Erkenntnis
Niamh der alten Dame schon nach dieser kurzen Zeit und so beginnt sie zu erzählen.
„Ja, ich bin eine Banshee. Vor fünf Jahren kamen sie zu mir und sagten, ich sei jetzt alt genug, um das erste Mal den Tod anzukündigen. Und ich, ich war stolz und neugierig. Ich wusste, wessen bevorstehenden Tod ich verkünden sollte und so schlich ich mich eines Tages aus dem Feenreich in die Welt der Menschen. Ich wollte ihn mir doch nur einmal ansehen ...“
Niamh unterbricht sich und sieht zu Boden. Leise spricht sie dann weiter. „Ich schlich mich in seine Nähe. Ich konnte ihn nicht sehen, aber ich hörte sein Lachen. So warm und herzlich und unbeschwert. Es war klar, dass das ein junger Mann war.Ich lief weg, ohne ihn gesehen zu haben, aber dieses Lachen, es ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Es vergingen einige Tage und … Ich musste ihn sehen … Er saß auf einem Baumstumpf und sprach mit seinem Hund. Seine Stimme war genau wie sein Lachen und er hatte diese kleinen Lachfältchen um die Augen. Diese warmen Augen in der Farbe von Haselnüssen … Ich flüchtete wieder ins Feenreich. Wir dürfen nicht wissen, wie der Mensch stirbt, dem wir den Tod verkünden. Aber es gelang mir es herauszufinden. Er war nicht krank, er sollte einen Unfall mit dem Motorrad haben ...Und ich sollte es zwei Tage vorher ankündigen, aber ich konnte es nicht. Ich wollte nicht, dass dieses Lachen so einfach verstummt. Ich ging in die Menschenwelt, besorgte mir Sachen, mietete ein Zimmer und fing ihn zwei Kilometer vor der Unfallstelle ab ...“
Niamh verstummt.
Tallulah hat gespannt zugehört.
„Also war es Aidan. Und du hast dich in ihn verliebt. Du nennst ihn „a rún“, mein Schatz. Ich weiß, welche Bedeutung dieser Ausdruck für Feen hat. Er ist dein Leben.“
Niamh nickt.
„Ja, das ist er. Aber dafür haben sie unsere Tochter verflucht. Ich habe versucht ins Feenreich zurückzukehren, um sie zu bitten den Fluch wieder aufzuheben, aber ich komme nicht mehr hinein.“
Tallulah schüttelt langsam den Kopf.
„Nein, Kind. Ich glaube nicht, dass es ein Fluch ist. Aber ich denke schon, dass du die Lösung im Feenreich finden wirst. Wir werden schon gemeinsam einen Weg finden, wie du dort hingelangen kannst.“
Die ruhige Stimme und die Sicherheit, mit der Tallulah spricht, lösen den Knoten in Niamhs Hals. Sie beginnt zu weinen.
Sofort ist Keelin bei ihr.
Die Kleine nimmt ihre Hände und schaut sie groß an. Keelins Augen sind plötzlich komplett golden. Innere Ruhe breitet sich in Niamh aus. „Danke, Grandma. Ich bin so froh, dass ich es endlich mal jemandem erzählen konnte, und vielleicht finden wir ja wirklich einen Weg.“
Keelin klettert wieder bei Tallulah auf den Schoß. Sie scheint die alte Dame wirklich zu mögen.
„Ich werde nachher mal ein paar alte Freunde anrufen. Eventuell können die uns ja weiterhelfen. Aber jetzt werden wir erst einmal unseren Tee trinken und die Kekse essen.“
Schmunzelnd schaut Tallulah zu, wie Keelin von ihrem Schoß rutscht und die Schale von Tisch nimmt, um sie ihr hinzuhalten. Tallulah nimmt sich einen Keks und Keelin schiebt die anderen Kekse an die Seite.
„Keelin, was machst du denn da? Du sollst doch nur einen Keks nehmen“, sagt Niamh vorwurfsvoll.
„Sie möchte mir doch nur etwas zeigen, Niamh“, meint Tallulah, „Das ist eine Kornblume. Zu wem gehört die, Keelin?“
Das kleine Mädchen lächelt die Grandma an und zeigt auf ihre Mutter. „Weißt du eigentlich, dass sie ein ganz besonderes kleines Mädchen ist, Niamh? Keelin weißt du denn auch, welche Blume zu mir gehört?“
Gespannt sehen beide Frauen zu, wie Keelin in den hinteren Teil des Gartens läuft. Zielsicher pflückt sie etwas ab und bringt es zum Tisch.
„Toll Keelin! Meine Blume ist die Hagebuttenblüte und jetzt zeigst du uns bestimmt, welche Blume deine ist.“
Keelin nickt heftig und läuft zum Rasen. Sie pflückt ein Kleeblatt ab und bringt es zu Tallulah.
„Die Kleeblüte...“ Das Kind nickt wieder, zeigt aber auf die Tassen. Niamhs Augen werden groß.
„Ihre Blume ist die rote Kleeblüte?“
Grandma nickt.
„Ja, wie es aussieht, gehört Keelin zu den Blumengöttinnen. Aber ich vermute, dass sie noch viel mehr kann.“
Sie wendet sich dem Kind zu.
„Irgendwann zeigst du uns aber, was die Blumen dir alles erzählen, ja?“ Das Lächeln des kleinen Mädchens hat etwas Geheimnisvolles, als sie sich jetzt an ihre Mutter lehnt.
Als Aidan abends nach Hause kommt, sitzen die beiden Frauen im Wohnzimmer und unterhalten
Weitere Kostenlose Bücher