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Erlebnisse eines Erdenbummlers

Erlebnisse eines Erdenbummlers

Titel: Erlebnisse eines Erdenbummlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Karillon
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einem gebrechlichen Stuhle in der Zimmerecke stand.
    »Haben Sie diesen lendenlahmen Reichsinvaliden mit Absicht zurückgelassen?« fragte mein seitheriger Hausherr, auf den Stuhl deutend.
    »Ja, Herr Dietz, und zwar zur Erinnerung an den faulen Matterstock aus Rudolfskirchen. Was mag nur sein Bube machen?«
    »Dem geht es gut. Er ist ein fetter Brocken schon. Ich sah ihn, als ich, um Gerste einzukaufen, in der ›alten Welt‹ da drüben war. Sein Vater ist aber immer noch nicht gut auf Euch zu sprechen. Er sagt, Sie wärennicht beizubringen gewesen, wenn eines nach Ihnen geschickt hätte.«
    »Das fehlt nun gerade noch, daß der mir auch noch Vorwürfe macht. Stellen Sie sich nur vor, als er kam, um mich zu seiner Frau zu rufen, war ich zufällig im Städtchen. Vom Dienstmädchen wurde er nun angewiesen, sich neben den Ofen zu setzen und meine Rückkunft abzuwarten.«
    »Da wird er doch nicht eingeschlafen sein?«
    »Um kein Haar ist es anders, als Sie sagen. Er schlief den ganzen Tag von der Türe bedeckt und meldete sich erst am Abend, als wir uns eben zum Schlafengehen bereit machen wollten. Überlegen Sie, wie ich überrascht war, als ich erfuhr, wie lange der Bauer schon gewartet hatte, und verärgert, weil ich nun in die Nacht hineinfahren mußte.«
    »Haben Sie ihn da nicht gehörig angehaucht, den Bruder Schlottrig?«
    »Nicht einmal. Sie erinnern sich gewiß des Abends und wissen, da Sie einspannten, ich setzte ihn neben mich ins Halbverdeck und wir fuhren alsbald los, weil mich die arme Wöchnerin dauerte, die nun schon zehn Stunden vergeblich auf mich wartete.«
    »Das hat dem Untier aber keine Sorgen weiter gemacht.«
    »Es scheint nicht, denn hören Sie nur. Dort, wo die Straße gegen Dörrmoschel empor anfängt zu steigen und das Pferd im Schritt gehen mußte, habe ich, daich sehr abgearbeitet war, dem Bauer die Zügel anvertraut, weil ich ein wenig zu schlafen gedachte.«
    »Das weitere kann ich mir schon beinahe vorstellen,« bemerkte mein Hausherr.
    »Doch wohl nur halb so schlimm, als es war. Ich schlief in der Tat fest vom Dunkel bedrückt. Als ich aber die Augen aufschlug, war's heller Tag und ich befand mich in einer Gegend, die mir durchaus fremd war. Nach meinem Fuhrmann mich umsehend, fand ich den Edlen gleichfalls schlummernd. Das Pferd war die Nacht über seinen ruhigen Schritt weitergegangen, und wir waren auf einem Irrweg über Ganglof hinausgekommen.«
    »Sie haben doch hoffentlich jetzt den Schlafkollerer auf die Straße gesetzt?«
    »Und ob, und ich fuhr im scharfen Trab gegen Rudolfskirchen davon. Als ich dort ankam, hatte sich der junge Matterstock bereits selber ans Licht herausgeschafft, was ich ihm nicht übelnehmen konnte, obwohl er mich in der Art um meinen Verdienst brachte.«
    »Dem Alten hätte ich mal nicht zu wenig gerechnet. Ist er lange nach Ihnen in Rudolfskirchen angekommen?«
    »Wann er zu Hause angekommen ist, das weiß ich nicht. Ich hab' ihn auf der Rückfahrt in Dörrmoschel getroffen, wie er eben in den ›Goldenen Pflug‹ hinein wollte.«
    »Hat er keinen roten Kopf gekriegt, als er Sie sah?«
    »Im Gegenteil, er schien die Seelenruhe selber zu sein. ›Was ist es, was Sie mir gebracht haben,‹ erkundigteer sich, indem er am Türpfosten seine Pfeife ausklopfte. Da wurde ich giftig über die Indolenz des Gesellen und sagte in meiner Erregtheit: ›Seinem Vater nachartend hätte es ein Kalb werden müssen, nun aber ist es ein Bub geworden,‹ und gab dem Pferd die Peitsche, damit ich nicht zu hören brauchte, was der Ungeschliffene darauf zu antworten habe.«
    Herr Dietz lachte, strich seinen schütteren Knebelbart und entgegnete: »Wenn Sie aufgewärmt essen wollen, was Sie frisch nicht schluckten, so kann ich Ihnen die Mahlzeit vorsetzen. Der Matterstock war in meiner Wirtschaft, schimpfte über Sie und meinte unter anderem, Sie wären ein Grobian. Erst verlangten Sie, daß die Leute für Sie wachten, dann behandelten Sie sie schlecht und ließen sie wie einen Hund hinterm Wagen nachlaufen. Was denn ihn eigentlich die Kindbetterin anginge, zu der er gerufen habe?«
    »Auch ein Standpunkt, Herr Dietz,« sagte ich. »Nun lassen Sie uns die Hände zum Abschied reichen,« und ich ließ die Reitpeitsche durch die Luft pfeifen und trat auf die Straße.
    Vielerlei hatte ich, wie der Leser weiß, mit meinem Pferde zusammen erlebt. Deshalb wollte ich es mitnehmen nach der Bergstraße herüber und hatte mich auf seinen Rücken geschwungen. Ich verfolgte den Pfad, den

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