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Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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evangelischen Abendmahl als religiöses Delikt betrachtet und ökumenische Gottesdienste am Sonntag strikt verbieten will;
    – der konfessionellen Gemeinschaftsverweigerung , die von der Großzahl der katholischen wie evangelischen Gläubigen nicht mehr verstanden und hingenommen wird, ja, die ihnen gegen den Geist Jesu zu verstoßen scheint, der bekanntlich alle, auch die von der frommen Gesellschaft Ausgeschlossenen, an seinen Tisch geladen hatte.
    Johannes Paul II. hat während seines langen Pontifikats immer wieder Gesten guten Willens gemacht. Immerhin konnte eine gemeinsame katholisch-lutherische Erklärung zur Rechtfertigungslehre feierlich verabschiedet werden. Aber – viele hat enttäuscht, daß den ökumenischen Worten und Gesten keine wirklichen ökumenischen Taten folgten. Im Gegenteil: Die Beziehungen zum Weltrat der Kirchen tragen wegen des andauernden römischen Machtanspruchs wenig Frucht und die Beziehungen zur russischen orthodoxen Kirche sind wegen römisch-katholischer Missionierungsbestrebungen belastet.
    Deshalb meine vierte große Bitte im Namen auch vieler Freunde in den anderen christlichen Kirchen: Wählen Sie einen Papst,
    – der die Ergebnisse der ökumenischen Dialogkommissionen sich zu eigen macht und energisch in die Tat umsetzt;
    – der die durch ökumenische Kommissionen schon längst empfohlene und vielerorts schon praktizierte Anerkennung protestantischer und anglikanischer Ämter endlich vollzieht;
    – der die ›Verwerfungen‹ aus der Reformationszeit und die Exkommunikation Martin Luthers aufhebt;
    – der die in vielen Gruppen und Gemeinden schon längst ohne großes Aufsehen praktizierte eucharistische Gastfreundschaft und die vielfältige praktische Zusammenarbeit begrüßt und fördert.
    In einem Wort: Wählen Sie, liebe Mitbrüder, einen ökumenischen Vermittler zum Papst. Denn: Für alle Gläubigen, heißt es im Johannesevangelium (Jo 17,21), ›bitte ich, daß alle eins seien‹.
    (5) Ein Garant für Freiheit und Offenheit in der Kirche : Spätestens seit dem Vatikanum II sind die Zeiten vorbei, da man unseren christlichen Glauben als die einzig legitime Religion auf Erden bezeichnen konnte, ja, den Glauben der anderen als Ausgeburt der Unwissenheit, der Selbstrechtfertigung und der Sünde diffamieren durfte. Unvereinbar mit dem Geist des Nazareners, der vielen Nichtjuden Sympathie, ja Liebe entgegengebracht hat, sind
    – der europäische Kolonialismus , der in Christi Namen andere Religionen und Kulturen vor allem in Lateinamerika und Afrika mutwillig und planmäßig zerstörte;
    – der römische Imperialismus , der alteingesessene (apostolische) wie junge christliche Kirchen zu gängeln und auf ein in vieler Hinsicht fragwürdiges Kirchenrecht und Liturgieregulierung zu verpflichten trachtete, statt die Kirche zu Selbstunterhalt, Selbstverwaltung und Selbstverbreitung anzuhalten.
    Johannes Paul II. hat auf vielen seiner Reisen regelmäßig die Begegnung mit Vertretern anderer Religionen gesucht. Die von ihm initiierten Friedensgebete in Assisi 1986 und 2002 waren wichtige Zeichen. Trotzdem ließ er es zu, daß in einem von ihm approbierten Lehrschreiben behauptet werden konnte, Nichtchristen lebten ›objektiv in einer schwer defizitären Situation‹. Das hat viele Nichtchristen abgestoßen und der Glaubwürdigkeit des Papstes schwer geschadet. Er brachte so das kritisch-selbstkritische Gespräch mit den Weltreligionen – sieht man von seinen Aussagen über Judentum und Holocaust ab – in keiner nennenswerten Weise voran.
    Deshalb meine fünfte große Bitte an Sie in Verantwortung für eine bessere und friedlichere Welt: Wählen Sie einen Papst,
    – der bei allem Anspruch auf Wahrheit kein Wahrheitsmonopol beansprucht;
    – der die anderen Religionen nicht nur belehren, sondern auch von ihnen, von ihren ästhetischen, spirituellen, liturgischen, ethischen und theologisch-philosophischen Traditionen, ohne alle synkretistische Vermischung lernen will;
    – der den National-, Regional- und Lokalkirchen eine angemessene Autonomie läßt, damit sie in eigener Verantwortung ihren Lebens- und Organisationsstil gestalten können;
    – der auch unangenehme ›Anfragen‹ (wie die nach Bevölkerungsexplosion, Empfängnisverhütung und kirchlicher Unfehlbarkeit) ernstnimmt und beantwortet;
    – der somit statt des römisch-absolutistischen Herrschaftsprimats einen vom Evangelium her erneuerten und der Freiheit verpflichteten pastoralen Dienstprimat (nach

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