Erlösung
Welt zu schaffen.“ Mit einem durchgängigen Gemurmel stimmten offenbar alle zu.
„Ich kenne Alexander gut, also werde ich mit dabei sein“, Vincent klang entschlossen. Der Anführer des Rats ließ seinen Blick zu den anderen Ältesten gleiten. Es meldeten sich sofort zwei weitere Mitglieder. „Gut, ich selbst werde der Vierte im Bunde sein. Wirst du uns ebenfalls unterstützen??“ Es war keine wirkliche Frage, die der Älteste direkt an mich richtete. Es war auch kein wirklicher Befehl, sondern viel mehr eine einmalige Gelegenheit.
Ich nickte sofort. „Natürlich.“ Vor einigen Monaten hatte ich mir so eine entscheidende Chance gewünscht. Bei den Ältesten vorzusprechen war schon ein Privileg gewesen, das ich meinem Schöpfer verdankte, weil er ebenfalls ein Mitglied des Rats war. Jetzt wurde ich sogar auserwählt, um Seite an Seite mit ihnen zu kämpfen. Das war eine Ehre, die bisher wohl niemandem in meinem Alter zuteilgeworden war. Rebecca lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich, als sie Vincent plötzlich einen kurzen, fast unsicheren Blick zuwarf. Er trat näher an sie heran, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Ich hätte durchaus verstehen können, worum es ging, aber die Höflichkeit hielt mich davon ab, zu lauschen. Wenn es auch für mich bestimmt war, dann würde er mich schon früh genug einweihen.
„Informiert eure Schützlinge und die dazugehörigen Gebiete. Wir brechen morgen Nacht auf. Also regelt alles, was keinen Aufschub duldet.“ Mit den Worten des Oberhauptes erhoben sich auch alle anderen Ratsmitglieder. Ich wollte mich schon an die Wand drücken, um allen Ältesten Platz zumachen, damit sie an mir vorbeigehen konnten. Aber ich hatte wieder einmal die Technik in dieser alten Villa unterschätzt. Fünf Türen, die mir zuvor überhaupt nicht aufgefallen waren, öffneten sich auf einmal hinter dem Podest, auf dem die Ältesten gerade eben noch gesessen hatten. Sie verließen fast gleichzeitig den Raum, ohne sich noch einmal umzusehen. Und erst als sich die Türen wieder schlossen, wusste ich auch, warum mir diese Öffnungen nicht aufgefallen waren; auch hier waren es Schiebetüren, die sich beinahe unsichtbar der glatten Wand anpassten. Ich fragte mich, wohin diese Ausgänge wohl führten. Möglicherweise gab es unterirdische Gänge, von denen aus jedes Mitglied in seinen eigenen Bereich gelangen konnte. Die Villa war groß, aber ich vermutete, dass sich die Ältesten noch mehr Großzügigkeit leisteten. Ob andere Häuser in der Gegend miteinander verbunden waren? Es wäre jedenfalls sicherer, wenn sich nicht alle Mitglieder in demselben Gebäude aufhalten würden. Eine Vorsichtsmaßnahme, die vor einem plötzlichen Angriff schützen konnte. Wie auch immer der Grundriss aussehen mochte, ich würde ihn wahrscheinlich nie zu Gesicht bekommen.
Rebecca schleppte sich an mir vorbei und sie humpelte zur Tür. Vincent drehte sich zu mir. „Ich muss mit dir sprechen, gehen wir in mein Büro.“ Er deutete zum Fahrstuhl am Ende des langen Flurs. Wir folgten Rebecca und holten sie schnell wieder ein. Vincent beugte sich zu ihr.
„Lass mich dir helfen“, sagte er sanft, und bevor sie darauf etwas erwidern konnte, hatte er sie bereits auf seine Arme genommen.
„Das ist nicht nötig, Vincent“, sie wirkte plötzlich verlegen.
„Doch, das ist es.“ Er trug sie vorsichtig zum Aufzug. Obwohl ich von meinem Schöpfer Manieren gewohnt war, überraschte es mich trotzdem, wie behutsam er mit seiner Assistentin umging. Ich hatte schon beim ersten Treffen mit ihr die Vermutung gehabt, dass sie vielleicht mehr für ihn war als bloß eine Angestellte. Letztendlich ging es mich aber auch nichts an. Wir fuhren schweigend in das obere Stockwerk. Dann trug Vincent Rebecca sogar bis in seine Geschäftsräume. Er setzte sie erst hinter ihrem Schreibtisch wieder ab.
„Danke schön.“ Sie hatte wirklich ein hübsches Lächeln. Normalerweise brauchte es allerdings mehr, um Vincent so handeln zu lassen. „Nicht der Rede wert“, er lächelte ebenfalls.
Ich wusste nicht, ob die beiden noch irgendetwas zu besprechen hatten. Zumindest fühlte ich mich etwas fehl am Platz, deswegen ging ich schnurstracks in sein Büro. Wer wollte schon aufdringlich wirken? Ich schlenderte zu den hohen Fenstern hinüber und starrte hinaus auf die Straßen. Von dieser Seite des Hauses hatte man einen schönen Blick auf das edle Viertel des Stadtteils Seefeld. Vielleicht würde ich irgendwann noch einmal dazu kommen, mir Zürich
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