Erlöst mich: Thriller (German Edition)
schnell geht.«
Ich zog das kleine Schweizer Armeemesser und klappte die Klinge heraus.
Plötzlich drehte Heed sich zu Tina: »Wollen Sie zulassen, dass dieser Massenmörder mich foltert, Miss Boyd? Wollen Sie – eine britische Polizeibeamtin – sich wirklich dessen schuldig machen?«
»Ja«, entgegnete sie fest. »Das will ich.«
Als sie das sagte, huschte der erste Zweifel über Heeds wabbelige Visage.
»Warum redest du nicht einfach?«, fragte ich leise und setzte das Messer in die kleine Kuhle unter dem linken Auge. Dabei stellte ich mich so hin, dass Tina nicht sehen konnte, was ich tat. Obwohl seine Verbrechen jeder Beschreibung spotteten, behagte mir die Vorstellung, die Informationen aus ihm herausfoltern zu müssen, überhaupt nicht. Aber ich hatte schon andere so zum Reden gebracht, und manchmal geht es eben nicht anders.
Ich verstärkte den Druck auf die Klinge und fragte mich gleichzeitig, ob ich die Nerven besitzen würde, ihm das Auge tatsächlich herauszuschneiden.
Heed zuckte zusammen. Er versuchte alles, nicht zu zucken, aber er konnte nichts dagegen tun, sein Adamsapfel hüpfte, während er wie wild schluckte.
»Warum schützt du Wise?«, fragte Tina und kam näher, sodass sie jetzt sah, wo das Messer war. Ich bewegte es nicht. »Glaubst du wirklich, der interessiert sich einen
Scheiß für dich? Der hat sich bisher noch alle seine Freunde vom Hals geschafft, wenn sie ihm nichts mehr nützten. Besonders die, die über seine Leichen im Keller Bescheid wussten. Wie du. Deine Tage sind gezählt. Aber du hast jetzt die Chance, dass es seine auch sind.«
Ich bemerkte, wie ein Hauch von Interesse in seinen Augen aufflackerte. Offenbar wog er seine Möglichkeiten ab.
»Sagen Sie Mr. Milne, er soll das Messer wegnehmen«, sagte er so gelassen wie möglich. »Vielleicht können wir dann reden.«
Sie sah mich an, ich zog das Messer zurück, hielt es aber in Reichweite.
»Versprechen Sie, mich nicht zu töten«, sagte er, und langsam merkte man, dass das kochende Wasser ihm mehr zusetzte, als er erkennen lassen wollte. »Sie können mich hier zurücklassen und die Polizei rufen, wenn es das ist, was Sie wollen. Sie können denen sogar alles sagen. So geschieht Gerechtigkeit, und ich werde mich für meine Taten vor Gericht verantworten. Aber ich muss Ihr Wort haben, Miss Boyd. Dass Sie mich nicht umbringen.«
Sie sah mich an, und ich nickte unmerklich.
»Okay«, sagte sie widerstrebend. »Du hast mein Wort.«
»Was wollt ihr wissen?«
»Die Wahrheit. Du arbeitest für Paul Wise?«
»Ich arbeite für ihn. Ja.«
»Ist er im Augenblick im Land?«
»Ja.«
»Wo?«
»Er besitzt ein Haus. Südlich von hier. Auf Verde Island.«
Tina warf mir einen Blick zu. »Sind wir nicht gestern auf dem Weg zu deinem Freund daran vorbeigefahren?«
Ich nickte überrascht, dass Wise ganz in der Nähe meiner alten Jagdgründe wohnte. »Ja. Aber die Insel ist groß.« Ich wandte mich an Heed. »Die Adresse!«
»Das Haus heißt Treetops«, sagte er ohne zu zögern. »Eine riesige weiße Villa an der Südostspitze.«
Früher war ich mit den Tauchbooten bis zur Südspitze von Verde gefahren. Dort gab es einige der schönsten Spots des gesamten Nordteils der Philippinen. »Ich wüsste nicht, wo da Häuser sein sollten?«
»Ich lüge nicht. Ich habe ein Navigationsgerät mit den einprogrammierten Koordinaten. Es liegt drüben in der unteren Schublade.«
Während ich wartete, durchsuchte Tina die Schublade und förderte ein kleines Gerät zutage. »Ist es das?«, fragte sie.
Er nickte. »Die Koordinaten stehen unter Sieben-Sieben-Sieben.«
Tina tippte die Ziffern ein. »Ich glaube, wir haben es«, sagte sie und kam zu mir herüber.
Ich sah auf den Bildschirm. Darauf war eine leicht verschwommene Google-Earth-Aufnahme zu erkennen, die das untere Ende einer Insel zeigte. Es konnte Verde sein. Drei vereinzelte Häuser ragten aus der dichten Vegetation auf, die sich hinter der felsigen Küste erstreckte. Das der Klippe am nächsten liegende war in der Tat groß und weiß, und es schien ein größeres Grundstück zu haben als die anderen.
Tina hielt Heed den Schirm hin, und er bestätigte, dass dies Wise’ Villa war.
»Nun zu dem Koffer«, sagte ich. »Wir wissen davon und
auch, dass Tomboy Darke ihn am Freitagabend abgeliefert hat. Was ist da drin?«
Die große Frage.
»Keine Ahnung«, sagte Heed.
Ich setzte ihm das Messer wieder an, nur Millimeter von seinem Augapfel entfernt. »Lüg mich nicht
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