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Erlebnisse eines Erdenbummlers

Erlebnisse eines Erdenbummlers

Titel: Erlebnisse eines Erdenbummlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Karillon
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Beleuchtung begann nach Sonnenuntergang, und der herrliche Bau erstrahlte einige Minuten lang in fabelhafter Pracht. Dann aber wälzten sich rote und grüne Rauchwolken von den Strebepfeilern weg und über das tausendköpfige, dichtgekeilte Publikum hin. Im Nu begann ein Husten, wie es außer den damaligen Festteilnehmern gewiß noch kein Mensch gehört hat. Fügt hundert Schafställe aneinander und gebt jedem der armen Wolleträger die Lungenpest, die Husterei wird nur das Andante jener sein, die damals auf dem Kölner Domplatz einsetzte.
    Und zu dem Husten gesellte sich ein panischer Schrecken vor dem Erstickungstod. Alles, ob arm, ob reich, ob groß, ob klein, ob dick, ob dünn suchte von dem Domplatz wegzukommen. Ein wüstes Gedränge nach den Seitenstraßen setzte ein. Wehe dem, der unter die Füße geriet!
    Unser armer Kofferträger war gefallen und wollte sich eben wieder aufrichten, als sich die Lawine eines Schweineschlächters über ihn wälzte und ihm unter Faustschlägen zurief: »Nu mußt du auch noch dastehn mit dinen Balken.« Als ob der arme Teufel allein schuld gewesen wäre an all der Drangsal, die sich hier angehäuft hatte!
    In der Nacht irrten wir Neuvermählten unterstandslos von Wirtshaus zu Wirtshaus und jedes von uns beiden nahm sich heimlich vor, die nächste Hochzeitsreise sicher nicht nach Köln zu einer Domeinweihung zu machen.Wir fuhren heim und bald lag unser Hochzeitskahn verankert am Alsenzufer.
    Meine Praxis hatte sich inzwischen gemacht. Ich hatte mir ein Pferd angeschafft. Der Sommer war hingegangen. Der Winter wieder ins Land gezogen, und er brachte mir das fröhlichste Weihnachtsfest, das ich je erlebt habe.
    Unsere Hausfrau war zu uns in den zweiten Stock gekommen und hatte uns, da wir noch keine Kinder hatten, gebeten, am Weihnachtsabend ihre Gäste zu sein. Ich sagte zu und erbot mich noch, ihr behilflich zu sein, wenn sie den Christbaum herausputze. Die Weihnachtsnähe brachte Arbeit in jedes Haus, in unseres mehr, als bewältigt werden konnte. Herr Dietz hatte ein Doppelbier gebraut, und das kam mit Bockwürsteln vergesellschaftet am Bescherabend zum Ausschank. Ach Gott, wie sah's in unserm Hausgang aus! Jedermann hatte außer seinem Durst noch einen Haufen Schnee mitgebracht, den er vor dem Türpfosten von den Stiefeln klopfte. Teilweise hielt er sich als Klumpen und teilweise war er zu Wasser geworden, das beim Lampenglanze mit spiegelndem Scheine über die Sandsteinplatten sickerte. Wenn die Tür sich öffnete, sah man den kleinen Herrn Dietz in der Einschenke stehen, wie er die schäumenden Maßkrüge übers Büffet hob und das Geld der Kellnerin in Empfang nahm. Aus einem Dunstloch drang ein übler Kanasterrauch auf den Gang und vermählte sich mit dem Knoblauchdunst der Würste, der aus der Küche kroch, als ich die Treppe heruntergeschritten kam.
    »Fleißig, Herr Dietz?« rief ich in die Wirtsstube hinein und wollte ins Nebenzimmer, als ich mich von meines Hausherrn sieben Kindern, einem halben Dutzend Buben und einem Mädel umdrängt sah. Sie wälzten sich im Gang herum, und ihr Dasein schien nur den Zweck zu haben, daß sie mit ihren Kleidern die Nässe aufwischten, die durch den schmelzenden Schnee entstanden war.
    »Das Christkind wird euch nichts bringen, wenn ihr euch nicht besser aufführt,« rief ich ihnen zu. Sie achteten meiner Rede nicht, drängten sich aber an meine Beine und suchten mit mir ins verschlossene Innere der Nebenstube zu dringen. Auf mein Rufen öffnete sich die Tür zu einem kleinen Spalt, und es erschien ein Handbesen, der den Kindern so energisch auf den Köpfen herumwirbelte, daß sie bestürzt in die Hausgangecken zurückwichen. Nun hatte ich freie Passage und trat ein. Ich fand meine Hauswirtin auf einem Schemel stehend, wie sie die kleinen Wachskerzchen an einem Tannenbäumchen festklebte und half ihr bei dem Geschäfte. Während wir uns abmühten, alles recht und ordentlich zu machen, wurde der Kinderspektakel auf dem Hausgang größer und größer. »Mama,« hörte man lamentieren, »mich hat der Otto ins Bein gepetzt.« »Der Rudolf hat mir in die Nas gebissen.« »Und die Luise hat mein Ohr gezaust.« »Ach Gott, Mama, dem Franz hängt am heiligen Abend der Hintere aus der Hose heraus.«
    Frau Dietz, die seither nur stumm den Kopf geschüttelt hatte, fing nun an zu jammern: »Nein, wie ich mich schäme und vorm Herrn Doktor gar. BösereKinder kann kein Mensch haben, als unsere sind. Ei Otto, ei Rudolf, ei Konrädel, wollt ihr denn

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