Erlöst mich: Thriller (German Edition)
seinen schockierten Gesichtsausdruck, der die unumstößliche Gewissheit verriet, dass er sterben würde, sowie den Schatten eines Zweifels, als ich den Abzug drückte. Während ich davonging, redete ich mir wie immer ein, dass der Mann das Geld der falschen Leute unterschlagen hatte und schlicht und einfach für seine Sünden hatte zahlen müssen.
Aber der Punkt ist, ich hatte mir mit der Erledigung des Jobs Zeit gelassen, und das war der Grund, weshalb ich erfolgreich war.
Nun hatte ich maximal zwölf Stunden, und in einer Stadt wie Manila würde es das schwierig machen.
Ich schloss das Fenster und setzte mich aufs Bett. Plötzlich fühlte ich mich erschöpft und ausgelaugt. Ehe ich mich an die Arbeit machen konnte, würde ich zumindest ein paar Stunden Schlaf brauchen. Doch als ich mich ausziehen wollte, klingelte das iPhone, das Schagel mir ausgehändigt hatte, schrill und laut in meiner Hosentasche.
»Sind Sie angekommen?«, fragte er brüsk.
»Bin ich«, entgegnete ich ebenso brüsk. »Ich bin im Hotel.«
»Und die kleine Kiste?«, fragte er weiter und benutzte unser Codeword für Handfeuerwaffen. »Alles zu Ihrer Zufriedenheit?«
Ich bejahte.
»Dann habe ich eine gute Nachricht für Sie. Die Adresse unseres gemeinsamen Freundes liegt keine sechshundert Meter von Ihnen entfernt. In der Stadtplan-App des iPhones können Sie sehen, wie Sie hinkommen. Vielleicht wollen Sie ja gleich aufbrechen.«
»Ich denke, so einfach wird es nicht werden«, sagte ich. Das Gespräch begann mich zu ermüden.
»Im Gegenteil. Es wird sehr einfach werden. Schauen Sie unter Ihr Kopfkissen.«
Ich fand einen Schlüsselring, auf den drei nagelneue Schlüssel aufgezogen waren.
»Sind die für das gedacht, was ich glaube?«
»Natürlich. Einer öffnet das Haupttor, die beiden anderen die Haustür. Sie sehen, mein Freund, wir haben es Ihnen wirklich leicht gemacht. Alles, was Sie tun müssen, ist hingehen. Wir wollen, dass es wie ein Einbruch aussieht, also präparieren Sie die Eingangstür entsprechend, wenn Sie fertig sind. Und dann rufen Sie mich an.«
Ohne ein weiteres Wort legte er auf.
Ich steckte das Telefon wieder ein und blieb eine Weile regungslos sitzen. Es würde tatsächlich viel einfacher sein, als ich gedacht hatte. Aber einfach oder nicht, ich brauchte eine Mütze Schlaf. Schagel und sein Opfer würden sich beide noch etwas gedulden müssen.
Ich stellte den Wecker auf fünf, zog mich aus und legte mich aufs Bett. Schloss die Augen und verbannte alles Böse in der Welt aus meinen Gedanken – eine Prozedur, die bei jemandem wie mir eigentlich länger hätte dauern müssen.
Aber ich war binnen Sekunden fest eingeschlafen.
9
Es dauerte zehn Minuten, ehe Tina wieder den Mut fasste, zurück ins Haus zu gehen. Niemand hatte auf ihre Schreie reagiert, vielleicht weil es ein feuchtkalter windiger Abend war, an dem die Leute den Fernseher laufen hatten. Am Ende spielte es keine Rolle. Die beiden Männer, die sie hatten töten sollen, hatten versagt, und dafür war sie dankbar. Aber sie konnte die kommende Nacht nicht zu Hause verbringen. Das war zu gefährlich. So einfach würden die Killer sich nicht geschlagen geben. Das Wissen, zur Zielscheibe geworden zu sein, jagte ihr Angst ein. Ohne Zeugen würde es schwierig werden, Schutz und Unterstützung der Kollegen zu erhalten.
Dennoch war sie auch positiv erregt: Nick Penny hatte also etwas Bedeutsames herausgefunden.
Nass und zitternd schloss sie die Haustür hinter sich zu und legte die Kette vor, dann eilte sie in die Küche. Sie legte ein langes schmales Küchenmesser neben sich und schaltete ihr Notebook an. Die Angreifer hatten vielleicht ihren PC angezapft, aber wahrscheinlich nicht ihr Notebook, das sie dauernd mit sich herumschleppte. Wenn sie allerdings Zugang zu ihren E-Mail-Adressen hatten, dann musste sie sich beeilen, bevor sie die Nachricht von DS Weale abfingen.
Sie ging in ihren Hotmail-Account und war erleichtert, die Nachricht, der eine Word-Datei beigefügt war, vorzufinden. Sofort zog sie den Anhang auf einen USB-Stick, den sie stets bei sich trug, dann löschte sie die Nachricht, damit keine Spuren zurückblieben. Erst danach genehmigte sie sich den Luxus einer zweiminütigen heißen Dusche, um die Kälte aus den Knochen zu vertreiben. Schließlich suchte sie die wichtigsten Dinge zusammen – Pass, Kleider zum Wechseln, Toilettenbeutel, Notebook, den Elektro-Schocker – und packte alles in eine Reisetasche. Vielleicht würde sie
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