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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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als sie den Kopf ganz kurz hob, sich umsah und feststellte, dass sich ihr Sarg in einem noch größeren aus Stein befand. „Sie sind Monster“, flüsterte sie.
    „Ah, hast du das auch schon gemerkt, ja?“ Jameson hob ihren federleichten Körper hoch und aus dem Sarg. Aber als er sie zu Boden ließ, versagten ihre Beine den Dienst. Angelica sackte gegen ihn, und nur seine rasche Reaktion verhinderte, dass sie zu Boden fiel.
    Er hielt sie fest. Und dabei kamen wieder unangenehme Erinnerungen in ihm hoch. Erinnerungen daran, wie er sie das letzte Mal so gehalten hatte, ihr Gesicht an seinem Hals. An das Verlangen, das ihn übermannte, als sie den Mund auf seine Haut presste. Wie sehr er sie in dem Moment begehrte. Damals war sie verzweifelt gewesen. Am Verhungern. Das traf jetzt vermutlich in noch viel höherem Maße zu. Er wartete nervös und verkrampft und ließ die Arme um ihre Taille geschlungen, damit sie nicht fiel. Sie drückte sich mit dem ganzen Körper fest an ihn. Und er spürte ihre Lippen an der weichen Haut seines Halses, hörte sie leise stöhnen.
    Dann wandte sie sich von seinem Hals ab und legte den Kopf an seine Schulter.
    Natürlich. Sie würde nicht versuchen, einen anderen Vampir zu überwältigen. Schon gar nicht in ihrem geschwächten Zustand. Das war der Grund, eindeutig.
    „Sag mir“, forderte er sie auf, „wie du mir helfen willst, das Kind zu finden.“
    „Mein Kind“, flüsterte sie, ohne sich zu bewegen. „Es … es existiert ein Band zwischen meinem Baby und mir. Ich spürte es … schon vor der Geburt. Ich wusste, wie … sie aussehen würde.“ Sie sackte in sich zusammen, entglitt ihm fast, er musste sie noch fester und enger an sich drücken. „Ich wusste, dass es ein Mädchen wird … ich habe mit ihr gesprochen … und sie hörte mich, ich weiß es.“ Ihre Stimme klang schwach. Nur ein Flüstern, und es kostete sie offenkundig enorme Anstrengung zu sprechen.
    „Natürlich“, sagte Jameson, der kein Wort glaubte.
    Sie hob den Kopf, sah ihm in die Augen. „Ich fühlte, was sie fühlte. Ich wusste, dass sie hier war, und ich spürte den Moment, als sie sie … wegbrachten.“ Ihr Kopf sank wieder an seine Schulter, und da wusste er, dass sie ihn nicht mehr aufrecht halten konnte. Sie war dem Tode nahe. „Ich weiß bestimmt, wenn wir in ihrer Nähe sind. Ich schwöre es bei Jesus Christus.“
    Jameson hob ihr Kinn leicht an, sah ihr in die Augen, wurde unsicher, ob sie vielleicht doch die Wahrheit sagte, und bemerkte fassungslos das Ausmaß der Qual in den lila Tiefen. Dann sondierte er ihren Verstand, obwohl er nicht glaubte, dass er viel darin finden würde, besonders wenn sie log. Sie wäre schlau genug, ihre Gedanken abzuschirmen, wenn sie ihn zum Narren halten wollte. Doch zu seiner großen Überraschung war ihr Geist vollkommen ungeschützt. Sie öffnete sich ihm ganz und gar.
    Er muss mich hier wegbringen! Ja, er ist ein Monster … ein grässliches Monster, wie der andere … aber selbst ein Monster ist besser, als hier zu sterben. Ich laufe ihm weg. Ich fliehe, sobald ich diese Mauern hinter mir gelassen habe. Und dann suche ich mein Kind mit diesem seelischen Band selbst. Ich nehme sie ihnen weg … und ihm. Seinesgleichen werden sie nie zu Gesicht bekommen. Ich beschütze sie vor allem. Und wenn ich mich von den Unschuldigen ernähren muss, so sei es!
    Jameson legte den Kopf schief und sah den flüchtigen, rebellischen Zorn in ihren Augen. Dessen Macht schockierte ihn. Hungrig. Sie war so hungrig. Und sie hielt ihn für ein abscheuliches Monster. Seltsam, wenn Vampire Monster sind, dachte er, muss ihr doch klar sein, dass sie auch eins ist.
    Sie hasste ihn. Hasste, was er war. Hasste jeden ihres eigenen Volkes. Sie war eine verräterische, mordlüsterne Kreatur. Und sie wollte ihm sein Kind wegnehmen.
    Aber das Band mit dem Baby schien real zu sein. Und er brauchte sie, wenn er seine Tochter retten wollte. Um alles andere würde er sich später kümmern.
    „Komm“, sagte er und wandte sich zur Tür. „Machen wir, dass wir hier rauskommen.“
    Sie ging einen Schritt und fiel zu Boden. Jameson wusste ganz genau, was er tun musste. Es gefiel ihm nicht, war aber nicht zu ändern. Er konnte sie nicht hier raustragen und riskieren, dass sie gesehen wurden. Sie musste dieselbe Verkleidung tragen wie er und eigenständig hinausgehen. Und in ihrem geschwächten Zustand konnte sie das nicht.
    Er ging in die Hocke, nahm sie in die Arme, hielt sie wie ein Kind, und dann

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