Ermittler in Weiß - Tote sagen aus
einer anderen Lösung. So entschloss er sich, seine Frau zu töten und einen Selbstmord oder Unfall vorzutäuschen. Während seiner Dienstzeit bei der Kasernierten Volkspolizei hatte er auf einem Truppenübungsplatz ein Kleinkalibergewehr, ein Tesching, gefunden, mit dem er seine Frau erschießen wollte. Sein Plan beinhaltete ferner, seine Frau aus der Wohnung zu locken und die Tote nach der Tat auf die Eisenbahnschienen zu legen, um einer Selbstmord vorzutäuschen. Deshalb erkundigte er sich auf der Bahnhof nach der Zugfolge auf der von ihm ausgewählter Strecke. Um einen später möglichen Verdacht von sich abzulenken, bemühte er sich zunächst um eine Verbesserung des Verhältnisses zu seiner Frau. Er war freundlich zu ihr, machte kleine Handreichungen, brachte hin und wieder kleine Geschenke mit und ging auch ab und zu mit seiner Frau aus. Dann schien ihr endlich der richtige Zeitpunkt gekommen: Der Mord konnte inszeniert werden. Den zunächst für den Mord vorgesehenen Tag ließ er verstreichen, weil er aufgehalten worden und später als geplant nach Hause gekommen war. Er befürchtete nun, dass in der Nacht auf der vorgesehenen Strecke nur wenige Züge fahren würden. Drei Tage später schien ihm die Gelegenheit günstig. Er hielt sich mit seinem Vater und seiner Frau in einer Gaststätte auf und spielte Skat. Gegen 21 Uhr machte der Vater der Vorschlag, auch die Mutter noch zu holen. Lutz D. erklärte sich sofort bereit und nahm seine Frau mit. Beide gingen los, wobei Lutz' Frau ihre Handtasche in der Gaststätte beim Schwiegervater in der Annahme zurückließ, schnell wieder da zu sein. Nach Verlassen der Gaststätte eröffnete Lutz seiner Frau, dass er ihr vor dem Abholen der Mutter noch etwas Wichtiges zeigen wolle. Er habe vor kurzem beobachtet, wie einige verdächtige Personen etwas Wertvolles, vielleicht Diebesgut, unter einer Eisenbahnbrücke versteckt hätten. Das wollten sie sich jetzt zusammen ansehen. Sie fuhren mit der Straßenbahn zur angegebenen Stelle. Als Lutz D. die Böschung zu den Gleisen hinuntersteigen wollte, übersah er in der Dunkelheit eine Stützmauer. Er stürzte etwa drei Meter in die Tiefe, ohne sich nennenswert zu verletzen. Lediglich eine kleine Hautabschürfung zog er sich durch das im Hosenbein versteckte Kleinkalibergewehr zu. Daraufhin forderte er seine Frau auf, die Böschung auf der anderen Seite herabzusteigen, da es dort leichter sei. Auf den Gleisen angekommen, gingen beide unter die Brücke, unter der sich die versteckten Gegenstände befinden sollten. In einem Moment, als seine Frau vor ihm herging, holte Lutz D. das Gewehr hervor, zeigte es seiner Frau und schoss ihr, als sie sich umdrehte, in den Nacken. Sie brach sofort zusammen. Aus ihrem Mund quoll ein Schwall Blut. Lutz D. legte das Opfer auf die Gleise und wartete hinter einem Gebüsch, bis sieben Züge den Körper seiner Frau überrollt hatten. Dann sah er sich die Leiche noch einmal an und begab sich anschließend nach Hause. Dort bemerkte er, dass er sich beim Transport des Körpers trotz aller Vorsicht doch mit Blut beschmiert hatte. Er säuberte mit einem Lappen Mantel und Handschuhe und zog eine neue Hose an, da die getragene ebenfalls Blutspritzer aufwies. In diesem Moment kam der Vater nach Hause. Er zeigte sich überrascht, dass Sohn und Schwiegertochter nicht wie versprochen mit der Mutter in die Gaststätte zurückgekehrt waren. Er wunderte sich auch, dass Lutz sich bereits umgezogen hatte. Schließlich fiel ihm auf, dass die Schwiegertochter nirgends zu finden war und fragte nach ihrem Verbleiben. Der Täter fühlte sich in die Enge getrieben und gestand seinem Vater nach einigen Ausflüchten, dass er seine Frau erschossen habe. Es könne ihm aber nichts passieren, da er einen Selbstmord vorgetäuscht habe. Der Vater bestand aber darauf, dass er sich der Polizei stelle. Er veranlasste seinen Sohn, mit ihm am nächsten Morgen zur Polizei zu gehen und zeigte ihn an. Auch die Tatwaffe brachte er mit. Der letzte Satz in einem damaligen Zeitungsbericht über die Bluttat lautete: »Er wird sich vor Gericht wegen vorsätzlichen Mordes zu verantworten haben. Zurück bleibt ein dreijähriges Kind, das durch die ungeheuerliche Tat seines Vaters an einem Abend beide Eltern verlor.« Ein zeitbedingtes Motiv? Der Streckenläufer W. ging routinemäßig seinen Abschnitt auf den Gleisen ab. Er achtete auf eventuelle Schäden am Schienensystem und sonstige Auffälligkeiten an der Strecke. Bisher hatte er nichts
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