Ermittler in Weiß - Tote sagen aus
Selbstmord dahinter verbarg. Der Gerichtsmediziner kommt nicht umhin, bei nahezu allen nicht natürlichen Todesarten immer alle drei Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Dabei standen nicht immer gut ausgerüstete Sektionsräume zur Verfügung. In vielen Fällen wurde in einfachen Leichenhallen auf den Friedhöfen seziert. Fließendes Wasser war keineswegs immer vorhanden. Im Winter tauten wir mitunter Schnee auf, um überhaupt Wasser zu haben. Da viele Räume nicht heizbar waren, führten wir stets Brennspiritus mit, den wir in einer Porzellanschale verbrannten, um uns daran bei Kälte wenigstens die Hände wärmen zu können. Ich erinnere mich noch an eine Sektion, die einen Tag vor Weihnachten in einem kleinen Ort in Nordthüringen in einer Feierhalle auf dem Friedhof durchgeführt wurde. Dort war kein Stromanschluss vorhanden. Die Sektion wurde bei Kerzenlicht begonnen, aber die schlechte Beleuchtung machte eine Beurteilung der Organe unmöglich. Kurzerhand fuhren die Kriminalisten ihren Einsatzwagen, einen Pkw F 9, in die Halle, sodass wir im Scheinwerferlicht sezieren konnten. Die größte Schwierigkeit bestand danach dann darin, das Auto wieder ohne Schaden aus der Halle heraus und die Treppen herunter zu bekommen. In einem anderen Fall mussten wir eine Sektion im Grenzgebiet unmittelbar im so genannten 500-Meter-Streifen durchführen. Einen Friedhof oder eine Leichenhalle gab es in diesem kleinen Ort nicht. Also musste der Bürgermeister trotz des heftigen Protestes seiner Frau sein Waschhaus zur Verfügung stellen, wobei die Sektion auf einer ausgehängten Tür stattfand. Die Kunst der Improvisation gehörte damals zu unserem täglich Brot.
Kapitel 2
Leid und Tod auf Straßen und Schienen
Verkehrsunfälle im Straßenverkehr, denen wir uns zuerst widmen wollen, spielten in der damaligen Zeit trotz der vergleichsweise geringen Verkehrsdichte eine zahlenmäßig bedeutsame Rolle. Zwar wurde nicht jeder tödliche Verkehrsunfall obduziert, aber in all den Fällen, bei denen ein Unfall schuldhaft verursacht worden war und dann, wenn die Schuldfrage nicht eindeutig geklärt werden konnte, wurde eine gerichtliche Sektion angeordnet. Der technische Zustand der alten Fahrzeuge war nicht immer der beste, Reifen waren häufig völlig abgefahren, da es kaum neue gab. Und die Straßen befanden sich ebenfalls nicht selten in einem miserablen Zustand. Wenn sich die meisten Verkehrsunfälle auch durch einen technischen Defekt oder menschliches Versagen erklären ließen, so musste auch hier immer an Mord oder Selbstmord gedacht werden. Und in einigen Fällen traten auch überraschende Ergebnisse zutage, wie die folgenden Beispiele zeigen sollen.
Schwierige Suche nach dem Unfallfahrzeug
Es war im Spätherbst. Die Dunkelheit brach früh herein. Ein unfreundlicher Tag, das Wetter entsprach mit Regenschauern und Nebelschwaden der Jahreszeit, sodass die Sicht auf der Straße zeitweilig erheblich beeinträchtigt war. Im Wismutgebiet fuhr ein Lastkraftwagen Material zum Schacht. Der Fahrer starrte angestrengt nach vorn. Immer wieder wurde die Sicht durch Nebelschwaden eingeschränkt. Eigentlich hätte er die Geschwindigkeit drosseln müssen, aber hier galt: Zeit ist Geld. Und zudem: was sollte in diesem ver-kehrsarmen Betriebsgelände schon auf der Straße sein? Der Fahrer holte eine Zigarette aus der Schachtel und bot seinem Beifahrer ebenfalls eine an. Dankend nahm dieser einen Grimmstengel, holte sein Feuerzeug hervor, gab seinem Kollegen Feuer und zündete sich dann selbst seine Zigarette an. Plötzlich ein lauter Knall; der Fahrer trat heftig auf die Bremse und rief: »Da liegt doch etwas auf der Straße. Sieht aus wie ein Fahrrad. Und da am Rand, das könnte ein Mensch sein.« Der Beifahrer, durch die Flamme des Feuerzeugs zunächst etwas geblendet, schaute genauer hin und bestätigte die Vermutung des Fahrers. Dieser hielt an, beide stiegen aus und liefen zu dem am Boden Liegenden. Tatsächlich lag ein Mann in Arbeitskleidung auf der Straße. Er atmete noch und stöhnte leise, war aber nicht ansprechbar. Hier musste sofort ärztliche Hilfe her. Am besten, der Verunglückte würde sofort ins Krankenhaus gebracht. Beide luden den Bewusstlosen vorsichtig auf die Ladefläche und legten ihn dort auf Decken. Der Beifahrer blieb neben ihm sitzen. Vorsichtig fuhr der Lkw zum Krankenhaus und lieferte den Verletzten ein. Dort wurde sofort alles für die notwendige Operation vorbereitet und gleichzeitig die
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