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Erlöst mich: Thriller (German Edition)

Erlöst mich: Thriller (German Edition)

Titel: Erlöst mich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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ein Hochhausmonster errichtet hatte, das die gesamte Bucht dominierte. Der Massentourismus hatte also auch diesen Teil der Philippinen erreicht. Zu schade. Die Strände im Norden von Mindoro hatten immer etwas wild idyllisch Abgelegenes gehabt, was einer der Gründe war, weshalb ich als Flüchtiger mich dort niedergelassen hatte. Doch angesichts der vielen überwiegend jungen Westler, denen wir unterwegs begegneten, musste die Idylle einfach zum Reiseziel der Rucksacktouristen mutieren.
    Eine Gruppe sonnenverbrannter englischer Mädchen, allesamt gerade mit der Schule fertig und auf eine provinzielle Art hübsch, rauschte in winzigen Bikinis an uns vorbei und zwang uns, den Pfad zu verlassen, sonst hätten sie uns in ihrem Überschwang niedergetrampelt. Sie plapperten und würdigten mich keines Blickes. Warum auch.
Damals, als meine Verbrechen bekannt wurden, waren sie noch kleine Kinder gewesen. Und in der schnelllebigen Welt des 21. Jahrhunderts war ich längst Geschichte.
    Durch eine Senke in der Nähe des Hotels gelangten wir schließlich nach Big La Laguna, auf den schönsten der drei Hauptstrände von Sabang. Obwohl keiner der drei wirklich sensationell war. Trotzdem war heute mehr los als früher, überall lagerten Rucksacktouristen im Sand. Ein Typ mit einem gewaltigen Afro gab einen folkigen Song zum Besten und spielte dazu Gitarre, während ein halbes Dutzend Mädchen ihm bewundernd an den Lippen hing und einen Joint kreisen ließ.
    Tina blieb stehen und schaute sich um. Atmete die frische Seeluft ein. Sie schob sich ihren Sonnenhut ein wenig aus der Stirn und sah nach oben, und als sie in die Sonne blickte und die Augen schloss, glaubte ich, sie würde endlich etwas entspannen. Ich fand sie schön. Ein paar Sekunden verharrte sie so, ehe sie die Augen öffnete und mich ansah. Kalt und geschäftsmäßig wie immer.
    »Ist es noch weit? Ich habe Durst.«
    »Gleich da oben«, antwortete ich, und plötzlich überkam mich eine nervöse Beklemmung. Ich blieb stehen.
    Tina hielt neben mir an und fragte: »Was gibt’s?«
    »Es ist nicht mehr da.« Ich deutete auf die Stelle, wo die Big La Laguna Dive Logde gestanden hatte und wo jetzt ein mindestens fünfmal so großes Hotel thronte, das dem Schild nach ›Anglo-Danish Divers‹ hieß und vor dem sich ein riesiges PADI-Tauchzentrum erstreckte.
    Ein paar Augenblicke stand ich verblüfft und schwitzend da. Als mir dämmerte, dass wir die ganze Fahrt umsonst gemacht hatten, kam ich mir wie ein Idiot vor. Ich ging ein
paar Schritte, versuchte hinter das Hotel zu schauen, weil ich dachte, ich hätte mich vielleicht im Ort geirrt. Doch ich war mir sicher, an der richtigen Stelle zu sein. Die Welt hatte sich weitergedreht und Tomboy offensichtlich mitgenommen. Die Leere, die ich stets in meinem Herzen spürte, weitete sich aus.
    »Komm schon«, sagte Tina, und zum ersten Mal vernahm ich eine Art Mitgefühl in ihrer Stimme, »ich muss in den Schatten. Lass uns irgendwo etwas trinken.«
    Wir wählten eine nahe gelegene und glücklicherweise ruhige Strandbar und setzten uns an einen der Tische.
    Da hörte ich jemanden meinen Namen rufen. Oder genauer gesagt, meinen abgelegten Namen, den, den ich auf den Philippinen benutzt hatte.
    »Mr. Mick?«
    Es war der Barkeeper. Er grinste breit und winkte mir vom Tresen aus zu. Ich erkannte ihn sofort wieder. Frankie hatte früher in unserer Bar gearbeitet. Er wirkte immer noch keinen Tag älter als sechzehn, obwohl er inzwischen mindestens dreißig sein musste. Allerdings war ich schockiert, wie leicht er mich wiedererkannt hatte.
    Ich ging mit Tina im Schlepptau hinüber an die Bar.
    »Frankie. Was treibst du, alter Schwede?«
    Ich wollte ihm die Hand geben, doch er beugte sich herüber und umarmte mich innig. »Wo haben Sie gesteckt, Mr. Mick? Sie waren ja Jahre weg.«
    »Mal hier, mal da«, sagte ich und rang mir ein Lächeln ab. »Das ist meine Freundin Tina.«
    »Nicht Ihre Frau?«
    »Nein. Nicht meine Frau.«
    Sie gaben sich die Hand, aber Frankie lächelte nervös
und ein bisschen eingeschüchtert von Tinas blond gefärbtem Kurzhaarschnitt und ihrem schlanken athletischen Körper.
    »Warum haben Sie denn nie angerufen oder geschrieben? Warum sind Sie nie zurückgekommen?«
    Er sah mich an und war aufrichtig perplex. »Wir alle haben Sie vermisst. Mr. Tomboy hat Sie sehr vermisst. Den Laden schmeißen ohne Sie, das konnte er nicht so gut.«
    »Was ist mit dem Geschäft passiert?«, fragte ich und sah zum ›Anglo-Danish

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