Eroberer der Unendlichkeit
Vorbeireiten. Rokk lenkte sein Tier in Richtung des Ufers. Der Berg stieg hier drohend auf, und am Wasserrand war nur ein kleiner Pfad zu sehen. Er endete an einer schräg ansteigenden Brücke, die zu einer Häusergruppe in der Nähe des Ufers führte. Sechs oder acht Häuschen drängten sich auf hohen Stelzen über dem Wasser zusammen. Die Brücke verband sie mit dem Ufer, und untereinander waren sie durch balkonartige Plattformen verbunden.
Rokk rief etwas, und hinter den Gebäuden erschien ein Riese. Er hatte im Wasser gesessen. Als er sich nun erhob, tropften Schlamm und glitschiges Algenzeug von seinem Körper.
Ein Mann wie Rokk, nur jünger. Das Haar war glatt und schwarz und fiel ihm auf die nackte Brust. Ein Fell war über eine Schulter drapiert. Sein Gesicht war breit und flach und unbehaart. Er stand bis zu den Knien im Wasser und hatte einen Arm um die Häuser gelegt, so, als wollte er sich an ihnen aufstützen.
Er lächelte und rief:
»Ae, Rokk!«
Und Rokk erwiderte:
»Ae, Degg!«
Sie unterhielten sich, dann benutzten sie Leelas Sprache. Leela murmelte Frannie zu:
»Dieser Degg soll hier warten, bis wir sicher droben sind.«
Rokk erteilte seine Befehle. Degg setzte sich wieder ins Wasser, das ihm bis zum Bauch reichte, und schlang die Arme um die angezogenen Knie. Er gähnte und winkte Rokk zu, als der wieder sein Dhran in Bewegung setzte.
Hintereinander schwammen sie los. Als sie an den Gebäuden vorbeikamen, sah Frannie zufällig auf. Auf der balkonartigen Plattform entdeckte sie ein grünlich-weißes Ding, das sich schläfrig streckte. Ein Ding ohne Kopf!
Die Dhrans schwammen mit der Strömung, aber sie warfen unbehaglich die Köpfe hoch. Rokk redete dauernd auf sein Reittier ein. Er mußte es vorwärtszwingen.
Die Häuser blieben hinter ihnen. Die Bergwand zog schnell an ihnen vorbei. Und dann kam eine schwarze Mündung in Sicht. Das Wasser drängte in diese Richtung. Es bildete einen unwiderstehlichen Sog. Weißes Wasser, das über spitze Felsvorsprünge spritzte und aufschäumte …
Und aus der Mündung kam ein dumpfes Dröhnen …
Frannies Dhran hob den Kopf und stieß einen angsterfüllten Schrei aus. Es wurde von dem wild stoßenden Wasser zur Seite gedrängt, aber es gab nicht nach. Verzweifelt schwamm es weiter.
Das Donnern wurde betäubend. Dann öffnete sich das schwarze Maul, um die ganze Welt zu verschlingen.
Frannie wurde ins Innere gerissen, in ein Inferno dröhnender Dunkelheit …
15.
Am Fuß des Steges stand Martt mit erhobenem Messer angespannt da. Es war dunkel. Das grünweiße Ding duckte sich zum Sprung. Es brabbelte jetzt nicht mehr vor sich hin. Das Stielauge funkelte zornig.
»Halte dich im Hintergrund, Zee«, murmelte Martt.
Und dann sprang das Ding ohne Kopf. Martt streckte ihm die Hand mit dem Messer entgegen, aber dadurch ließ es sich nicht aufhalten. Er spürte, wie seine Hand in eine weiche, klebrige Wärme sank. Der Körper prallte gegen ihn – wie ein weiches, nachgiebiges Kissen.
Einen Moment lang spürte Martt ein namenloses Entsetzen, als sich in der Dunkelheit der Körper dieses leuchtenden Monstrums um ihn schlang. Er schlug wild um sich, strampelte und stieß, obwohl es keinen Sinn hatte. Feucht, warm und klebrig. Er schien den Körper in Stücke zu reißen. Aber die leuchtenden, puddingähnlichen Umrisse kamen immer wieder zu ihrer ursprünglichen Form zurück.
Das Ding selbst hatte panische Angst. Es drehte und wand sich. Seine Klauen kratzten in Martts Gesicht, aber sie hatten zu wenig Druck, um Schaden anzurichten. Das Maul öffnete sich, und die Zähne schnappten nach Martts Kehle. Aber sie hatten keine Kraft. Und der Schleim war ekelerregend, stinkend, warm …
Martt stolperte, und plötzlich sammelte sich das leuchtende grüne Ding und floh. Martt sah eine zuckende dunkle Wunde an seiner Seite. Es rannte wimmernd über die Felsen am Ufer und verschwand.
Martt atmete auf. Er war unverletzt. Er bückte sich zum Wasser und wusch das klebrige Zeug vom Körper. Er hatte das wilde, hysterische Verlangen, laut loszulachen.
»Zee – dieses Ding hatte die gleiche Angst wie ich!«
»Es ist fort, Martt! Ist dir auch nichts geschehen. Was war es denn?«
Sie klammerte sich ängstlich an ihn.
»Es ist alles in Ordnung. Es konnte mich nicht verletzen, und ich konnte ihm nichts tun. Zee, da oben schläft ein Riese. Hörst du ihn?«
Sie horchten. Aus dem Nebel drang immer noch das tiefe, rasselnde Atmen. Martt flüsterte:
»Du
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