Erntedank
feststellen, dass sich die Aura des Raumes merklich verändert hat. Sie merken geradezu, wie die ›Luftvitamine‹, also die Mineral- und Vitalstoffe, ausströmen«, platzte es aus ihm heraus: »Erika, die musst du kaufen. Sofort! Du jammerst doch immer, dass nach einem Kässpatzen-Essen unsere Raum-Aura so gestört ist.«
Seine Frau warf ihm einen strengen Blick zu. Offenbar schien sie darüber nachzudenken, ob sie ihm antworten sollte oder nicht. Die Entscheidung wurde ihr von Annegret abgenommen: »Wir haben so eine Lampe im Schlafzimmer stehen und es funktioniert wirklich. Ich wollte es zuerst auch nicht glauben. Und gerade mein Martin, der immer gleich nach wissenschaftlichen Beweisen fragt, war skeptisch und das Erste, was er jetzt macht, wenn er ins Schlafzimmer geht, ist, die Lampe einzuschalten.«
Kluftinger wollte sich gar nicht vorstellen, was die Aussage »schlechte Aura« in Bezug auf Langhammers Schlafzimmer bedeuten mochte.
»Ja, die Heike und die Gertraud schwärmen doch auch so davon«, meldete sich nun auch seine Frau zu Wort.
Ehe sichs Kluftinger versah, waren die beide Frauen in ein Gespräch über Auren, Salzkristalle und Energiefluss-Steine vertieft. Eine Weile hörte er mit ungläubigem Staunen zu, denn die beiden waren von derlei Produkten scheinbar ähnlich begeistert wie Francesco und die »liebe Heidi«, die eben vermeldeten, dass die Salzkristalllampe nur noch »komplett begrenzt« vorrätig sei. Zwei Worte, die auch ganz gut zum Auftreten der beiden Moderatoren gepasst hätten, fand er.
Plötzlich blickten alle auf den Bildschirm, weil Heidi ihrer Begeisterung gerade so lautstark Ausdruck verlieh, dass sie glaubten, ihr sei etwas zugestoßen. Francesco hatte ihr eine Glasschale gezeigt, in der eine Lampe installiert war, die mit »sensationellen Grapefruitcalcitspitzen« angefüllt war, die im Licht schwach grünlich leuchteten. Francesco gab daraufhin zum Besten, dass es sich hier um »richtig viel Steine« handle, um ein ganzes Kilo Steine, die Jahrmillionen alt seien und die man nur in Brasilien in einer kleinen Urwaldmine finde. Dort würden Ureinwohner, die natürlich sensationell bezahlt seien, die Steine von Hand beschlagen und dann noch mit Sodalithen abpolieren. Er habe aus diesem Stein seinen Eltern einen Knauf für deren Haustür gemacht und das sei ein absoluter Hingucker. Man nenne den Stein auch »Gold von Brasilien«, im Gegensatz zum »Gold von Mexiko«, denn das sei der Honigcalcit. Heidis Erregung steigerte sich derweil zur Ekstase, da sie einen Einschluss in einem Edelstein entdeckt hatte, und das sei ja ein absolut »einmaliges Unikat«.
»Jetzt hört doch mal zu, ganz im Ernst.« Kluftinger hatte sich entschieden, es – entgegen seiner Erfahrung – mit Logik zu versuchen. »Wie soll denn eine Lampe, ich wiederhole, eine Lampe, eine Aura beeinflussen und wie sollen in der Luft Vitamine rumschwirren … «
Er fand, dass er ziemlich überzeugend geklungen hatte, auch wenn er sich nicht ganz sicher war, was genau eine Aura war.
»Also weißt du, das sind eben Dinge, die wir nicht mit unserem Verstand erfassen können«, wandte seine Frau ein und erntete von ihrer Freundin heftiges Kopfnicken.
Kluftinger fühlte sich wieder an die Diskussion von vor drei Tagen erinnert, als sie am Ort der Kraft vorbei gefahren waren. Er wollte seinen Zynismus diesmal etwas zügeln, auch wenn es ihm bei diesem Thema extrem schwer fiel.
»Na, gut«, lenkte er ein, »es gibt Dinge, die wir uns nicht erklären können. Aber die kommen aus der Natur und nicht vom Shoppingsender.«
Das hatte gesessen. Die beiden Frauen sahen sich etwas ratlos an und Kluftinger lehnte sich zufrieden zurück. Francesco hatte inzwischen eine kleine Plexiglas-Pyramide in der Hand und erklärte Heidi, dass man darunter sogar Messer über Nacht schärfen könne. Heidi schien auch überzeugt davon, dass sie aus schlechtem, sauren Wein einen Bordeaux machen würde, wenn man sie nur lange genug über die Flasche stelle.
Bevor Kluftinger seine Zweifel anmelden konnte, sagte Annegret: »Dass die Pyramiden mit unerklärlichen Phänomenen verbunden sind, daran zweifelt ja heute nicht einmal mehr die Wissenschaft. Die großen Pyramiden sind vermutlich nach dem Sternbild des Orion ausgerichtet. Und die Grabkammern sind an ganz genau berechneten Orten innerhalb dieser Pyramiden gelegt. Das muss ja irgendeinen Grund haben.«
Kluftinger dachte nach. Davon hatte er auch schon gehört. Allerdings fiel es ihm
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