Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
die Stadt und bringt sich dabei in Lebensgefahr«, sagte Oberst Bechmann und erklärte ihnen, dass junge Menschen so etwas halt machten. »In dem Alter sind sie immer wild«, sagte sie und klang plötzlich mehr wie eine Achtzigjährige als eine Frau in den Vierzigern, als sie erklärte, dass die Armee bei sowas natürlich streng vorgehe und dass es gegen die Regeln der Kaserne verstieße, die jungen Leute es aber in ihrer Freizeit täten. Auch sie war der Meinung, dass das nicht in Ordnung sei, ganz und gar nicht in Ordnung, aber Jungs seien nun einmal Jungs. Dann teilte sie ihnen ganz im Vertrauen mit, das auch sie manchmal ihrer Wut einfach Luft verschaffen musste.
»Wir glauben allerdings, dass es sich um etwas mehr als nur um Jungenstreiche handelt«, sagte Liv.
»Nun gut. Und warum?«
»Wir sind der Meinung, dass Adamsen von einem anderen Auto gejagt wurde«, antwortete Anette.
»Außerdem steht er auf unserer Liste der Verdächtigen ganz oben«, sagte Liv und bezog sich damit auf die Aussage der Frau Oberst, die gesagt hatte, sie wäre zu einer Zusammenarbeit in dem ihr zur Verfügung stehenden Rahmen bereit, sollte sich zeigen, dass einer ihrer Soldaten auf die Liste der Verdächtigen rückte.
Oberst Bechmann lehnte sich vor, setzte erneut ihre Lesebrille auf und nahm das Foto in die Hand.
»Wirklich? Adamsen?«
Liv erklärte, dass sie in dem Unfallauto die Waffe gefunden hatten, mit der die Leiche im Nahkampfhaus zerstückelt worden war.
Jetzt hatte sie die ungeteilte Aufmerksamkeit des Obersts.
»Ich muss sagen, das überrascht mich.«
Oberst Bechmann schaute auf das Foto und betonte erneut, wie schockiert sie sei, das zu hören.
Liv legte ein Stück Papier auf den Tisch und erklärte, dass es sich um einen richterlichen Beschluss handelte.
»Wir müssen seinen Schlafplatz und seinen Schrank durchsuchen.«
Oberst Bechmann nickte ernst und sagte, das sei selbstverständlich und wenn es etwas gäbe, mit dem sie behilflich sein könne, sollten sie es nur sagen.
Anette antwortete, dass sie ein paar Fragen zu Jacob Adamsen hatten, die sie ihr gerne stellen würden.
»Was können Sie uns über ihn erzählen?«
Merete Bechmann nahm die Brille ab und schüttelte bedauernd den Kopf, während sie ihnen erklärte, dass sie nicht viel über ihn wüsste. »Er geht seit einem halben Jahr hier auf die Schule. Hat unmittelbar nach seiner Rückkehr von seinem Auslandseinsatz damit angefangen«, sagte sie und fügte kleinlaut hinzu: »Das ist dann auch schon alles.«
Liv fragte, wo er Dienst geleistet hatte, und erhielt die Information, dass er in Afghanistan gewesen war. In Helmand.
»Ist er zuvor bereits bei einem Auslandseinsatz gewesen?«
»Nein.«
»Nie in Afrika?«, fragte Anette und erntete einen verwunderten Blick von Oberst Bechmann.
»Nein.«
Liv fragte, wie lange er in Afghanistan gewesen sei.
Merete Bechmann erklärte, dass sie die genauen Details seines speziellen Auslandseinsatzes nicht kenne, die Soldaten aber normalerweise nur für ein halbes Jahr weg seien.
Konnte es sein, dass während dieses Einsatzes etwas passiert war, das seine Kameraden dazu veranlasst hatte, sich an ihm zu rächen oder ihn zu bestrafen, überlegte Liv, während ihr Blick über die vielen Fotos von Oberst Bechmann in den verschiedenen Regimentern glitt. Nicht ein einziges zeigte sie bei einem Auslandseinsatz.
»Sie waren nie bei einem Auslandseinsatz?«
Das Gesicht der Frau Oberst erstarrte für eine Sekunde in einem Lächeln, und die Hände verließen ihre ruhige Stellung auf dem Tisch, als sie sich mit einer Hand durch den braunen Bubikopf fuhr.
»Daraus ist nie etwas geworden, nein. Aus Rücksicht auf meine Familie.«
»Wie haben Sie es dann in der Hierarchie so weit nach oben geschafft? Ist das möglich, ohne im Ausland gewesen zu sein?«
»Ja, das ist es. Auf der Karriereleiter ist es selbstverständlich hilfreich, im Ausland gewesen zu sein, aber zwingend nötig ist es nicht.«
Liv betrachtete sie.
»Was passiert mit den Soldaten, wenn sie nach Hause kommen? Welche Maßnahmen werden veranlasst, um ihnen zu helfen, diese Erfahrungen hinter sich zu lassen?«, fragte sie dann.
Oberst Bechmann erklärte, dass noch am gleichen Tag Krisenpsychologen hinzugezogen wurden, wenn sie einen Kameraden verloren hatten, und sie eine Therapie im Institut für Militärpsychologie durchliefen. Sie wusste aber nicht mit Sicherheit, ob Jacob das vor Beginn der Unteroffiziersschule im August gemacht hatte.
»Das war
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