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Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Titel: Ermittler in Weiß - Tote sagen aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgan Dürwald
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werden, ob alle vorgefundenen Verletzungen auch tatsächlich durch die Kollision mit der Eisenbahn hervorgerufen wurden oder ob nicht schon vorher Verletzungen vorhanden waren. Das ist deshalb so wichtig, weil stets die Möglichkeit in Erwägung gezogen werden muss, dass eine Person, die bereits tot war, oder ein schwer Verletzter in bewusstlosem Zustand auf die Schienen gelegt worden ist, um einen Unfall oder Selbstmord vorzutäuschen. Aus diesem Grunde ist es auch erforderlich, dass der Gerichtsarzt seine Untersuchungen an der Unfallstelle beginnt und dass er neben der Leiche den Unfallort und nach Möglichkeit auch die Unfallfahrzeuge auf verwertbare Spuren untersucht.
    Der Tote auf dem Bahnhof 
    Der Eilzug fuhr in den Bahnhof der Kreisstadt ein. Er hielt gewöhnlich nur kurz, um die Passagiere ein-und aussteigen zu lassen. Zu dieser nächtlichen Stunde waren wenig Menschen auf dem Bahnsteig. Der Elektrokarren rollte vor zum Gepäckwagen, um schnell einige Gepäckstücke ein- und auszuladen. Während diese Arbeiten zügig vonstatten gingen, ertönte plötzlich vorn an der Lokomotive ein lauter Schrei. Eine Frau rief entsetzt: »Hilfe, kommen Sie schnell hierher, vor der Maschine liegt ein Mensch auf den Schienen.« Der Fahrdienstleiter und ein weiterer Eisenbahner liefen nach vorn, um nachzusehen, was da los ist. Tatsächlich, unmittelbar vor der Lokomotive lag ein Mann. Er bewegte sich nicht. Der Jahreszeit entsprechend war er mit einem dicker Wintermantel bekleidet. Wie man im Licht der Lok-Scheinwerfer sehen konnte, schien der Mantel beschädigt und ölverschmiert zu sein. Der Mann lag auf dem Rücken. Das Gesicht war offenbar ohne Verletzungen, die Augen waren geöffnet und der Blick starr in den Nachthimmel gerichtet. Wie war der Mann auf die Schienen gelangt? Auf dem Bahnsteig hatte ihn niemand gesehen. Und keiner hatte bemerkt, dass er vor den Zug gefallen oder gesprungen wäre. Auch das Lokpersonal hatte bei der Einfahrt in den Bahnhof nichts Auffälliges festgestellt. Einige Eisenbahner sprangen auf die Schienen und hoben Mann auf den Bahnsteig. Ganz offensichtlich war er tot. Den Helfern fiel als Erstes auf, dass der Tote keine Beine mehr hatte. Statt der Beine hingen leere Hautschläuche vom Körper herab. Sonst waren zunächst keine weiteren Verletzungen erkennbar. Sofort wurde die Transportpolizei und ein Arzt verständigt. Letzterer konnte nur noch den Tod feststellen. Die Kriminalisten der Transportpolizei benachrichtigten den Staatsanwalt und den Dienst habenden Gerichtsarzt. Beide erschienen nach kurzer Zeit an der Unfallstelle. Der Zug war bis zu diesem Zeitpunkt angehalten worden, um seine Frontpartie als Erstes untersuchen zu können. Danach wurde die Leiche ins gerichtsmedizinische Institut gebracht, da eine gerichtliche Sektion angeordnet worden war, die am nächsten Morgen durchgeführt werden sollte. Bei der Sektion fanden sich im Bereich des Brustkorbes massive Quetschungen im Rücken. Die Brustwirbelsäule war quer durchtrennt, etliche Rippen waren gebrochen und teilweise in die Lunge eingespießt. Die Lunge zeigte massive Quetschungen und Zerreißungen. Einige kleine Bluteinatmungsherde wiesen auf Verletzungen hin, die bereits zu Lebzeiten entstanden sein mussten. An der Haut waren am Rücken oberhalb des Lendenbereiches nahezu waagerecht verlaufende kantige Abdrücke zu sehen, die offenbar durch die Pufferbohle der Lokomotive verursacht worden waren. Von den Beinen war bis über die Knie nur noch der Hautschlauch mit der Muskulatur vorhanden, in der lediglich eine große Zahl winzig kleiner Knochensplitter steckten. Die Knochen der Unterschenkel und Füße waren völlig zerschlagen; die Haut hingegen war nahezu völlig intakt und wies nur ein paar unbedeutende Abschürfungen auf. Der Mantel zeigte am Rücken einige Ölverschmutzungen, sonst war er weitgehend in Ordnung. Allerdings fiel eine massive Zerreißung des Mantelkragens hinten etwa in der Mittellinie auf. An dieser Stelle war der relativ feste und stabile Kragen quer durchgerissen, die Ränder der Durchtrennungsstelle waren stark zerfetzt. Hinweise auf die Einwirkung dritter Personen fanden sich bei der Sektion nicht. Für einen Selbstmord war das Verletzungsmuster atypisch. Alles sprach für ein Anfahren von hinten im Gehen oder Stehen. Dadurch konnten allerdings nur die Verletzungen im Brustbereich, nicht aber die massiven Zertrümmerungen der Beinknochen erklärt werden. Hierfür musste noch eine andere Ursache ermittelt

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