Eroberer 3 - Die Rache
Außenmikrofone des Tankers verstärke, vermag ich die Stimme am anderen Ende zu hören.
»Cho Ming.«
»Bronski. Ich hatte Recht: Cavanagh hat seinem Sohn eine Liste von Notfall-Rattenlöchern hinterlassen. Ich werde sie Ihnen vorlesen, und Sie starten dann eine nochmalige globale Abfrage der Nachrichtendatei des Schnellboots.«
Er spricht die Liste in sein Fon und geht währenddessen zum D'Accord. Nun weiß ich auch, weshalb er die Liste haben wollte: Er vermutet, dass einer der Namen das Schlüsselwort ist, unter dem die von Aric Cavanagh empfangene Mitteilung gespeichert ist.
Ich bin dennoch erstaunt, dass es ihnen nach dieser langen Zeit anscheinend immer noch nicht gelungen ist, die Nachrichten im Schnellboot herauszufiltern, die an Aric gesendet wurden. Wo er über alle Ressourcen und das ganze Personal des militärischen Nachrichtendienstes von NorCoord verfügt, hätte es nach meiner Schätzung nicht länger als 5,7 Stunden dauern dürfen, alle Nachrichten eines einzelnen Schnellboots zumindest oberflächlich zu analysieren. Ich berechne zwei Alternativen mit signifikanten Wahrscheinlichkeiten. Einmal, dass Lord Cavanagh seine Nachricht außerordentlich geschickt abgefasst und alle wahrscheinlichen Schlüsselworte vermieden hat.
Zweitens, dass Brigadier Bronski zurzeit nur beschränkten Zugang zu den Ressourcen des militärischen Nachrichtendiensts von NorCoord hat.
Er nimmt auf dem Fahrersitz des D'Accord Platz und beendet die Lektüre der Liste. »Das war alles. Sonst noch etwas?«
Ich erhöhe die Empfindlichkeit des Mikrofons bis zum Maximum, doch obwohl die Tür des D'Accord einen Spalt weit offen steht, ist Cho Mings Stimme zu schwach, als dass ich sie verstehen könnte. Ich probiere es mit fünf verschiedenen Verstärker-Algorithmen, doch ohne Erfolg.
»Nun ... nein, Asher Dales ist keine Person - es ist ein großer Wildnis-Freizeitpark auf Avon ... woher zum Teufel soll ich das wissen? Die Cavanaghs haben sich vielleicht dort in den Wäldern verirrt oder so. Kommen Sie schon, sorgen Sie für diese Freigabe ... in Ordnung, super, rufen Sie sie auf, damit wir einen Blick daraufwerfen können.
Hoffen wir nur, dass er sich nicht auch noch die Mühe gemacht hat, sie zu verschlüsseln.«
Brigadier Bronski bewegt das Fon ein paar Zentimeter näher ans Gesicht heran, und für 20,33 Sekunden herrscht Stille. Ich sehe nur einen Ausschnitt seines Gesichts durch die angelehnte Tür, doch sein Ausdruck scheint von starker Konzentration zu künden. Anhand seiner Augenbewegungen vermag ich mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,90 zu schätzen, dass er liest und nicht nur Code-Zeilen betrachtet. Dies impliziert mit einer vergleichbaren Wahrscheinlichkeit, dass die Nachricht tatsächlich nicht verschlüsselt ist.
Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand. Aber sie gibt auch Anlass zur Sorge. Ich weiß, dass die Familie Cavanagh mindestens einen Geheimcode hat; Lord Cavanagh hat ihn mir einprogrammiert für den Fall, dass während der Rettungsmission eine sichere Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern erforderlich wäre. Statistisch gesehen sind 30,9 Prozent aller Schnellboot-Nachrichten verschlüsselt, so dass die Nachricht durch die bloße Tatsache der Verschlüsselung bei einer globalen Abfrage keinen besonderen Verdacht erregt hätte. Wieso hatte Lord Cavanagh dann die zusätzliche Sicherheitsvorkehrung nicht getroffen, die Nachricht zu verschlüsseln?
Ich berechne nur drei Alternativen mit signifikanten Wahrscheinlichkeiten. Einmal, dass Lord Cavanagh sein Exemplar des Verschlüsselungsalgorithmus vor dem Abfassen der Nachricht verloren oder verlegt hatte. Zweitens, dass er glaubte, Aric wäre nicht mehr in der Lage, Nachrichten zu entschlüsseln.
Oder drittens, dass Lord Cavanagh die Nachricht überhaupt nicht gesendet hat.
Plötzlich verändert sich Brigadier Bronskis Ausdruck. »Ich will verdammt sein. Mir hätte sofort klar sein müssen, dass hier eine Verwechslung vorliegt. Rufen Sie die anderen zusammen und treffen Sie mich am Raumhafen. Das ändert alles.«
Er schließt die Tür des D'Accord. Nur 0,3 Sekunden später setzt sich das Fahrzeug in Bewegung, verlässt das Gebäude und fährt mit hoher Geschwindigkeit in die Richtung, aus der es gekommen ist. Dann biegt es wieder um die Ecke des Wartungsgebäudes und verschwindet aus dem Erfassungsbereich meiner Außenkameras. Für weitere 31,66 Sekunden vermag ich noch das Geräusch der Reifen und des Motors zu hören. Dann ebbt das Geräusch
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