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Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
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damit, zurück zur Polizeidirektion.
    ***
    Für seine dritte Dienstfahrt an diesem Tag musste der Kommissar wieder auf seinen Passat zurückgreifen. Der blaue Golf, den er am Morgen gefahren hatte, war bereits anderweitig im Einsatz und sonst waren nur noch – nach Kluftingers Auffassung zu auffällige – Streifenwagen verfügbar. Zum Glück war die Tankstelle mit dem billigen Sprit gleich um die Ecke.
    ***
    Wenige Minuten später saß Kluftinger mit Hefele im Wagen und fuhr stadtauswärts. Er hatte seinen Kollegen erst im Auto über den Grund der Dienstfahrt in Kenntnis gesetzt.
    Der Kommissar schob den Heizungsregler seines Autos nach rechts. Ihn fröstelte. Gelb-graue Wolken zogen langsam über den Himmel. Schneewolken. Es war ein kalter, grauer Tag, auch die Luft roch bereits nach dem ersten Schnee. Und das Anfang Oktober. Nun kam wieder die Zeit der langen Unterhosen. Und die dauerte bei Kluftinger normalerweise bis mindestens Ende April. Außerdem würde er wieder Unterhemden tragen müssen. Die Wollsocken, die seine Mutter ihm noch immer regelmäßig strickte, trug er sowieso das ganze Jahr über. Er war überzeugt davon, dass man von reiner Schurwolle keine Schweißfüße bekam. Dass der Geruch aus dem Schuhschrank gerade im Sommer das Gegenteil bewies, ignorierte er einfach. In den nächsten Tagen würde Erika sicher die Wintersachen aus dem alten Kleiderschrank vom Dachboden holen und die Steppdecken gegen die dicken Daunenbetten tauschen.
    Allmählich wurden Kluftingers Beine warm, Hefele jedoch kurbelte nun die Seitenscheibe herunter. Kluftinger sah mit gerunzelter Stirn zu seinem Kollegen hinüber, was der aber nicht registrierte. Der Kommissar stellte deswegen den Heizungsregler auf volle Stärke, was Hefele kurze Zeit später aber mit einem weiteren Öffnen des Fensters quittierte.
    »Könntest du das Fenster zulassen? Ich hab kalte Füße.«
    Hefele konnte zwar die Füße seines Vorgesetzten nicht sehen, ging aber davon aus, dass er wie üblich angezogen war: Entweder mit den Haferlschuhen, die ihre beste Zeit lange hinter sich hatten, oder mit grauen Trekkingschuhen, deren praktische Vorzüge er gern betonte. Sicher aber war sich Hefele, dass darin Füße in Wollsocken steckten.
    »Trotz Wollsocken friert es dich an die Füße?«
    »Ja nicht unten, oben!«
    »Ach so.« Manchmal erschwerte der Allgäuer Dialekt die Kommunikation selbst zwischen den Eingeborenen. Beine gab es nicht: Man unterteilte die Füße traditionell in oben und unten. Und allein der Satzzusammenhang musste klarstellen, welcher Teil der Extremitäten denn nun gemeint war.
    Er schloss sein Fenster ein Stück, ließ aber einen Spalt von etwa zehn Zentimetern offen. »Kannst du’s bitte noch weiter zumachen?«
    Hefele schaute betrübt. Er befand sich in einer Zwickmühle. Er konnte jetzt entweder seinen Chef verärgern, indem er dessen Frieren hartnäckig ignorierte, oder ihn mit einer unangenehmen Wahrheit konfrontieren. Er entschloss sich für die zweite Variante. »Es müffelt ziemlich«, tastete er sich vor.
    »Hoi, ich riech nix«, log Kluftinger.
    Hefele schloss das Fenster um zwei weitere Zentimeter.
    »Wirklich, es riecht sehr streng da herin.«
    »Ich wüsste nicht, nach was.« Kluftinger versuchte abzuwiegeln, Hefele aber verlor allmählich die Scheu.
    »Wie gespie … also … ziemlich säuerlich. Oder süß-säuerlich. Ach Herrgottsack: Es stinkt bestialisch. Ich ertrag den Geruch nicht. Tut mir Leid, ich spei dir sonst noch rein.«
    Eine Weile blieb es still, dann wagte sich Hefele erneut vor: »Wie ist denn das passiert?«
    »Nicht so, wie du jetzt denkst. Das ist nur Sahne, die ist mir ausgelaufen. Und jetzt baut sie sich biologisch ab. Da kann ich auch nichts machen.«
    »Und diese leicht süßliche Note?«
    »Duftbaum Vanille. Man gewöhnt sich dran.«
    Bis zu ihrer Ankunft erörterten sie daraufhin die verschiedenen Möglichkeiten der Geruchsbekämpfung im Auto. Hefele empfahl einen speziellen Kristall, der durch Schwingungen und die Abgabe irgendwelcher Ionen angeblich alle Gerüche zu binden vermochte. Kluftinger nahm einen tiefen Lungenzug Autoluft und verwarf den Gedanken daran nicht nur, weil er den »Schwingungskram« immer mehr verachtete, sondern auch weil er sich sicher war, dass ein Stein gegen diesen Gestank nichts hätte ausrichten können.
    Als sie in dem kleinen Weiler Kaisersmad angekommen waren, standen die Polizisten vor einem Problem: Er bestand aus mehreren Bauernhöfen und ein paar

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