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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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und mehr noch, eine Deutsche; folglich sprach er nur Deutsch mit ihr, was ihr in seinen Augen besonderen Reiz verlieh. Kurz, er erwies ihr soviel Aufmerksamkeiten,als er dessen fähig war. Wenn sie in ihren Zimmern dinierte, schickte er ihr kostbare Weine und verschiedene Lieblingsgerichte von seinem Tisch, und erfand er eine neue Grenadiermütze oder ein Bandelier, dann schickte er ihr auch diese, um sie ihr zu zeigen. Die Prinzessin von Kurland, die damals ungefähr vier- bis fünfundzwanzig Jahre alt sein mochte, war übrigens nicht die einzige Eroberung, welche der Hof in Moskau gemacht hatte. Auch die beiden Gräfinnen Woronzow, die Nichten des Vizekanzlers und Töchter des Grafen Roman Woronzow, seines jüngeren Bruders, hatte die Kaiserin herangezogen. Die ältere, Marie, zählte damals vierzehn Jahre und war unter die Ehrendamen der Kaiserin aufgenommen worden, die jüngere, Elisabeth, war erst elf Jahre alt; man gab sie mir. Es war ein sehr häßliches Kind, mit olivenfarbigem Teint, dazu im höchsten Grade unreinlich.
    Gegen Ende des Karnevals kehrte Ihre Majestät in die Stadt zurück. In der ersten Fastenwoche hatten wir unsere religiösen Uebungen angefangen und Mittwoch abend sollte ich im Hause der Madame Tschoglokoff ein Bad nehmen. Am Abend vorher aber kam die letztere in mein Zimmer, wo sich auch der Großfürst befand, und meldete ihm den Befehl Ihrer Majestät, gleichfalls ein Bad zu nehmen. Doch die Bäder und andere russische Gewohnheiten und Landessitten waren dem Großfürsten nicht allein unangenehm, sondern er haßte sie tödlich. So erklärte er denn auch rund heraus, er werde es nicht tun. Sie, die ebenfalls hartnäckig war und in ihren Aeußerungen nicht die geringste Zurückhaltung kannte, erwiderte, das heiße, Ihrer kaiserlichen Majestät ungehorsam sein. Er jedoch behauptete, man dürfe ihm nicht befehlen, was seiner Natur widerstrebe, denn er wisse, daß, da er noch niemals ein Bad genommen, es ihm schaden werde; er wolle nicht sterben, das Leben sei ja das teuerste aller Güter, unddie Kaiserin werde ihn nicht dazu zwingen. Madame Tschoglokoff antwortete, Ihre Majestät werde schon seinen Ungehorsam zu strafen wissen. Hierüber wurde er wütend und sagte heftig: »Ich werde abwarten, was sie tun wird, ich bin kein Kind mehr.« Nun fing die Tschoglokoff an zu drohen, die Kaiserin werde ihn auf die Festung schicken, worauf er bitterlich zu weinen begann. Sie sagten sich dann beide noch die beleidigendsten Grobheiten, welche je die Wut eingeben konnte, denn es fehlte ihnen wirklich an gesundem Menschenverstand. Endlich entfernte sich die Tschoglokoff, indem sie erklärte, sie werde diese Auseinandersetzung Ihrer kaiserlichen Majestät wörtlich wiederholen. Ich weiß nicht, ob dies geschah, aber sie kam wieder und begann über ein ganz anderes Thema zu sprechen. Unter anderm sagte sie, die Kaiserin sei sehr böse, daß wir keine Kinder hätten, und wolle wissen, an wem von uns beiden die Schuld liege; mir werde sie eine Hebamme und ihm einen Arzt schicken. Daran schlossen sich noch viele andere beleidigende Bemerkungen, die weder Zweck noch Ziel hatten, bis sie damit schloß, daß die Kaiserin uns unserer religiösen Uebungen für diese Woche enthebe, weil der Großfürst erklärt habe, das Bad schade seiner Gesundheit. Ich muß indes bemerken, daß ich während jener beiden Auseinandersetzungen den Mund nicht auftat, erstens, weil sie beide mit solcher Heftigkeit sprachen, daß ich nicht zu Worte kommen konnte, und zweitens, weil ich sah, daß auf der einen sowohl als auf der andern Seite der größte Mangel an Vernunft herrschte. Wie die Kaiserin darüber urteilte, ist mir unbekannt, aber gewiß ist, daß weder von dem einen, noch von dem andern der erwähnten Gegenstände weiter die Rede war.
    Um Mittfasten begab sich die Kaiserin nach Gostilitza zum Grafen Razumowski, um sein Namensfest dort zu feiern,während sie uns mit ihren Ehrendamen und unserm gewöhnlichen Gefolge nach Zarskoje Selo schickte. Das Wetter war ungewöhnlich mild, ja fast warm, so daß schon am 17. März der Schnee von den Wegen verschwunden und Staub an seine Stelle getreten war. In Zarskoje Selo angekommen, gingen der Großfürst und Tschoglokoff auf die Jagd. Ich und meine Ehrendamen bewegten uns so viel als möglich im Freien, sowohl zu Fuß als zu Wagen, und am Abend wurden dann verschiedene kleine Spiele gespielt. Hier zeigte der Großfürst, besonders wenn er betrunken war – und er war es jeden Tag –

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