Erlöst mich: Thriller (German Edition)
festnehmen. Haben Sie verstanden?«
Die Erleichterung durchflutete mich, nach außen hin blieb ich aber gelassen.
»Keine Sorge«, sagte ich. »Wir sind schon unterwegs.«
Tina sagte etwas Ähnliches, und Mr. Korrekt schien sich damit zufriedenzugeben, obwohl Froschgesicht mich so lange im Auge behielt, bis wir eingestiegen waren. Dann stiegen sie beide selbst ein und fuhren rückwärts aus der Einfahrt.
Sie folgten uns bis zur Hauptstraße, und erst als sie nach einem Kilometer links abbogen, brach Tina das Schweigen.
»Sie hätten sie erschossen, nicht wahr? Wenn sie versucht hätten, uns festzunehmen. Ich habe es Ihnen angemerkt.«
Ich sah keinen Grund zu lügen. »Wenn es so weit gekommen wäre, ja.«
»Heilige Scheiße, was mach ich bloß mit Ihnen?«
»Ich habe ja nicht geschossen, oder? Warum zerbrechen Sie sich Ihren Kopf über Dinge, die gar nicht passiert sind? Das können Sie hinterher immer noch nachholen.«
Sie funkelte mich wütend an. »Dann ist es zu spät. Dann sind die Leute tot. Wie Pat O’Riordan. Wie fühlten Sie sich, als sie seiner Witwe in die Augen sahen?«
»Nicht toll, Tina, wenn es das ist, was Sie hören wollen. Ich versuche es nur wiedergutzumachen. Geben Sie mir eine Chance.«
»Himmel, wenn jemand herausfindet, dass ich mich mit Ihnen eingelassen habe, mit einem gesuchten Mörder, bin ich am Ende. Dann verliere ich alles. Meine Karriere, meine Freiheit. Alles.«
»Und ich habe bereits alles verloren, Tina. Weil ich Sie nicht erschossen habe.« Ich sah sie an. »Wir sind aufeinander
angewiesen. Zumindest für den Moment. Arbeiten wir also zusammen, okay?«
Sie seufzte vernehmlich. »Okay.«
»Mrs. O’Riordan weiß etwas.«
»Das glaube ich auch. Aber umzukehren ist zu riskant, nicht, solange die beiden Cops noch in der Nähe sind.« Sie strich sich durch ihre gebleichten Haare, die in Strähnen hochstanden. Das schien eine Gewohnheit von ihr zu sein. »Hoffen wir, dass Ihr Freund sich kooperativer zeigt.«
Ich musste mir ein Lächeln verkneifen. »Ich verspreche Ihnen, wenn ich ihn finde, wird ihm gar nichts anderes übrig bleiben, als zu kooperieren.«
32
Schweigend bewegten sich die beiden Männer durch den Flughafen und stellten sich zunächst am Einreiseschalter und dann beim Zoll in die Schlange. Zwei gewöhnliche westliche Männer. Einer groß, blond und hünenhaft, der andere kleiner, mit beginnender Glatze, aber mit einem natürlichen Selbstbewusstsein, das Respekt einflößte.
Beide Männer waren müde, sie waren nonstop aus Großbritannien eingeflogen, doch chronischen Schlafmangel kannten sie seit ihrer Zeit beim Militär. Dieser Teil ihres Jobs schien einigermaßen einfach. Sie mussten in Manila eine Lieferung abholen und ein paar Stunden weiter südlich abliefern. Nargen wusste, woraus die Lieferung bestand, und wenn er ehrlich war, dann flößte ihm das Angst ein. Aber er und Tumanov sollten jeder fünfzigtausend Dollar erhalten, wenn sie die Lieferung ordnungsgemäß zustellten. Eine Menge Geld für kaum einen Tag Arbeit. Nur deshalb hatte er sich entschieden, den Job anzunehmen.
Als sie aus der Ankunftshalle in die glühende Mittagshitze traten und sich durch die wartende Menge einen Weg über die Straße bahnten, wurden sie plötzlich von einem großen Mann aufgehalten, der einen burgunderfarbenen Anzug trug und einen schwarzen Panamahut tief ins Gesicht gezogen hatte.
Der Mann tippte sich an den Hut, und Nargens erste Reaktion war Abscheu. Die wabbelige, aber trockene Haut war von einem ungesunden Gelb und wirkte, als würde sie sich unter der sengenden Sonne jeden Moment auflösen. Er lächelte auf eine widerliche Art, die fleckige, unregelmäßige Zähne entblößte, und selbst auf zwei Schritte Entfernung konnte Nargen seinen säuerlich stinkenden Atem riechen. Er wirkte wie ein wandelnder Leichnam – wären da nicht die hellwachen, fischgrauen Äuglein gewesen.
»Gentlemen«, sagte er mit sonorer Stimme. »Mein Name ist Mr. Heed. Ich soll Sie hier treffen. Ich habe ein Päckchen für Sie.«
Nargen machte sich nicht die Mühe, ihm die Hand zu schütteln. »Wo ist es?«
»Gut aufbewahrt. Kommen Sie.«
Sie folgten ihm zu einem alten schwarzen Cadillac, der im Halteverbot stand, und stiegen in den Fond. Das Wageninnere roch streng nach Lufterfrischern und Desinfektionsmitteln. Darunter aber nahm Nargen noch einen anderen Geruch wahr, einen, den er nur allzu gut kannte, und er fragte sich, was sich in diesem Wagen wohl abgespielt
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