Erlöst mich: Thriller (German Edition)
Schagel ungeduldig. »Das wäre viel zu kompliziert. Und würde alles gefährden. Keiner von uns kann sich das erlauben.«
»Verstehe, aber sollte sich doch eine Gelegenheit ergeben, lege ich noch einmal hunderttausend Dollar drauf.«
»Wie wär’s mit einem Kompromiss?«, sagte Schagel, ganz Geschäftsmann. »Falls die Sache noch nicht ausgestanden ist, dann sage ich meinem Mann, er soll es möglichst schmerzhaft machen. In Ordnung?«
»Bitte tun Sie das. Und wenn er mir ein Souvenir besorgen könnte – ein Foto vielleicht, oder besser noch ein kurzes Video –, würde ich das wirklich zu schätzen wissen.«
Schagel musste lachen. »Ich will sehen, was ich tun kann.«
Als er aufgelegt hatte, goss Wise sich ein Glas Château Coutet 1989 ein, nahm einen kleinen Schluck und ließ ihn auf der Zunge zergehen. Ein guter Weißwein, während die Sonne langsam in der azurblauen See versinkt, war sicherlich eine der größeren Freuden des Lebens.
Wie auch die Rache. Tina Boyd hatte ihn lange genug genervt. Er hatte sie in Ruhe gelassen, weil er annahm, sie zu eliminieren würde nur unnötiges Aufsehen erregen, aber sie stellte ihm weiter nach. Erst als ihr neuer Liebhaber, dieser Journalist Penny, angefangen hatte, seine Nase in fremde Angelegenheiten zu stecken, hatte er entschieden, dass nun Schluss sei. Und trotzdem war es ihr bislang gelungen, sich irgendwie herauszuwinden.
Doch nun hatte sie einen gewaltigen Fehler begangen. Sie hatte sich auf ein Territorium begeben, das Wise nur zu gut kannte und als sein ureigenes Revier betrachtete. Er plante sogar, in naher Zukunft seinen Hauptsitz hierher zu verlegen, jetzt, wo die Schlampe die Scheidung eingereicht hatte, nachdem sie von den Anschuldigungen gegen ihn Wind bekommen hatte. Auf den Philippinen verfügte er über ein Netzwerk von Kontakten; selbst wenn er einige davon aus Sicherheitsgründen eliminiert hatte, waren noch genug da, auf die er sich verlassen konnte.
Er atmete tief und befriedigt ein und berauschte sich am Duft der Bougainvilleas, der aus dem Garten unten heraufströmte, und gab sich einigen kleinen Fantasien über Tina Boyd hin. Er stellte sich vor, sie in den Keller unter der Villa zu verfrachten und sie dort so lange zu schlagen, zu foltern und zu demütigen, bis er ihren Willen vollständig gebrochen hätte. Und erst wenn ihn dieses Spiel anödete, würde er sie an seine Rolle beim Tod ihres Liebsten erinnern, ehe er sie zu Tode quälte. Dann endlich würde sie sich zu den anderen gesellen, in einem flachen Grab unter dem Rasen bei den Akazien.
Er nahm noch einen Schluck Wein und stellte das Glas auf der Marmorplatte des Tisches ab.
Zeit, Mr. Heed anzurufen, den Mann, der sich in Manila um das Paket kümmerte, und ihm zu sagen, er solle sich auf einen Besuch einstellen.
27
»Verdammt, was redest du da?«, wollte Tina wissen. Die Offenbarung, dass Dennis Milne, der Mann, der sie vor wenigen Minuten beinahe umgebracht hätte, etwas über den Tod von John Gallan wusste, schnitt ihr ins Mark.
Nervös zog sie an ihrer Zigarette und bekam in dem stickigen kleinen Hotelzimmer, zehntausend Kilometer von zu Hause entfernt, auf einmal Platzangst. Schwindel ergriff sie. Sie wusste, das war der Schock. Als sie in die Mündung von Milnes Pistole geblickt hatte, hatte sie gedacht, das Glück habe sie nun verlassen und sie sei am Ende des Weges angekommen. Komischerweise hatte sie keine Furcht verspürt. Nur ein Gefühl der Unvermeidlichkeit, als wäre ihr ein gewaltsamer Tod seit Langem vorbestimmt gewesen. Dennoch raste ihr Herz immer noch, und ihre Beine fühlten sich an wie aus Schaumgummi.
»John wurde doch erst Jahre später ermordet, nachdem du geflüchtet bist«, sagte sie und zwang sich, sich auf den neuen Sachverhalt zu konzentrieren.
»Ich weiß«, erwiderte Milne, der immer noch auf der anderen Seite des Bettes im Sessel am Schreibtisch saß. »Aber vor ein paar Jahren kam ich kurz zurück nach England, um herauszufinden, wer einen alten Kollegen von mir ermordet hatte. Es handelte sich um eine Bande von Kinderschändern,
die sich selbst ›Die Jäger‹ nannten. Ich habe sie alle getötet. Bis auf einen: Tristram Parnham-Jones, der damals Lord Oberrichter war. Weil ich an ihn nicht herankam, habe ich Kontakt zu John Gallan aufgenommen, den ich als einen Mann kannte, dem man vertrauen konnte. Ich händigte ihm ein Dossier aus, in dem sich alles befand, was diese Typen verbrochen hatten. Später hörte ich, er habe ebenfalls Selbstmord
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