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Erntemord

Erntemord

Titel: Erntemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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Möglichkeit gab, die Tür zu ihren Träumen zu schließen und zu versperren.
    Nur dass …
    Nur dass sie stark befürchtete, dass die Maisfelder vor ihrem inneren Auge gar kein Traum waren, sondern etwas sehr und auf schreckliche Weise Reales.

4. KAPITEL
    Logan Airport war noch nie Jeremys Lieblingsflughafen gewesen, doch ausnahmsweise hatte seine Verbindung nicht nur geklappt, sein Flug war sogar zehn Minuten zu früh angekommen und jemand schien sein Gepäck prompt ausgeladen und auf das Band vor ihm gelegt zu haben. Seine goldene Kreditkarte zauberte bei der Mietwagenfirma ohne Verzögerung seinen reservierten Wagen herbei, sodass er bereits wartete, als Rowenna anrief, um zu sagen, dass sie und ihr Gepäck angekommen waren.
    Ihre Richtungsanweisungen waren klar, und sie erreichten Salem mit so viel Zeit bis zu seinem vereinbarten Treffen mit Brad, dass er ihr anbot, sie nach Hause zu bringen. Sie versicherte ihm jedoch, dass Joe sie später fahren würde. Stattdessen bot sie ihm eine rasche Besichtigungstour der Sehenswürdigkeiten an.
    Er wollte den Friedhof sehen. Nachdem sie ihm einige der wichtigeren verwitterten Gräber gezeigt hatte, ließ sie ihn allein dort herumwandern.
    Der Friedhof befand sich im Zentrum des Touristenviertels. In der Nähe gab es ein paar Museen, und gegenüber befand sich ein Einkaufszentrum. Doch trotz der modernen Umgebung fand er den Friedhof auf faszinierende Weise authentisch.
    Der Ort und vor allem die alten Grabsteine strahlten etwas Ergreifendes aus und gingen einem nah. Er blendete all die Mütter aus, die ihren Kleinkindern hinterherjagten, die Väter, die ihre Kinder ermahnten, den Toten Respekt zu zollen. Im Hintergrund hörte er den leiernden Vortrag eines Touristenführers, der offenbar zum Ende kommen wollte. Jeremy machte ihm keinen Vorwurf. Zu dieser Jahreszeit wurde es früh dunkel, und es war zweifellos an der Zeit, aufzuhören und einen Ort mit solch unheimlichen Assoziationen zu verlassen.
    Vor allem jetzt.
    Die Dämmerung setzte sein.
    Zu sagen, sie legte sich über den Friedhof, wäre falsch. Sie schien sowohl vom Himmel als auch vom Erdboden einzufallen, ein silbriger Schleier, der zwischen den alten Steinen waberte.
    Als sein Flugzeug gelandet war, hatte ihn ein schöner New-England-Herbsttag mit einer AußerHausgewöhnlichen Farbenpracht begrüßt. Die Bäume glühten in Orange und Goldtönen von mystischer Schönheit, die wie der Ruf der Sirenen wirkte, betörend und sinnlich. Und doch bargen sie das Versprechen des kommenden Winters, der alles mit seiner weißen Kälte überdecken würde.
    Jeremy stand an dem Grabstein, wo man Marys Handy und ihre Handtasche gefunden hatte. Er stellte sich vor, wie es hier an Halloween gewesen sein musste, als sich das Alte mit dem Neuen mischte, Kinder sich als Elfen herausputzten und als Monster die Straße entlanggingen. Die meisten Erwachsenen dürften ebenfalls ein Kostüm getragen haben. Doch nun war Halloween vorbei, und das Tempo und die Stimmung hatten sich ebenso verändert, wie es die Jahreszeiten taten. Hier wurde jede Jahreszeit gefeiert, nicht nur der Übergang von Sommer zu Winter, sondern auch der subtilere Übergang von Halloween zu Thanksgiving, bevor dann die Weihnachtszeit alles in ihren Glanz tauchte.
    Kürbisse und Pilgerväter bildeten die Dekoration in den Fenstern, zusammen mit Füllhörnern und Bildern, auf denen Indianer und Siedler gemeinsam bei der ursprünglichen Thanksgiving-Feier saßen. Auf den nahe gelegenen Farmen war die Ernte in vollem Gange.
    Wie zum Teufel konnte jemand in einer Stadt, in der es nur so vor Touristen wimmelte, einfach so verschwinden?
    Wie hat te man Mary fort ge schafft, wenn man das Menschengewusel bedachte, das hier zu Halloween geherrscht habenmusste? Zugegeben, es war schon dämmerig gewesen und die Lichter des Einkaufszentrums waren nicht ganz bis zum Friedhof vorgedrungen, auf dem der Abend sein Schattenreich errichtet hatte.
    „Ist es nicht wunderbar?“, rief Rowenna.
    „Es ist ein Friedhof“, erwiderte er.
    „Ich meine den Herbst. Die Farben …“
    Er blickte auf und sah sie zwischen den Steinen stehen. Sie bückte sich, um einen Armvoll Blätter aufzuheben und sie in die Luft zu werfen. Sie hätte eine heidnische Göttin sein können, wie sie da mit entzückter Miene nach oben blickte, die Blätter verteilte und ihr rabenschwarzes gewelltes Haar über ihren roten Mantel wallte. Er konnte sie sich als eine Statue vorstellen – errichtet, um die Ankunft

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