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Erloschen

Erloschen

Titel: Erloschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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gleich null.«
    Für ihn rangierten die Brände unter »ferner liefen«, und die Meldung sollte fünfzehn, maximal zwanzig Sekunden kriegen.
    Das war nicht annähernd die Sendezeit, die Jeffery wollte. Für ihn war das Zählen von Sekunden und Minuten zu einer Obsession geworden. Er behauptete, dass er aus jeder Nachricht eine große Reportage herausholen konnte, indem er die äußeren Blätter abzupfte wie bei einer Artischocke und zum leckeren Herzen vorstieß.
    So was taten gute Reporter, dozierte er vor jedem, der ihm zuhörte. Normalerweise war das bloß Sam, die sich nicht achselzuckend abwenden konnte, weil sie beide ein unsichtbares Band verknüpfte. Nein, eher eine Kette, wie Handschellen … oder eine Nabelschnur. Schließlich hingen Sams Leben und ihr Job von Jefferys Erfolg ab.
    Das machte sie nicht unbedingt froh oder stolz. Andererseits hatte sie sich angewöhnt, mit einer »Es ist wie es ist«-Haltung durchs Leben zu gehen. Die Worte waren sogar in das abgewetzte Lederarmband eingeprägt, das sie ständig trug. Damit sie ihr Motto nie vergaß. Vielleicht konnte sie nicht immer kontrollieren, welcher Mist ihr vor die Füße geworfen wurde, aber sie bestimmte sehr wohl, was sie daraus machte.
    Ihre Mutter umschrieb es ungleich blumiger: »Es ist dein Leben. Du entscheidest, was du mit ihm anfängst, ob es Hühnersalat oder Hühnerscheiße wird.«
    Ihr fiel auf, dass Jeffery eine Pause eingelegt hatte und weggegangen war, entweder um jemanden zu befragen oder um zu pinkeln. Wenn er gerade nicht im Bild war, achtete sie nicht weiter auf ihn; viel zu leicht verlor sie sich in der Welt, die sie durch ihren Kamerasucher sah.
    Nun tauchte er plötzlich hinter ihr auf. »Wie es aussieht, bekommen wir Gesellschaft«, sagte er.
    Ohne die Kamera anzuhalten, blickte sie sich um. Ein großer Mann in einem Trenchcoat und zwei Frauen kamen auf sie zu. Sie gingen auf der Innenseite des Absperrbands. Die große Frau in der Bomberjacke war eindeutig eine Polizistin. Bei den beiden anderen hätte Sam wetten können, dass sie vom FBI waren.
    »Lass die Kamera laufen«, wies Jeffery sie an. »Egal, was passiert, behalt mich im Bild. Und denk an meine Schokoladenseite.«
    Sam hätte gerne die Augen verdreht. Stattdessen richtete sie ihre Kamera neu aus.
    Da hätten wir’s mal wieder. Man weiß nie, was noch passiert.

9
    »Diese Arschlöcher sind wie die Geier.«
    Maggie ignorierte Racines Murmeln. Es war das vierte Mal auf der kurzen Strecke, dass sie die Nachrichtenleute als Arschlöcher titulierte. Sie fragte sich, ob Racine ihre Lebensgefährtin Rachel in dieselbe Schublade steckte. Rachel arbeitete für die Washington Post .
    Maggie überredete Tully, sie das Wort führen zu lassen, obwohl er der Diplomatischere von ihnen war.
    »Guten Abend«, sagte der Mann, was eher nach einer Ankündigung klang als nach einer Begrüßung – wie die Eröffnung der Nachrichten.
    Maggie sah das Logo des internationalen Nachrichtensenders an der Seite der Kamera, und nun erkannte sie auch die Stimme des Reporters. Es war Jeffery Cole. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht zurückzuweichen. Dies hier war kein kleiner Lokalsender. Die Kamera lief, und Cole glaubte, dass er ein Exklusiv-Interview bekam.
    Er trat beiseite und veränderte seine Stellung, als suchte er nach einem besseren Kamerawinkel für sein Profil. Dafür war er sogar bereit, das gegenüberliegende Gebäude anstelle des Feuers hinter sich zu haben.
    »Detectives, wissen Sie schon, wie es zu dem Brand kam? Oder wer ihn gelegt hat? Treibt hier ein Serienbrandstifter sein Unwesen?«
    »Zu diesem Zeitpunkt beantworten wir keine Fragen«, sagte Maggie. »Später wird es sicher eine Pressekonferenz geben.« Sie sah zu Tully und Racine hinüber, die vom Laserstrahl der Kamera wie gelähmt schienen.
    »Können Sie uns wenigstens sagen, ob jemand ver letzt wurde?«, fuhr Cole fort. »Gibt es Todesopfer? Bis jetzt wurde noch niemand herausgebracht, oder?«
    Maggie kannte die Taktik, Leute mit Fragen zu bombardieren und ihnen keine Zeit zum Antworten zu ge ben. Reporter taten das andauernd. Sie wollten so die Geduld der ohnehin schon erschöpften Polizisten strapazieren und hofften, auf die Weise Informationen zu bekommen. Die Polizisten machten es mit Verdächtigen genauso, waren es allerdings nicht gewöhnt, selbst einer solchen Behandlung ausgesetzt zu werden.
    Racine wurde unruhig, und Maggie betete, dass sie nichts Unüberlegtes tat – beispielsweise ihnen zu sagen, sie

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