Erlöst mich: Thriller (German Edition)
zu arbeiten, und ihn zurück nach Nordzypern geschickt. Zwar gab es da ein paar vertrauenswürdige Einheimische, die das Jahr über für die Sicherheit seiner Villa
sorgten und sogar ermächtigt waren, Waffen zu tragen, doch er bezweifelte, dass sie eine große Hilfe wären, wenn die Sache hässlich wurde.
Überhaupt beschlich Wise ein schlechtes Gefühl. Nicht nur wegen des Treffens, sondern angesichts seiner gegenwärtigen Situation insgesamt. Der Inhalt des Koffers gruselte ihn, und die Tatsache, dass er sich hier in seinem Haus befand, machte ihn richtiggehend nervös. Während der letzten zwölf Stunden war ihm sogar mehrfach durch den Kopf geschossen, dass es besser wäre, das Treffen abzusagen und direkt nach Zypern zurückzukehren.
Doch es gab einen einfachen Grund, warum er das nicht tat.
Geld.
Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der Paul Wise außerordentlich reich gewesen war und sein Vermögen mehrere Hundert Millionen Dollar betragen hatte. Doch dank der Finanzkrise und den Gerüchten, die im vergangenen Jahr über ihn kursierten, hatte er sich von einem erheblichen Teil seiner Anlagen trennen müssen, von vielen mit gewaltigen Verlusten. Dadurch hatte er es zwar erreicht, sich wieder stärker im Hintergrund zu halten, aber um den Preis tiefer Einschnitte in seinem Portfolio. Zudem hatte die Kontroverse ihn auch noch seine Frau gekostet, die ihn nur wenige Wochen nach Nick Pennys verleumderischen Artikeln verlassen hatte und nun drohte, ihn in eine kostspielige Scheidungsschlammschlacht zu verwickeln, falls er nicht bereit war, sie maßlos überzogen abzufinden. Als Frau war sie kein echter Verlust. Er hatte nie großes Interesse an ihr gehabt; obwohl der Altersunterschied zwischen ihnen dreißig Jahre betrug, bevorzugte er doch deutlich jüngere
Gesellschaft. Aber ihre Drohungen saßen wie ein Stachel in seinem Fleisch, und das Loch, das sie mit ihren Forderungen in seine Finanzen reißen konnte, wäre vielleicht kaum mehr zu stopfen.
Der Profit, den er heute Abend einstreichen würde, sollte einen erheblichen Teil seiner Verluste ausgleichen und ihm die Möglichkeiten verschaffen, wieder zu richtigem Wohlstand zu gelangen.
Keine schlechte Ausbeute für ein einziges Treffen.
Trotzdem konnte noch allerhand schiefgehen. Selbst wenn der Verkauf klappte, mussten die Käufer ihren Teil der Abmachung einhalten. Taten sie es nicht, war er möglicherweise bankrott und würde mittellos dastehen. Und das ließ sich nicht auf die leichte Schulter nehmen.
In diese Lage geraten zu sein, machte ihn wütend. Ein Grund mehr, Tina Boyd zu verfluchen, diese Schlampe. Sie war ein wirklicher Quälgeist, und nun hatte er auch noch die Gelegenheit verpasst, sie leiden zu lassen. Aber wer weiß, eines Tages vielleicht …
Eines Tages würde er sie in seine Gewalt bekommen, und dann würde sie winselnd und heulend krepieren, wie es der kleinen Nutte entsprach, die sie letztendlich war.
Der Gedanke jagte ihm einen Schauer über den Rücken, teils aus Frustration, zum Teil aus erregter Vorfreude. Die Vorstellung all der entzückenden Dinge, die er ihr antun würde, ließ seinen Schwanz anschwellen.
Doch im Augenblick würden ihre Todesqualen warten müssen.
Er sah auf die Uhr. Halb vier. Noch viereinhalb Stunden, bis seine Gäste eintrafen.
47
Der Verkehr stadtauswärts war die Hölle. Sie hatten in der Nähe des Juicy Peach einen Toyota gestohlen und versuchten aus Manila herauszukommen. Milne fuhr.
Schweigend saßen sie nebeneinander, jeder für sich bemüht, den Schock der Ereignisse zu verdauen. Der Tod des Mädchens und dass sie sie zurücklassen mussten, bedrückten sie. Tina hatte es fast nicht übers Herz gebracht. Milne hatte Feuer legen und alle Spuren vernichten wollen, doch Tina hatte energisch widersprochen. Sie wollte sichergehen, dass das Mädchen gefunden wurde und wenigstens ein anständiges Begräbnis bekam. Sie hatten sich darauf geeinigt, alle berührten Flächen sauber zu wischen, was zwar nicht narrensicher war, aber in einer Stadt wie Manila, wo die Spurensicherung weniger zuverlässig arbeitete als in Großbritannien, ausreichen mochte.
Endlich hatten sie die verstopfte Metropole hinter sich gelassen und waren auf dem Weg nach Verde Island, um Paul Wise zu stellen. Tina spürte den Revolver in ihren Shorts, mit dem Heed den Barkeeper und Layla erschossen hatte. Ehe sie aus Heeds Todeskeller ans Licht gestiegen waren, hatte sie in einer der Schubladen eine Schachtel Patronen gefunden.
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