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Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Titel: Ermittler in Weiß - Tote sagen aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgan Dürwald
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auf, dass der Bewusstlose eine stark blutende Platzwunde am Hinterkopf hatte. Er bettete ihn auf eine Decke, fuhr in die nächste Ortschaft und verständigte die Polizei und einen Arzt. Beide trafen auch nach kurzer Zeit am Fundort des Verletzten ein. Der Verunglückte wurde in das nächste Krankenhaus gebracht. Trotz sofortiger ärztlicher Versorgung verstarb er noch am gleichen Tag, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Seine Identität war inzwischen geklärt. Es handelte sich um den Nachtwächter aus einem benachbarten Werk, der sich offenbar mit seinem Fahrrad auf dem Heimweg befunden hatte. Die Beschädigungen am Fahrrad ließen den Schluss zu, dass er von einem Kraftfahrzeug von hinten angefahren worden war. Die gerichtliche Leichenöffnung bestätigte diese Vermutung. Es fanden sich Verletzungen am Rücken und am Hinterkopf, offenbar Anfahrverletzungen. Nach der Klärung der Todesursache und des ungefähren Unfallablaufs musste das Fahrzeug gefunden werden, das diesen Unfall verursacht und dessen Fahrer dann Unfallflucht begangen hatte. Die Art der Beschädigung am Fahrrad und auch die Beschaffenheit der Rückenverletzungen ließen zunächst vermuten, dass es sich um einen kleineren Lkw handeln musste. Leider waren am Fahrrad und auch an der Kleidung keine Spuren vorhanden, die nähere Hinweise auf die Art und Farbe des Fahrzeugs gegeben hätten. Bei der Sektion wurde natürlich auch die Platzwunde am Hinterkopf genau untersucht. Dabei fiel eine schwärzliche Verfärbung am Wundgrund auf, die dem Schädelknochen an haftete und die wir bei der ersten Betrachtung zunächst für Ölverschmutzungen hielten. Diese Spur wurde gesichert und sowohl mikroskopisch als auch chemisch untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass es sich nicht um Öl, sondern um Farbe handelte, der noch die darunter liegende Spachtelmasse anhaftete. Die Farbe war nicht schwarz, sondern dunkelgrün. Damit waren wir schon einen großen Schritt weiter. Wir wussten nun, welche Farbe das Unfallfahrzeug hatte. Die genaue Untersuchung des Mantels des Verstorbenen mit Hilfe eines Stereomikroskops zeigte uns im Rückenbereich winzige Glassplitter, die in das Textilgewebe eingepresst waren und offenbar von einem Autoscheinwerfer stammten. Am linken Ärmel waren seitlich einige Schmutzauflagerungen zu erkennen, die nun auch mikroskopisch untersucht wurden. Die Art der Einpressung in das Textilgewebe und die Partikelgröße wiesen auch diesen Bezirk als Anfahrstelle aus. Die Zusammen-setzung der Schmutz- bzw. Sandteilchen ließ auf eine ganz besondere Erde schließen, die nach an Ort und Stelle eingeholten Erkundigungen nur aus einer ganz bestimmten, in der Nähe gelegenen Kiesgrube stammen konnten. Da sich auch die Unfallzeit einigermaßen genau bestimmen ließ, musste nur geklärt werden, ob und welche Fahrzeuge zum entsprechenden Zeitpunkt in der Kiesgrube waren. Das zu klären, lief auf polizeiliche Routinearbeit hinaus. Noch am Sterbetag des Unfallopfers konnte der Unfallwagen ermittelt und der Fahrer verhört werden. Nach anfänglichem Leugnen gab er den Unfall zu. Er hatte in der Dunkelheit den Radfahrer übersehen und ihn von hinten angefahren. Der Fahrer sagte weiter aus, dass er gehalten und nach dem Verletzten gesehen habe. Weil dieser sich aber nicht rührte, hielt er ihn für tot. Da er befürchtete, noch Restalkohol vom Vorabend im Blut zu haben, sei er weitergefahren. Die Splitter des zerbrochenen rechten Scheinwerferglases habe er aufgelesen und mitgenommen. Das Glas habe er dann selber ausgewechselt und gehofft, nicht als Unfallverursacher ermittelt werden zu können. Diese beiden Fälle aus meiner Frühzeit als Gerichtsmediziner belegen die große Bedeutung von Kenntnissen in der Spurenkunde. Das Schwergewicht meiner täglichen Arbeit lag aber weiterhin in der Sektionstätigkeit, die nahezu jeden Tag den Einsatz im gesamten Thüringer Raum erforderte. Es handelte sich immer wieder um unklare und vor allem nicht natürliche Todesfälle, bei denen im Auftrag der Staatsanwaltschaft eine Sektion durchgeführt wurde. Tötungsdelikte waren in der damaligen Zeit relativ selten. Unfälle und Selbstmorde sowie plötzliche und unerwartete Todesfälle, hinter denen sich auch einmal ein Tötungsdelikt verbergen konnte, machten den Hauptanteil der Sektionen aus. Vor allem Unfälle spielten eine große Rolle. Und stets war neben der Schuldfrage auch zu klären, ob tatsächlich ein Unfall vorlag oder ob sich nicht doch ein Mord oder

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