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Erlebnisse eines Erdenbummlers

Erlebnisse eines Erdenbummlers

Titel: Erlebnisse eines Erdenbummlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Karillon
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hinauf, um Renntiere zu sehen und die Menschen in ihrem Urzustand. O, ich war ja noch so dumm, daß ich glauben konnte, Deutschland allein habe die Kultur in seinen schwarz-weiß-roten Grenzpfählen eingefangen.
    Es wurde Juni, bis ich aus dem Städtchen kam. Zum Schutz gegen Nordlicht und Mitternachtssonne hatte ich eine blaue Brille zu mir gesteckt. So ausgerüstet, stieg ich nach einer Nachtfahrt im Bahnhof zu Hamburg aus. Der Hafen war's, dem ich den ersten Besuch machte, nachdem ich mich im Hotel »Wismar« einlogiert hatte. Auswanderer und ihr Treiben zu sehen, das war's, was mich anzog. Am Kai der Amerikalinie lagen zwei Dampfer nebeneinander. Der, der am meisten nach der Mitte des Stromes lag, sollte in einer Stunde reisefertig sein. Der am Land vertaute wurde vor der Ausreise frisch bemalt und durfte besichtigt werden. Ich machte mich also daran und durchforschte ihn nach allen Dimensionen, indem ich mich nicht genug darüber wundern konnte, wie schön und zweckdienlich ein solcher Hochseedampfer eingerichtet ist. Selbst das Zwischendeck kam mir noch wie ein Raum vor, in dem man anstandslos den ganzen rheinisch-westfälischen Adel mit samt den Schwerindustriellen, die in dieser Gegend hausen, verstauen könne und nun gar die zweite Kajütte, von der ersten und ihren Luxuskabinen gar nicht zu reden! Ich hatte mich in einer der letzteren auf ein Sofa niedergelassen,sah durchs Bullenauge und träumte mir die affenbelebten Palmen des Amazonenstromes ans Ufer, als ich durch ein lebhaftes Getrampel über mir gestört wurde. Ich stürzte an Deck und sah, daß lebendes Rindvieh über den ersten Dampfer hinweg auf den zweiten transportiert wurde.
    Als ob ich zum Ehrengeleite dieser Zweihufer gehörte, schloß ich mich der Prozession an und war unbeanstandet über die Laufplanke weg auf dem zweiten Schiff. Ich fand dieses so schön, wie das erste, nur noch bedeutend sauberer, sozusagen wie geleckt und zwar in allen seinen Teilen. Von der Barbierstube konnte ich mich schon gar nicht trennen, weil sie mit lebenden Blumen bestanden und schier wie ein Garten hergerichtet war. Aber der Uhrzeiger, der Uhrzeiger blieb nicht stehen, und wenn ich nicht mit nach Pernambuko wollte, mußte ich machen, daß ich aus dem Reisefertigen herauskam. An Deck hatte bereits das Zuströmen der Auswanderer begonnen, Polizeibeamte standen an der Laufplanke und kontrollierten die Papiere jedes einzelnen Reisenden. Meiner Ansicht nach gingen diese uniformierten Säbelträger mich nichts an. Ich wollte ja nur heraus aus dem Schiff und versuchte es ungeniert, mich zwischen ihnen durchzudrängen. Doch ich wurde festgehalten. »Ihr Ausweis, mein Herr,« wurde mir zugerufen.
    »Ausweis?« Ich wußte kaum, was mit dem Worte gemeint sein sollte und machte ein verlegenes Gesicht.
    »Wo kommen Sie her und wo wohnen Sie in der Stadt?«
    Ich nannte das Hotel »Stadt Wismar« und durfte das Schiff verlassen, aber seltsamerweise nicht ohne einen Adjutanten. Der mehr wie schweigsame Diener der Gerechtigkeit begleitete mich bis ins Hotel, ja bis ins Heiligtum meines Zimmers sogar und verlangte, daß ich meinen Reisekoffer aufsperre. Das war sonderbar, aber ich fügte mich seinen Befehlen und sogar dem, daß ich das Haus nicht verlassen dürfe, bevor er mir die Erlaubnis dazu erteilt habe. Dann ging er von mir. Ich aber wurde den Gedanken nicht los, daß er aus der Tapete treten würde, sobald ich nur auf den Gang hinausginge. An drei Stunden mochte mein Arrest gedauert haben, da erschien der unheimliche Gast wieder, diesmal aber mit einem weniger grimmigen Gesicht und auch der Klang seiner Stimme war menschlicher, als er mir die Mitteilung machte, man habe mich für genügend verdächtig gehalten, aber inzwischen Erkundigungen über mich eingezogen und erfahren, daß ich mit dem Bankraub am gestrigen Tage in einen kriminellen Zusammenhang nicht gebracht werden könne. Ich möge deshalb entschuldigen und inzwischen fernerhin tun, was mir beliebe.
    Das Wort Bankraub war mir ins Mark der Knochen gefahren. Ich bekam einen heillosen Respekt vor dem Spürsinn der Hamburger Justiz gegen Harmlose und beschloß, gleich nach dem Mittagessen abzufahren, um zu sehen, ob die Wilden in Dänemark drüben nicht bessere Menschen seien.
    Bei Altona schon stieß ich auf die preußische Grenze und die ersten Apachen. Sie hatten blaue Nasen, stakenin Uniformen von Zollbeamten und verlangten von mir, daß ich eine Wurst verzollen solle, die in meinem Koffer lag, oder umkehren. Ich

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