Ermittler in Weiß - Tote sagen aus
Schizophrenie, nahe. Wenn dieser Verdacht zutreffend war, kam sie unter Berücksichtigung von Wahnideen sehr wohl als Täterin in Betracht. Aber sollte sie auch das Kind getötet haben? Und warum? Zu diesem Kind hatte sie doch gar keine Beziehungen, ja sie kannte es kaum, wie die Nachbarn versicherten. Es erschien auch unter Berücksichtigung ihrer Wahnideen als unwahrscheinlich, dass sie sich durch das kleine Mädchen bedroht gefühlt haben sollte. Noch am gleichen Nachmittag wurde Haftbefehl gegen sie erlassen, der jedoch zunächst nicht vollstreckt werden konnte, weil sie nicht zu Hause war. Aber die Ermittler fanden schnell heraus, dass sie sich mit einer Freundin in einem Cafe der Innenstadt aufhielt, wo sie, ohne Widerstand zu leisten, festgenommen wurde. Bei der Vernehmung gab sie schon nach kurzer Zeit beide Tötungen zu und schilderte die Tathergänge in allen Einzelheiten. Frau S., das erste Opfer, hatte sich offenbar trotz des schönen Wetters mittags etwas hingelegt. Sie war 64 Jahre und gönnte sich ihren Mittagsschlaf. Wenn es später, am Nachmittag, immer noch schön sein sollte, wollte sie einen kleinen Spaziergang in die Stadt machen, da sie wegen des bisherigen schlechten Wetters bereits mehrere Tage nicht aus dem Haus gekommen war. Zur gewohnten Zeit, gegen 16 Uhr, wurde sie wach. Womöglich wollte sie sich gerade noch einmal ausstrecken und dann aufstehen. Da klingelte es. Da sie niemanden erwartete, erhob sie sich erstaunt und blickte durch den Spion an der Korridortür. Sie erkannte ihre etwa 45jährige Mitbewohnerin aus der Etage unter ihr, zu der sie, wie alle anderem im Haus auch, kaum Kontakte pflegte. Bisher war sie der unerwarteten Besucherin weitgehend aus dem Weg gegangen, weil diese mitunter launisch war und manchmal grundlos herumschimpfte. Aber vielleicht brauchte sie jetzt Hilfe, wollte sich etwas leihen oder etwas fragen? Frau S. öffnete die aus Sicherheitsgründen stets verschlossene Korridortür und wollte die Nachbarin gerade fragen, was los sei, da drang diese mit einem Rasiermesser auf sie ein und schrie: »Das sollen Sie mir büßen!« Sie packte die Ahnungslose mit der linken Hand an den Haaren und schnitt ihr mit der rechten Hand, in der sie das aufgeklappte Rasiermesser hielt, die Kehle durch. Beim Zurückweichen brach Frau S. am Ende des Flurs zusammen. Blut spritzte im Rhythmus des Herzschlags aus der großen Wunde bis zur Decke. Auch die Täterin wurde davon getroffen, sodass sie kaum etwas sehen konnte. Sie wischte sich mit dem Handrücken das Blut aus dem Gesicht. Als die Täterin die alte Frau stark blutend vor sich liegen sah, kam ihr der Gedanke, einen Selbstmord vorzutäuschen, Bei mehreren früheren Aufenthalten in einer psychiatrischen Einrichtung hatte sie erfahren, dass sich Selbstmörder bevorzugt die Pulsadern durchschneiden. Deshalb beugte sie sich nieder und brachte der Sterbenden an jedem Handgelenk einen tiefen Schnitt bei. Anschließend verließ sie die Wohnung und ging zurück in ihre eigenen Räume. Da sie sich mit einer Freundin in der Stadt treffen wollte, musste sie sich erst von dem Blut reinigen und auch die Kleidung wechseln. Danach verließ sie das Haus und sah, als sie aus der Haustür trat, ein kleines Mädchen aus einem Fenster in der ersten Etage des gegenüberliegenden Hauses herausschauen. Plötzlich schoss ihr der Gedanke durch den Kopf: »Das Kind hat alles gesehen. Es wird dich verraten. Du musst es auf jeden Fall beseitigen.« Diese Annahme entbehrte jeder Grundlage, weil das Fenster, aus dem das Kind auf die Straße blickte, viel tiefer lag, als die Tatwohnung. Außerdem befanden sich deren Fenster auf der Rückseite des Hauses, sodass das Kind gar nichts gesehen haben konnte. Dennoch setzte sich der einmal gefasste Gedanke bei ihr als Wahngebilde geradezu zwanghaft fest. Die Unmöglichkeit ihrer Annahme war ihr auch später nicht klarzumachen. Die Frau begab sich in das gegenüberliegende Haus und klingelte an der Wohnungstür. Das Kind öffnete ahnungslos, wurde von der Frau in die Wohnung gedrängt, gepackt und durch einen Halsschnitt getötet. Wiederum verfiel die Täterin auf die Idee, einen Selbstmord vorzutäuschen. Sie brachte auch dem zweiten Opfer tiefe Schnitte an beiden Handgelenken bei, wobei die eine Hand fast abgetrennt wurde und nur noch an einer Hautbrücke hing. Doch dann glaubte sie, dass es besser ist, die Leiche zu verstecken, damit die Mutter denken sollte, das Kind sei weggelaufen. Um den toten Körper nicht
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