Erlosung
Wissenschaftler, der Jahre an etwas gearbeitet und endlich den Durchbruch geschafft hat â ich weià nicht, wie man das auf Deutsch sagen soll â illuminée! «
Ella fragte: »Woran hat sie denn gearbeitet, Monsieur Schneider? «
»Dany.«
»Was kann so gefährlich sein, dass Menschen auf diese Weise sterben müssen, Dany?«
Er schwieg und schob die Hände in die Hosentaschen. Statt zu antworten, fragte er: »Wenn Sie Notärztin sind, dann müssen Sie doch von jemand gerufen worden sein â von wem? Wer war das?«
Ella trat zu ihm ans Fenster. »Jemand, der an einem Fenster stand, so wie wir gerade â¦Â«
»Und Sie haben nicht die geringste Ahnung, wer das gewesen sein könnte?«, fragte Dany.
Ella sagte: »Nein. Das war der andere Grund, aus dem ich mich heute Nachmittag noch mal in dem Haus umgesehen habe â ich dachte, ich könnte vielleicht feststellen, von wo aus er alles beobachtet hatte, das Fenster, der Balkon.«
»Ist es Ihnen gelungen?«
»Vielleicht. Da war eine Bewegung hinter einer Balkontür auf der anderen Seite des Hofs, der Blickwinkel könnte stimmen. Ich wollte es mir anschauen gehen, nachsehen, wer da wohnt,
und ihn fragen, ob er sonst noch etwas bemerkt hat, irgendwas, das mir weiterhilft. Aber dann kamen Sie und, na ja â¦Â«
»Warum hat er nicht die Polizei gerufen? Warum nur den Notarzt?«
»Vielleicht hatte er Angst«, sagte Ella, »oder er dachte sich, dass wir das sowieso übernehmen würden.« Plötzlich kam ihr ein Gedanke: Warum hat er nicht einfach geklingelt, wenn er nach seiner Schwester sehen wollte? »Vorhin in der Wohnung â ich habe die Klingel gar nicht gehört â¦Â«
»Die Klingel war kaputt«, sagte er. »Ich habe das Schloss mit einem Stück Draht aus dem Treppenhaus geöffnet. Es ging ganz einfach, weil irgendjemand schon vor mir daran â wie heiÃt das auf Deutsch? â «
»Daran herumgefummelt hatte«, sagte Ella. Sie sah zu ihm auf in dem schwachen Licht der Tischlampe neben dem Bett. »Was ist sie für eine Frau â Mado, meine ich?«, wollte sie wissen. »Sie hat mich aus meinem Leben gerissen, und ich weià überhaupt nichts über sie.«
»Ich auch nicht«, sagte Dany, »nicht mehr.« Er schaute wieder auf seine Uhr. »Jetzt ist eine gute Zeit, um Leute zu Hause anzutreffen.« Da â in diesem Moment, in dem er auf die Uhr schaute, als wäre die Zeit sein schlimmster Feind â erkannte Ella zum ersten Mal an dem Ungestüm der Bewegung und einem Zucken der Lippen, dass auch er Angst hatte.
15
Sie durchquerten die Lobby wie ein Paar, das sich schon lange kannte, und gerade, als sie aus der Drehtür traten und zu einem der wartenden Taxis gingen, entdeckte Ella den grauen Audi. Sie sah ihn nur kurz, er war schon fast am Hoteleingang vorbei und bog langsam um die Ecke in die MarkgrafenstraÃe. Die Bremslichter leuchteten auf und erloschen wieder. Dann war er hinter dem Hotel verschwunden, aber das bedeutete nichts, es bedeutete überhaupt nichts. Es konnte irgendein grauer Audi Quattro mit Berliner Kennzeichen sein, der nur zufällig am Hilton vorbeifuhr. Bloà dass Ella es besser wusste. »Sie sind hier«, sagte sie.
»Wo?«, fragte Dany, während sie weiter auf die wartenden Taxis zugingen.
»Um die Ecke, ein grauer Audi Quattro«, sagte Ella. »So ein Wagen ist uns zur Charité gefolgt und dann am Morgen zur Wohnung meines Freundes.«
Das erste Taxi in der Reihe fuhr los, bog in die Zufahrtsbucht des Hotels und hielt neben ihnen. Der Fahrer lieà die Seitenscheibe herunter. Er beugte sich über den Beifahrersitz und sah durch das offene Fenster zu ihnen auf. »Taxi?«
Dany hatte die Hand schon auf den hinteren Türgriff gelegt, um den Schlag zu öffnen, doch Ella sagte: »Nein. Danke.« Der Fahrer sah sie an, als wollte er sich ihr Gesicht einprägen, dann ging sein forschender Blick zu Dany, dessen Gesicht er sich in dieser Sekunde ebenfalls merkte.
Sie gingen rasch weiter, überquerten die StraÃe und mischten sich unter die Menschen auf dem Gendarmenmarkt. »Wie haben die uns gefunden?«, fragte Dany.
Der Wagen, dachte Ella, genau wie Annika gesagt hat. Sie haben das Haus beobachtet. Ich bin Dany gefolgt, und sie sind mir gefolgt.
»Wir müssen in Bewegung bleiben«, sagte sie. »Es sind mehr als nur die in
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