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Erlöst mich: Thriller (German Edition)

Erlöst mich: Thriller (German Edition)

Titel: Erlöst mich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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Gewässer der Verde Island Passage, die die Hauptinsel Luzon von dem gebirgigen Mindoro trennte, verging wie im Flug. Die See war ruhiger, als ich es in Erinnerung hatte, und eine Weile wurden wir von einer Schar pazifischer Tümmler begleitet, was bei den Koreanern an Bord einen wahren Freudentaumel
auslöste. Die Spannung zwischen Tina und mir allerdings minderte sich dadurch nicht.
    Ich beobachtete sie, wie sie aufs Meer hinausstarrte, und konnte spüren, unter welchem Stress sie stand. Für eine junge und gut aussehende Frau in der Blüte ihres Lebens hatte sie weit mehr durchgemacht, als man einem Veteranen zumuten sollte. Die Furchen, die sich in ihre Stirn eingegraben hatten, schienen für immer bleiben zu wollen und prägten ihr blasses Gesicht, das auch sonst die ersten tiefen Fältchen aufwies.
    Vielleicht hätte ich sie gestern einfach in ihrem Hotelzimmer zurücklassen sollen, meine Gesellschaft erhöhte offensichtlich den Druck auf sie. Doch trotz ihrer bestimmt nicht gespielten Härte war ich nicht sicher, ob sie die Geschichte alleine zu Ende bringen konnte. Sie befand sich in einem fremden, gefährlichen Land und stand einem perfekt organisierten Feind gegenüber. Mit mir an ihrer Seite hatte sie wenigstens eine Chance auf Erfolg.
    Aber vielleicht machte ich mir auch nur etwas vor. Vielleicht begleitete ich sie, weil ich mich von ihr angezogen fühlte, wie sonst zu niemandem mehr, seit ich Emma getroffen hatte.
    »Das ist Verde Island«, sagte ich schließlich und deutete auf die felsige grün gefleckte Landmasse zu unserer Linken, auf der sich hin und wieder ein Gebäude erhob. Langsam näherten wir uns Mindoro. »Dahinten gibt es Felsen, ein paar hundert Meter von der Südspitze entfernt. Sie ragen kaum aus dem Wasser, aber es sind die Spitzen von zwei Unterwasserbergen, und das Tauchen dort ist einfach herrlich. Ich bin oft mit Kunden hingefahren.«
    »Nett«, sagte Tina, ehe sie sich abwandte und wieder in
brütendes Schweigen verfiel. Ich fragte mich, wie lange sie das durchhalten würde.
    Einige Minuten später öffnete sich vor unseren Augen die Sabang Bay und gab den Blick frei auf die kleinen Häuser, die sich zwischen Meer und den grünen Bergen erstreckten. Die Erinnerung übermannte mich, und ich spürte einen Kloß in der Kehle. Sechs Jahre – und es hatte sich fast nichts geändert. Die Kinder spielten noch immer auf dem schmalen Streifen Strand zwischen den Außenbordern, die man hoch auf den Sand geschoben hatte, die Musik dröhnte aus der schwimmenden Bar in der Mitte des Hafens, die ständig voller betrunkener, rosiger Westler war, die hilflos durch die Mittagshitze taumelten. Erst da bemerkte ich, dass mich, auch wenn ich den Geruch des Meeres genoss, nichts mehr mit diesem Ort verband und ich stattdessen mein Haus in den Hügeln von Nord-Laos vermisste, das weitab vom Meer lag.
    Unser Skipper manövrierte sich durch die Boote, die in der Bucht ankerten. Da es keinen Pier gab, mussten wir unsere Schuhe ausziehen und durch das seichte, warme Wasser waten. Ich sah mich nach einem bekannten Gesicht um, aber es war zu viel Zeit vergangen, und die wenigen Einheimischen, die auf den Stufen saßen, die vom Strand zur Straße hinaufführten, machten sich nicht einmal die Mühe, zu uns herüberzuschauen.
    Ich dachte an das letzte Mal, dass ich Tomboy gesehen hatte. Es war ein milder, warmer Abend gewesen, und wir hatten zusammen einen Drink in unserer alten Bar genommen. Er hatte vergeblich versucht, mir auszureden, nach England zu fliegen. Hatte mir gesagt, es würde nur Ärger bringen, und im Grunde hatte er damit recht gehabt. Zum
Abschied hatten wir uns die Hand geschüttelt, er hatte mir in die Augen geblickt und mir Glück gewünscht, und das Harte daran war, ich wusste, dass er es aufrichtig gemeint hatte. Er hatte sich Sorgen um mich gemacht. Und ich mir um ihn – weit mehr, als ich mir in den vergangenen sechs Jahren seitdem eingestanden hatte. Nun überfiel mich bei dem Gedanken, ihm eine Pistole an den Kopf halten zu müssen, ein leichter Schwindel.
    Die Tauchschule und das Hostal in Big La Laguna Beach lagen etwa zehn Fußminuten die Küste hoch entfernt. Ich geleitete Tina auf einem schmalen Pfad um eine Landzunge herum nach Small La Laguna Beach. Die unter freiem Himmel gelegene Point Bar, die ich manchmal besucht hatte, war immer noch da und bot immer noch denselben Blick über die Bucht. Doch als wir um die Landzunge bogen, sah ich, dass jemand am anderen Ende der Bucht

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