Erntemord
flüsterte Brad Rowenna zu.
„Ja, er stellt Masken her. Entspannen Sie sich, Brad“, flüsterte Rowenna zurück.
„Mr Flynn“, sagte Eric. „Ich hörte, dass Sie ein großartiger Gitarrist sind. Die Band hier bittet Sie, mitzuspielen.“
Einen Moment lag ein leerer, abweisender Ausdruck in Jeremys Augen. Er drehte sich zu Rowenna um – als ob es mein Fehler ist, dachte sie. Dann veränderte sich seine Miene, und sie begriff, dass sie ihn mittlerweile gut genug kannte, um zu wissen, was ihm durch den Kopf ging: dass es nicht schaden könnte, sich mit den Einheimischen gut zu stellen.
Selbst mit den Einheimischen von seiner Verdächtigenliste – oder vielleicht besonders mit diesen.
Er ging zur Band hinüber, sprach eine Minute mit ihnenund nahm eine Reservegitarre entgegen.
Er spielt wirklich gut, dachte Rowenna und erinnerte sich an die Male, die sie ihn mit einer Band in der Bourbon Street in New Orleans gesehen hatte.
Sie hatte sich gefragt, ob er eine Frau mit der gleichen Virtuosität und der gleichen Zärtlichkeit behandelte wie seine Gitarre.
Und nun wusste sie es.
„Scheiße“, entfuhr es Eric. „Er kann ja wirklich spielen.“ „Selbstverständlich kann er spielen“, sagte Brad empört.
Dann sah er Eric an und lachte. „Sie haben gehofft, er würde sich zum Narren machen.“
„Nein!“, protestierte Eric. „Na ja, okay … ja, stimmt.“
Er entfernte sich, ging näher zur Bühne. Rowenna fü hlteBrads Blick auf sich.
„Wann werden wir sie finden? Werden wir sie bald finden?“, fragte er angespannt.
Sie spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. „Brad, ich weiß nicht, was Sie glauben, was ich Ihnen sagen kann.“
„Ich glaube, Sie wissen Dinge“, sagte er. „Sie haben mir gesagt, ich solle die Hoffnung nicht aufgeben. Sie sagten, dass sie noch lebt.“
„Und ich glaube, dass sie noch lebt.“
„Aber wir müssen sie rasch finden.“
„Ja“, stimmte sie zu.
Er griff nach ihrer Hand. „Wenn es irgendetwas gibt, dasSie tun können, dann bitte, ich flehe Sie an, dann tun Sie es.“ „Das werde ich, Brad. Sie wissen, dass ich das werde.“
Seine Dringlichkeit übertrug sich auf sie, und sie spürte, wie Angst in ihr hochstieg. Zeit war von äußerster Wichtigkeit. Und sie hatte tatsächlich das Gefühl, etwas tun zu können. Sie wollte es nur nicht tun.
Die Antwort lag auf dem Friedhof. Davon war sie völlig überzeugt.
Gerade als ihr der Gedanke kam, betraten Adam und Eve das Restaurant. Ausnahmsweise stritten sie nicht miteinander.
Daniel kam kurz nach ihnen herein und sagte etwas zuihnen, woraufhin sie sich zu dritt an einen Tisch setzten. Sie war überrascht. Obwohl sie sich lange kannten, bestand eigentlich keine große Freundschaft zwischen den dreien. Daniel ließ das Paar gerne spüren, dass er sie für „gefallene Katholiken“ hielt, die sich dem heidnischen Glauben zugewandt hatten, um damit Geld zu machen.
Er sah auf und erblickte sie an der Bar, winkte und sah sich dann um. Er schien überrascht, Jeremy mit der Band spielen zu sehen, und lenkte Adams und Eves Aufmerksamkeit auf die Musiker.
Eve grinste, sah dann zu Rowenna hinüber und hob den Daumen. Kurz darauf erblickte Daniel Eric und ging zu ihm. Sie unterhielten sich kurz, woraufhin Daniel auf den Tisch deutete, an dem er mit Adam und Eve saß. Eric zuckte die Achseln und ging mit ihm hinüber zu der Gruppe.
Weitere Menschen kamen herein. Einige gingen direkt zur Bar, um einen Drink zu bestellen, andere setzten sich an die Tische und studierten die Speisekarte.
Als Rowenna Ginny und Dr. MacElroy eintreten sah, fiel sie fast vom Barhocker. Es schien, als rotteten sich alle zusammen, um den Horror zu vergessen, der ihre einst so sichere kleine Stadt heimgesucht hatte. Sie hatte Dr. MacElroy lange nicht mehr gesehen, weshalb sie sich bei Brad kurz entschuldigte und hinüber zu dem Tisch ging, an dem er und Ginny inzwischen Platz genommen hatten.
„Rowenna, wie nett, dich zu sehen.“ Ginny strahlte sie an. „Rowenna, hallo.“ Dr. MacElroy hatte sich gerade erst gesetzt, doch er erhob sich lächelnd. Er hieß Nick mit Vornamen, doch er war schon zu Kinderzeiten ihr Arzt gewesen, und sie brachte es nicht über sich, ihn anders als mit Doc oder Dr. MacElroy anzureden.
Er begrüßte sie mit einer großväterlichen Umarmung, hielt sie dann ein Stück von sich weg und musterte sie, als ob sie noch immer ein Kind und seit dem letzten Mal vielleicht gewachsen wäre. „Du siehst so
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