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Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
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machte.
    »Schauen Sie, Herr Hauptkommissar, Sie hatten mich gefragt, ob Gernot Feinde gehabt hat, und ich habe mir darüber so meine Gedanken gemacht.« Sie legte ihm eine handgeschriebene Liste hin und fuhr fort: »Das sind vierzehn Personen, die möglicherweise für den Mord in Frage kämen.«
    Noch bevor Kluftinger in irgendeiner Weise seinem großen Erstaunen Ausdruck verleihen konnte, redete sie weiter: »Ich habe bei jeder Person hingeschrieben, welches Motiv er oder sie haben könnte. Schauen Sie, der erste zum Beispiel, der ist Parteivorsitzender der gegnerischen Partei meines Mannes und der wollte auch verhindern, dass mein Mann für den Gemeinderat kandidiert. Dann wäre da unser Nachbar, dem wir die Unterschrift für einen Anbau, der direkt auf unserer Grundstücksgrenze gestanden hätte, verweigert haben. Dann haben wir da noch … «
    »Frau Sutter«, versuchte Kluftinger den Redefluss der Frau zu bremsen, »das sind sicher Gründe, weshalb man auf jemanden eine rechte Wut hat oder jemandem böse ist, aber für einen Mord?«
    »Man weiß doch nie, was in Menschen vorgeht«, warf Sophie Sutter ein und redete weiter von Vereinskollegen, die immer wieder beim Tennis unterlegen waren, vom bald achtzigjährigen Großonkel des Opfers, mit dem es Streitigkeiten über ein Grundstück gegeben hatte, das in gemeinsamem Familienbesitz war.
    Offenbar war mit Frau Sutter etwas die Miss Marple durchgegangen. Er revidierte sein Urteil über ihren Spürsinn. Aber er kannte dieses Phänomen: Hinterbliebene von Mordopfern sahen bis zur Klärung des Falls oft in allen und jedem einen potenziellen Mörder. Nicht selten endete das in einer ausgewachsenen Paranoia.
    Kluftinger versuchte deswegen, Verständnis zu zeigen: »Frau Sutter, wir werden diesen Hinweisen natürlich nachgehen, aber … « Mitten in dieses schwierige »aber«, das deutlich, aber nicht verletzend, das professionell, aber nicht überheblich klingen sollte, mitten in diese psychologisch schwierige Konjunktion platzte Maier, der kurz anklopfte und dann sofort gleichsam mit der Tür ins Zimmer fiel. Kluftinger warf ihm einen kurzen, bösen Blick zu und gab ihm zu verstehen, dass, was immer er wollte, es nicht so wichtig sein konnte, dass es eine Störung in diesem Moment rechtfertigte.
    »Aber … es wird wahrscheinlich … «, fuhr Kluftinger fort und ließ Maier einfach links liegen.
    Maier blieb aber im Zimmer und machte wilde Gesten in Kluftingers Richtung und hampelte dabei ungeduldig von einem Bein auf das andere. Offenbar wollte er seinen Vorgesetzten allein sprechen.
    »Nun ja, wahrscheinlich werden wir bei diesen Verdächtigen nicht allzu viel Erfolg haben, denn das sind nicht gerade die klassischen Mordmotive. Aber herzlichen Dank für Ihre Mühe, Frau Sutter. Sie haben uns bestimmt weitergeholfen.«
    Maier hatte nun begonnen, mit den Fingern zu schnippen und seltsam zu zischen: »Psst« und »Gssst« und ein undefinierbares Pfeifen presste er zwischen den Lippen hervor, so dass sich nun auch Sophie Sutter zu ihm umdrehte. Kluftinger jedoch beachtete ihn nicht, und da Maier sich nicht traute, seinen Chef zu unterbrechen und sich dadurch womöglich einen weiteren Rüffel eines Vorgesetzten einzufangen, zog er schließlich nach einer weiteren Minute Zischen und Schnalzen mit hängenden Schultern ab.
    Kluftinger seufzte und zuckte seiner Zeugin gegenüber entschuldigend mit den Achseln. Er wollte sie gerade über das Verhältnis des Opfers zu seinen Schwiegereltern befragen, als das Telefon klingelte. Auf dem Display stand die Nummer von Maiers Apparat.
    Der Kommissar hob erbost ab und bevor sein Gesprächspartner irgend etwas sagen konnte, zischte Kluftinger in den Hörer: »Kreuzkruzifix, Maier, jetzt nicht. Hab ich mich klar genug ausgedrückt?«
    Mit lautem Krachen landete der Telefonhörer wieder auf der Gabel.
    »Entschuldigung, Frau Sutter, mein Personal hat manchmal … «, sagte Kluftinger und fand selbst, dass er dabei wie ein Firmenchef im Kaiserreich klang.
    »Sie sagen also, Ihr Mann hat sich gut mit Ihren Eltern und Ihrer Familie verstanden?«, nahm er das Gespräch wieder auf.
    »Ja, und alle akzeptierten und mochten ihn ohne Vorbehalte.«
    »Haben Ihre Eltern Ihnen beim Hausbau … «
    Ein erneutes Läuten des Telefons unterbrach den Kommissar mitten im Satz. Auf dem Display stand »ISDN Wechsel«, was bedeutete, dass diesmal nicht vom Präsidium, sondern von außerhalb angerufen wurde.
    » … geholfen, das heißt,

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