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Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
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etwas nach seinem Geschmack.
    »Na, wie wär’s mit einer Runde Riverboat, Herr Langhammer?«
    »Aber immer, mein Guter!«
    Nachdem er den Doktor davon hatte überzeugen können, dass es besser sei, keinen Reifen für zwei Personen zu nehmen, standen die beiden schließlich einträchtig vor dem Eingang zur Rutsche.
    »Schönheit vor Alter, Herr Kluftinger.«
    Der Kommissar ließ es langsam angehen in der breiten, flachen Röhre und fand Gefallen am Riverboat-Fahren. Bis von hinten Langhammer mit einem dumpfen Schlag auf ihn prallte. Wahrscheinlich hatte er den nötigen Sicherheitsabstand beim Starten nicht eingehalten. Der Doktor war als Kind bestimmt einer jener tollen Jungs gewesen, die alles besser, schneller und weiter konnten. Er hätte ihn gehasst.
    »Aus der Bahn«, hatte er tatsächlich gerufen, dann trieben sie Reifen an Reifen auf ein Bassin in der Mitte der Rutsche zu. Mit der Strömung dümpelten sie ein paar Mal im Kreis, bis Langhammer meinte, dass ihm das zu langweilig sei, und mit einem »Juhu« in der Öffnung verschwand.
    Kluftinger wollte ihm nach, doch die Strömung hielt ihn in seiner Ecke fest. Es dauerte mehr als fünf Minuten, bis er schließlich
    – nach zahlreichen Rempeleien pubertierender Badbesucher und höhnischen Blicken von Familienvätern wegen der ungelenken Zuckungen, mit denen er versuchte, ohne Aufstehen den Reifen aus dem Strömungskanal zu rudern – seinen Reifen vor die Öffnung bugsiert hatte, um die Fahrt mit dem »Riverboat« zum erfolgreichen Abschluss zu bringen.
    Gerade noch rechtzeitig, denn unten gesellten sich ihre Frauen wieder zu ihnen. Mit vom Dampfbad leicht geröteten Wangen und aufgekratzt wie Schulmädchen, hakten sie sich bei ihren Männern unter und sagten: »Ab in die Sauna«. Kluftinger wurde keine Verschnaufpause gegönnt.
    Der Saunabereich war sehr ansprechend gestaltet: Wie in einem römischen Bad blitzten überall marmorne Säulen und Rundbögen, an den Wänden prangten steinerne Früchte-Reliefs. Doch Kluftinger hatte dafür keine Augen, seine Gedanken kreisten nur um die ihm bevorstehende Entkleidung. Sie hatten die »Schleuse«, den Bereich, ab dem keine Kleidung mehr erlaubt war, noch nicht recht betreten, da hatte sich Langhammer seiner Hose schon entledigt. Die beiden Frauen taten es ihm gleich, wobei Erika sich dann wieder ihr Handtuch umband. Kluftinger, der sich mit einigen Verrenkungen gleichzeitig in sein Handtuch einwickelte und die Badehose auszog, brauchte etwas länger.
    Als er nackt, nicht mehr ganz so, wie Gott ihn geschaffen hatte, aber doch mit dem, was er in den Jahren aus diesem Rohmaterial gemacht hatte, bei den anderen stand, sog Langhammer laut vernehmbar die Luft ein und sagte: »Ah, riechen Sie das? Die frischen Aufgüsse? Herrlich!«
    Bei diesen Worten streckte und reckte er sich wohlig und völlig ungeniert.
    Aha, Exhibitionist ist er also auch noch, dachte Kluftinger. Am liebsten hätte er Erika ermahnt, da doch bitteschön nicht hinzusehen.
    »So, Männer, auf geht’s, im Saunahaus ist bestimmt noch Platz«, rief Annegret voller Vorfreude und lief mit ihrem Mann voraus, wobei beide ihr Handtuch über dem Arm trugen.
    Kluftinger hatte alle Mühe, nicht auf ihre munter wackelnden Hinterteile zu schauen.
    »Und, g’fällt’s dir auch ein bissle?«, fragte ihn seine Frau, deren sonst vertraute Nacktheit ihm in dieser Umgebung seltsam fremd vorkam. Er wusste, wie wichtig ihr dieser Abend war, und schwindelte deswegen: »Ja, sehr stilvoll, wirklich.«
    Es würde sicher ausreichen, wenn er ihr mit etwas zeitlichem Abstand zu Hause erzählte, was er wirklich von diesem Ambiente hielt.
    Als sie die Tür zum Saunahaus aufstießen, zweifelte er allerdings, ob er diesen Vorsatz würde halten können: Der Anblick, der sich ihm bot, hatte nichts mit intimer Saunaatmosphäre zu tun. Er erinnerte eher an einen dieser Mafiafilme, bei denen dutzende schwitzender Schwergewichte und junge, knackige Frauen in eine Dampfwolke gehüllt über krumme Geschäfte plauderten. Na ja, bis auf die knackigen Frauen vielleicht. Immerhin kam sich Kluftinger nun nicht mehr so dick vor wie noch vor einer halben Stunde. Er beschloss, einmal genauer darüber nachzudenken, warum die unförmigsten Menschen oft das größte Bedürfnis hatten, alle Hüllen fallen zu lassen.
    »Fünfzig Plätze haben die hier«, flüsterte ihm Langhammer von hinten ins Ohr und sein Atem brannte so heiß in Kluftingers Nakken, dass er unwillkürlich einen Schritt nach vorne

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