Erlebnisse eines Erdenbummlers
Palästinareise bekannt geworden war. Da dem Hochwürdigen die Gegend gefiel, blieb er einige Tage bei mir und begleitete mich auf meinen Gängen in die Nachbardörfer.
»Hören Sie,« sprach er eines Tages, indem er mich unterm Arme faßte, »waren Sie nicht erstaunt, als ich Ihnen die Belegnummern des Sonntagsblättchens nicht mehr schickte?«
»Gewiß,« entgegnete ich. »Allein ich dachte mir, Sie hätten wohl Gründe gehabt für Ihr Vorgehen und habe mir über deren Erforschung nicht gerade den Schädel zerbrochen.«
»Sie sollen sie jetzt hören, ohne daß Sie die lebensgefährliche Manipulation an sich vollstrecken. Denken Sie nur, eines Tages werde ich zu meinem Bischof ins Palais bestellt.‹
›Herr Pfarrer,‹ sagte der hohe Herr zu mir,›Sie veröffentlichen da ein Buch von einem gewissen Karrillon. Sind denn da in Ihnen keine Bedenken erwacht?‹
›Doch, bischöfliche Gnaden,‹ hab' ich g'sagt, ›aber ich glaubte der guten Sache einen Dienst zu erweisen, wenn ich einem weiteren Kreise bekannt gäbe, wie's im heiligen Lande bestellt ist. Nur wenn man erst im Abendlande die Mißstände kennt, wird man sich an deren Beseitigung heranmachen dürfen. Berücksichtigen Euer Gnaden wohl, daß ich selber drüben war in Palästina, und daß ich nur die Wahrheit dessen bestätigen kann, was dieser gewisse Herr Karrillon geschrieben hat.‹
›An Ihrer guten Absicht, Herr Pfarrer, zweifelt niemand. Aber Sie müssen mit dem Eindruck rechnen, den derartige Veröffentlichungen auf die Leser machen. Da liegt ein Haufen Briefe aus der Diözese. Lesen Sie diese, und dann bilden Sie sich selbst ein Urteil darüber, was der Laie denkt, wenn er erfährt, wie es an den Stellen zugeht, die ihm seither heilig waren.‹
»I hab' nun so ein und den anderen Brief aufg'macht und fang zu lesen an. Da war nu freilich viel die Red' von liebgewordenen Vorstellungen und geheiligten Überlieferungen, so daß i rein selber darüber erschrocken bin, was mer nit alles für en Unheil anstellen kann, wenn man anfängt, an so altem Hausrat zu wackeln. Und wissen's, was i meinem Bischof g'sagt hab'?
›Gnaden,‹ hab' i g'sagt, ›wann's nit sein kann, so wollen wir halt die weiteren Fortsetzungen unterlassen.‹ Nit wahr, mein lieber Doktor, Sie sein mir deshalb doch nit bös drum? Zumal, wenn's bedenken, daß i persönlich bei dem Gang nach Kanossa hab' Haar lassen müssen.«
»All die, die auf Ihrer Glatze fehlen?« unterbrach ich scherzend.
»Dös net. Aber mein' schöne Vollbart hat's mi kost. Sie erinnern sich doch noch an den? Ausg'schaut Hab i da drin wie der Judas Ischariot. Aber Zur Erinnerung an meine Wanderung im heiligen Land hab' i ihn wolle weiter tragen hier unter dene bayerischen Biergesichtern. Wann's der Bischof nit grad g'sehn hätt, hätt's vielleicht a' noch e Zeitlang gut getan, denn so war er net, daß seinetwegen die Elektrische en Umweg hätt um en erum mache müsse. Dem Bischof aber hat er im Weg gestanden, und er hat zu mer g'sagt: ›Herr Pfarrer‹, hat er g'sagt, ›wollten's mir net den Gefallen tun und Ihne hier und da als emal rasieren lassen?‹
»›Warum nit, bischöfliche Gnaden‹, hab i g'sagt, ›ans Herz g'wachsen sin' mir die paar Schweinsborsten fein a net.‹«
»Damit war's alle mit die Audienz, un wir sinn im Frieden auseinander gegangen.«
»Und der Wahrheit war wieder einmal eine Tür versperrt, weil man sie nicht in jeder Stube brauchen kann. Dort vor allem nicht, wo man mit Kindernahrung die großen Puppen füttert. Kennen Sie sich übrigens aus in Paris, Herr Pfarrer, da Sie eben doch dahin wollen?«
»Das nicht, aber indem Sie ja vor drei Wochen erst von dort zurückkommen sind, so können Sie mir gewiß sagen, wo i mich einquartieren muß, um billig durchzukommen.«
»Ich würde, wenn ich die Ausstellung zum zweiten Male zu besuchen hätte, mir nur ein Zimmer in einem der entlegneren Stadtviertel suchen, etwa am linken Seineufer hinter dem Palais Luxembourg. Essen zu billigen Preisen finden Sie in den über die ganze Stadt hin zerstreuten Cafés Duval, vor allem aber auf dem Ausstellungsplatze selber im sogenannten algerischen Dorfe. Für einen einzigen Franken bekommen Sie dort ein Hammelragout, wie Sie es nirgends auf der Welt besser treffen können, und algerischen Rotwein können Sie dazutrinken, so viel Sie nur immer wollen. Eine Flasche steht vor Ihnen auf dem Tische, die sich immer wieder füllt, wie das Ölkrüglein der Witwe von Sarepta.«
»Was Sie da sagen, ist
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