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Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischer Claus Cornelius
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wo Sie nicht halten sollten, werden wir es bemerken. Denken Sie immer an Mademoiselle Schneider. Sie wird sterben, wenn Sie von Ihrem Auftrag abweichen. Sobald Sie Mont Saint-Michel erreichen, lassen Sie
den Wagen stehen. Dort haben wir Männer, die Sie im Auge behalten. Sie erwarten Sie bei Tagesanbruch. Tun Sie immer genau, was ich Ihnen gesagt habe, dann bleibt Mademoiselle Schneider am Leben.«
    Weiter voraus glitt eine erleuchtete Tankstelle heran. Ella beschloss, dort anzuhalten und zu sehen, was der Fahrer des anderen Wagens machte. Eine Tankstelle war unverdächtig; ihr Ortungssystem würde ihnen das sagen. Sie durfte nur nicht länger bleiben, als man brauchte, um sich frisch zu machen und einen Kaffee zu trinken.
    Wenn etwas Außerplanmäßiges passiert, rufen Sie uns an.
    Ella setzte den Blinker und kontrollierte kurz ihr Aussehen im Innenspiegel. Schminke, Kopftuch und eine Brille mit ungeschliffenen Gläsern veränderten ihr Gesicht genug; bei Dunkelheit wies es kaum noch Ähnlichkeit mit den schlechten Fotos in den Zeitungen oder im Fernsehen auf.
    Am Abend hatte sie unter Laetitias Aufsicht das Kloster auf Mont Saint-Michel angerufen und sich mit Frère Rémy verbinden lassen. Der Mönch war zuerst auf der Hut gewesen, vorsichtig, obwohl Professor Barrault sich bereits mit ihm in Verbindung gesetzt hatte. Dann jedoch musste etwas in Ellas Stimme, an ihrer Dringlichkeit, ihn überzeugt haben, und er hatte ihr eine Handynummer gegeben, unter der sie ihn erreichen konnte, sobald sie auf der Insel war. Seine Stimme war nicht weich gewesen, wie sie erwartet hatte, sondern klar und entscheidungsfreudig.
    Â»Heute ist Dienstag, und die Hauptversammlung der Banque National d’Alsace findet am Freitagvormittag statt«, hatte der Anwalt gesagt, bevor er gegangen war. »Wenn wir bis dahin nicht mit Monsieur Lazare sprechen konnten, ist es zu spät.«
    Â»Zu spät für wen?«, hatte Ella gefragt.
    Â»Für ihn. Für Sie. Für Mademoiselle Schneider.«
    Â»Und was ist mit Monsieur Montheilet?« Die ganze Zeit hatte
diese Frage Ella auf der Zunge gebrannt, und nun hatte sie sie endlich gestellt.
    Â»Mit wem?«
    Â»Daniel Montheilet. Der Journalist vom Nouvel Observateur , der in Berlin bei mir war. Ich möchte wissen, was aus ihm geworden ist. Was haben Sie mit ihm gemacht?«
    Der Anwalt war einen Moment lang stumm geblieben. »Die Frage ist doch wohl eher«, hatte er dann gesagt, »was Sie mit ihm gemacht haben, nicht?«
    Immer wieder dachte sie an Dany; inmitten des ganzen Irsinns der letzten Tage hatte sie tatsächlich angefangen, sich eine Zukunft mit ihm vorstellen zu können. Wenn ihn wirklich die Polizei abgeholt hat, warum haben dann weder Aziz noch Schröder etwas davon gewusst? Und wenn es nicht die Polizei war, wer dann? Warum meldet er sich nicht?
    Ella lenkte die Limousine auf die rechte Spur, um die Ausfahrt zur Tankstelle zu nehmen. Der Wagen, der die ganze Zeit hinter ihr gefahren war, blieb auf der mittleren Spur. Dann, als Ella die Geschwindigkeit drosselte, zog er an dem Citroën vorbei. Ein schwarzer Seat mit einem Pariser Kennzeichen. Sie konnte nicht erkennen, wer darin saß. Die Rücklichter wurden schnell kleiner, und eine Zeit lang konnte sie sie noch sehen, als sie schon auf das Tankstellengelände fuhr, dann erloschen die roten Punkte hinter einem Gebüschstreifen.
    Das großflächig überdachte Areal um die Zapfsäulen und vor dem Servicebereich war in gleißendes weißes Licht getaucht. Der Eingang zur Waschstraße wurde von einem Torbogen aus rot blinkenden Glühlampen bewacht. Es gab nur einen anderen Wagen, einen beigen Peugeot 504 mit altmodischen gelben Scheinwerfern, der verlassen an der zweiten Dieselsäule stand. In dem verglasten Servicebereich hielten sich außer dem Nachtkassierer zwei Personen – ein Mann und eine Frau – auf, die vor den Vitrinen mit Snacks und Getränken herumschlenderten.

    Dort, wo das Licht der Tankstelle nicht mehr hinreichte, ragte die mondlose Nacht wie eine Wand auf. Ella steuerte die Limousine auf den schlecht beleuchteten, fast leeren Parkplatz und stellte sie hinter einem Lastwagen ab. Sie öffnete das Seitenfenster. Das Sirren von Zikaden drang in das Wageninnere.
    Und wenn ich einfach losrenne , da in die Wiesen hinein und weiter, so weit, dass sie gar nicht erst versuchen, mich zu finden?
    Nein, dann würde Mado

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