Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ernest Hemingway

Ernest Hemingway

Titel: Ernest Hemingway Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
Zeit, wenn man das Radio abstellen mußte, kam Oberschwester Cecilia herein.
    «Wie geht es Cayetano, Schwester Cecilia?» fragte Mr. Frazer.
    «Ach, es geht ihm sehr schlecht.»
    «Phantasiert er?»
    «Nein, aber ich fürchte, daß er sterben wird.»
    «Wie geht es Ihnen?»
    «Ich mache mir seinetwegen große Sorgen, und wissen Sie, daß überhaupt niemand da gewesen ist, um ihn zu besuchen? Er könnte glatt wie ein Hund verrecken, was die Mexikaner anlangt. Sie sind wirklich schrecklich.»
    «Wollen Sie heute nachmittag heraufkommen und das Spiel mitanhören?»
    «O nein», sagte sie, «ich würde mich zu sehr aufregen. Ich werde in der Kapelle sein und beten.»
    «Man müßte es recht gut hören können», sagte Mr. Frazer. «Sie spielen draußen an der Küste, und durch den Zeitunterschied wird es spät genug sein, um einen guten Empfang zu haben.»
    «Ach nein, ich könnte es einfach nicht. Bei den Meisterschaften bin ich beinahe umgekommen. Als die Athletics am Schlag waren, hab ich ganz laut gebetet: ‹O Herr, lenke ihren Schlag. O Herr, möge er treffen! O Herr, möge er richtig treffen!› Dann, als sie im dritten Spiel im Mal waren – erinnern Sie sich? –, war es zuviel für mich. ‹O Herr, möge er ihn aus dem Spielfeld schlagen! O Herr, laß ihn glatt weg über die Einzäunung schlagen!› Und dann, wissen Sie, als die Cardinais an den Schlag kamen, war es einfach schrecklich. ‹O Herr, laß sie nicht sehen! O Herr, laß sie nicht einen Schimmer sehen! O Herr, mögen sie danebenhauen!› Und dies Spiel ist ja sogar noch schlimmer. Es ist Notre Dame. Unsere Liebe Frau. Nein, ich werde in der Kapelle sein. Für Unsere Liebe Frau. Sie spielen für Unsere Liebe Frau. Ich wünschte, Sie würden mal irgend etwas für Unsere Liebe Frau schreiben. Sie könnten es. Sie wissen, daß Sie es könnten, Mr. Frazer.»
    «Ich weiß nichts von ihr, über das ich schreiben könnte. Das meiste ist bereits geschrieben», sagte Mr. Frazer. «Sie würden meine Art zu schreiben nicht mögen. Und Sie würde es ebenfalls nicht mögen.»
    «Irgendwann werden Sie mal über sie schreiben», sagte die Oberschwester. «Ich weiß, Sie werden. Sie müssen über Unsere Liebe Frau schreiben.»
    «Sie sollten wirklich kommen und sich das Spiel mitanhören.»
    «Es würde über meine Kräfte gehen. Nein, ich werde in der Kapelle sein und tun, was ich kann.»
    An jenem Nachmittag hatten sie etwa fünf Minuten lang gespielt, als eine Novize ins Zimmer kam und sagte: «Die Oberschwester Cecilia möchte gern wissen, wie das Spiel steht.»
    «Sagen Sie ihr, daß sie bereits einen Versuch erzielt haben.»
    Ein klein wenig später kam die Novize wieder ins Zimmer.
    «Sagen Sie ihr, daß sie sie einfach überrennen», sagte Mr. Frazer.
    Ein bißchen später klingelte er nach der Schwester, die Etagendienst hatte. «Würden Sie bitte zur Kapelle hinuntergehen, oder jemanden zu Schwester Cecilia hinunterschicken, und ihr sagen, daß Notre Dame sie am Schluß des ersten Spielviertels vierzehn zu null hat und daß alles in Ordnung geht. Sie kann aufhören zu beten.»
    Ein paar Minuten später kam Schwester Cecilia ins Zimmer. Sie war sehr aufgeregt. «Was bedeutet vierzehn zu null? Ich verstehe nichts von diesem Spiel. Damit würden sie bei Baseball gut in Führung liegen. Aber von Football verstehe ich nichts. Vielleicht besagt es überhaupt nichts. Ich werde sofort wieder in die Kapelle hinuntergehen und beten, bis es vorbei ist.»
    «Sie haben sie in der Tasche», sagte Mr. Frazer. «Auf mein Wort. Bleiben Sie und hören Sie mit zu.»
    «Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein», sagte sie. «Ich will sofort wieder in die Kapelle hinuntergehen, um zu beten.»
    Mr. Frazer schickte jedesmal eine Botschaft hinunter, wenn Notre Dame weitere Punkte erzielte, und schließlich, als es schon lange dunkel war, das Endergebnis.
    «Wie geht’s Schwester Cecilia?»
    «Sie sind alle in der Kapelle», sagte die Novize.
    Am nächsten Morgen kam Schwester Cecilia herein. Sie war sehr zufrieden und zuversichtlich.
    «Ich wußte es, sie konnten Unsere Liebe Frau nicht schlagen», sagte sie. «Sie konnten nicht. Cayetano geht es auch besser. Es geht ihm viel besser. Er wird Besuch bekommen. Er kann noch niemanden sprechen, aber sie werden kommen, und dadurch wird er sich wohler fühlen; er wird wissen, daß er von seinen eigenen Leuten nicht vergessen ist. Ich war unten und hab den jungen O’Brien auf der Polizeiwache gesprochen und ihm gesagt, daß er

Weitere Kostenlose Bücher