshalb gab sie dem Gespräch eine andere Wendung. »Mr. Winthrop ist zu dir gekommen.«
»Wirklich?« Soweit Brandon zurückdenken konnte, war es noch nie vorgekommen, dass ein Erwachsener ihn besucht hatte. Ganz bestimmt aber kein männlicher Erwachsener.
»Es ist so«, sagte Paul, »die Lakers sind Samstag in der Stadt.«
»Yeah, sie werden gegen die Celtics spielen. Es kann eines der wichtigsten Spiele in dieser Saison werden und ...« Ein Gedanke blitzte in ihm auf, so toll und überwältigend, dass er nach Luft schnappte.
Paul unterdrückte ein Lächeln, als er eine wilde Hoffnung in Brandons Augen aufleuchten sah. »Ja, und ich habe zufällig ein paar Karten. Kommst du mit?«
»Wow!« Die Augen wollten ihm fast aus dem Kopf fallen. »Oh, wow. Mama, bitte!« Als er sich umdrehte, um sie um die Taille zu fassen, drückte sein ganzes Gesicht eine einzige inständige Bitte aus. »Bitte!«
»Wie könnte ich da nein sagen?«
Mit einem lauten Juchzer umarmte Brandon sie. Dann drehte er sich um und warf sich zu Pauls Überraschung in seine Arme. »Danke, Mr. Winthrop. Das ist das größte. Wirklich das größte.«
Bewegt durch dieses spontane Zeichen von Zuneigung tätschelte Paul Brandon die Wange. Es hatte ihn gar nichts gekostet, dachte er.
Er kaufte jedes Jahr vorsorglich zwei Karten, und die dritte hatte er von einem Freund bekommen, der gleich darauf eine Reise angetreten hatte. Als Brandon ihn anstrahlte, mit einem vor Aufregung und Dankbarkeit glühenden Gesicht, wünschte sich Paul, er hätte mindestens zwei Drachen für die Karten erschlagen müssen.
»Hör'zu. Ich habe drei Karten. Kennst du irgendjemanden, der gern mitkommen würde?«
Das war fast zuviel für Brandon, so als ginge man im August abends schlafen und wachte am Weihnachtsmorgen auf. Er ging ein paar Schritte zurück, plötzlich unsicher, ob es sich für einen Jungen gehörte, einen Mann zu umarmen.
»Mama vielleicht.«
»Ich habe schon abgelehnt, danke.«
»Himmel, Dustin würde komplett verrückt werden.«
»Dustin ist bereits komplett verrückt«, sagte Paul. »Ruf ihn doch an und frage ihn.«
»Im Ernst? Super!« Er raste in die Küche.
»Ich will mich nicht in Männersachen einmischen, aber weißt du eigentlich, was du dir da antust?«
»Ich führe die Jungen ein bisschen aus.«
»Paul.« Nachdem sie Brandons Gesicht gesehen hatte, konnte sie ihm nicht mehr böse sein. »Wenn ich es recht verstanden habe, warst du ein Einzelkind, bist nie verheiratet gewesen und hast nie eigene Kinder gehabt.«
Er schaute ihr zu, wie sie ihre Jacke aufknöpfte. »Richtig.«
»Du warst auch nie Babysitter?«
»Wie bitte?«
»Das habe ich mir gedacht.« Mit einem kleinen Seufzer schlüpfte sie aus ihrer Jacke und warf sie über eine Stuhllehne. Darunter trug sie ein ziegelrotes Turnhemd ohne Ärmel. Paul freute sich darüber, dass ihre Schultern ebenso makellos waren wie ihre Beine. »Und jetzt willst du zur Eröffnung mit zwei zehnjährigen Jungen ein großes Basketballspiel besuchen. Allein.«
»Es ist ja keine Expedition ins Amazonasgebiet, Jules. Ich bin ein vernünftiger, umsichtiger Mann.«
»Das bist du sicher, unter normalen Bedingungen. Aber mit zwei zehn Jahre alten Jungen darf man sich darauf nie verlassen. Es ist wahrscheinlich eine sehr große Arena, ja?«
»Und?«
»Ich stelle mir mit großem Vergnügen vor, wie du da mit zwei wilden kleinen Jungen zurechtkommen willst.«
»Wenn ich meine Sache gut mache, bekomme ich dann nach dem Spiel - einen Drink?«
Ihre Hände lagen jetzt auf seinen Schultern, am liebsten hätte sie sein Haar
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