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Ernten und Sterben (German Edition)

Ernten und Sterben (German Edition)

Titel: Ernten und Sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter M Hetzel
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der Gemeinde um die Armen und Alten kümmerte. »Suchen Sie meinen Vater, Frau Doktor?« Pia lächelte unschuldig.
    Albertine nickte. »Er wollte mit mir unter vier Augen über der Vorfälle in Klein-Büchsen reden.«
    »Das wird aber dann ein Sechs-Augen-Gespräch.« Sollte niemand sagen, Pia Focken wäre nicht bauernschlau.
    »Da hast du natürlich recht, aber der Herr Müller ist so etwas wie mein Bodyguard«, sagte Albertine.
    »Ich dachte, er wäre Ihr Liebhaber. Zumindest glaubt das mittlerweile jeder im Dorf«, sagte Pia.
    »Was möchtest du später einmal werden? Polizistin? Die Veranlagung dazu hast du ja«, sagte Albertine.
    »Nein, ich will Schriftstellerin werden. Entschuldigen Sie mich bitte, aber Black Beauty muss jetzt in den Stall und trocken gerieben werden.« Pia wandte sich ab und führte ihren schwarzen Hengst mit dem weißen Stern auf der Stirn in den Stall.
    »Nichts wie weg hier«, flüsterte Hubertus Albertine ins Ohr.
    »Das war ja jetzt wirklich wie ein Sechser im Lotto. Wir haben den Keller gefunden, in dem Gunnar gefoltert wurde. Und wir haben dem Psycho eine Botschaft hinterlassen.« Albertine verließ in aller Ruhe das Grundstück und schlug den Weg nach Hause ein.
    In diesem Moment war leise zu hören, wie das Handy von Hubertus in seiner Hosentasche vibrierte.
    »Wenigstens hast du das Teil stumm geschaltet, als wir Hausfriedensbruch begangen haben«, brummte Albertine.
    Hubertus winkte ab und nahm den Anruf an. »Hallo, Egon-Erwin … Ja, du dich auch … Wer? … Ich hab’s geahnt … Wo ist Gunnar? … Ja, wir kommen sofort!« Er schob das Handy zurück in die Hosentasche. Dann schaute er Albertine streng an. »Da hast du was angerichtet. Wir werden auffliegen und ziemlich lange auf kleiner Flamme schmoren.«
    »Spann mich nicht auf die Folter. Was ist passiert?«, fragte Albertine.
    Aber Hubertus schwieg. Er hatte anscheinend beschlossen, die Überraschung anderen zu überlassen.
    An der Haustür wurden sie schon von Clementine erwartet, die ausgesprochen grimmig wirkte und ihr breites weißes Ninja-Stirnband angelegt hatte.
    »Wenn diese Tussi nicht sofort verwindet, werde ich gewalttätig«, sagte sie und schwenkte eine Teekanne aus edlem Meißner Porzellan durch die Luft.
    »Langsam werde ich aber sauer, wenn man mir nicht mal sagt, wer da auf uns wartet.« Albertine bog vom Flur aus direkt ins Wohnzimmer ab.
    Dort saß Müller Eins und nippte an einer Tasse Darjeeling, den kleinen Finger der rechten Hand weit abgespreizt. »Danke für die Einladung«, sagte sie, nachdem sie die Tasse abgesetzt hatte, »aber ich befürchte, wir müssen unseren modischen Diskurs etwas verschieben. Es gibt so viele drängende Fragen in unseren diversen Mordfällen. Außerdem hat mir gerade in dieser Dorfpinte …«
    »Sie meinen die ›Heideblume‹«, unterbrach sie Albertine. »Das ist übrigens ein Geheimtipp unter norddeutschen Gourmets, auch wenn der Inhaber Sören Severin noch keinen Stern an Land gezogen hat.«
    Müller Eins sprach einfach weiter, als hätte Albertine kein Wort gesagt. »… in dieser Dorfpinte jemand die Geschichte mit der gekreuzigten Kuh erzählt. Als Straftatbestand hat das für mich keine Relevanz, aber dieses eingeritzte merkwürdige H macht mich nachdenklich. Genau wie der Artikel Ihres Freundes in der Landeszeitung. Mich beschleicht das Gefühl, dass es kein Zufall sein kann, wenn dieser Herr Wutke immer als Erster am Tatort ist. Würde mich nicht wundern, wenn er auch die Kuh auf dem Gewissen hat. Wo steckt er denn? Als ich eben ankam, stand hier noch ein Laptop, und es herrschte kreatives Chaos. Ihre hilfreiche Haushilfe hier hat auffällig schnell den improvisierten Arbeitsplatz abgeräumt. Das macht ihn verdächtig. Der will wohl um jeden Preis Karriere machen und geht auch über Kuhleichen.«
    Albertine zuckte mit den Schultern. »Wo steckt eigentlich Ihr Kollege?«
    Müller Eins holte tief Luft. »Der macht die Laufarbeit.«
    »Genau wie ich«, sagte Egon-Erwin leise zu Gunnar, der mit ihm auf der Bettkante oben im Gästezimmer saß und bei angelehnter Tür dem Gespräch zuhörte, das unten im Wohnzimmer stattfand. Egon-Erwin hatte den Eindruck, dass Gunnar die Entführung gut weggesteckt hatte und es offensichtlich genoss, von Clementine versorgt zu werden. In der Gegenwart von Albertine wirkte er immer deutlich schwächer und angeschlagener. Hubertus hielt es für Schauspielerei, weil er muskulösen Geschlechtsgenossen immer misstrauisch gegenüberstand.

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