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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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was für einen Kometen?«
    Sihtrics Miene blieb gleichmütig. »Denjenigen, der dem Menologium zufolge im März kommen oder vielmehr wiederkommen wird.«
    Jeder wusste, dass Kometen, haarige Sterne, schlechte Omen waren. Doch als Zeichen am Himmel waren sie vollkommen unvorhersehbar; sie kamen und gingen nach Gottes Lust und Laune. »Wenn im März ein Komet erscheint, Priester«, sagte Orm, »schlucke ich mein Schwert im Ganzen hinunter.«
    Sihtric starrte ihn finster an. »Versprich nichts, was du nicht halten kannst, Wikinger.«
    »Ach, blas dich nicht so auf, Sihtric«, sagte Godgifu. »Er hat einen Rivalen, weißt du.«
    »Einen Rivalen?«
    »Es gibt noch eine Sibylle, die an Edwards Hof herumhängt. Ein Mönch namens Aethelmaer.«
    Sihtric sagte: »Ein Hanswurst, der von fantastischen Maschinen träumt …«
    »Und von Kometen spricht«, rief Godgifu ihm ins Gedächtnis. »Indem die Thegns ihn auslachen, lernen sie, auch dich auszulachen, Bruder.«
    Sihtric schnaubte. »Mit Aethelmaer werde ich
schon fertig. Natürlich besteht die Herausforderung darin, das Menologium zu deuten. Ich habe dir gesagt, Orm, es kann kein Zufall sein, dass du , ein Nachkomme Egils, in die Sache verwickelt bist. Jetzt habe ich herausgefunden, glaube ich, wie du mir helfen kannst, das Menologium zu deuten und Harold zu bewegen, seinen Rat zu befolgen.«
    Orm runzelte die Stirn. »Das geht mir zu schnell, Priester. Vielleicht solltest du mir deine Prophezeiung erst mal zeigen.«
    Sihtric zog die Augenbrauchen hoch. »Kannst du lesen?«
    »Ich finde es ganz nützlich, wenn mir ein listiger Geistlicher im Sold eines analphabetischen normannischen Grafen Pergamente vorlegt, die ich unterschreiben soll.«
    Der Priester hatte einen kleinen Lederbeutel unter dem Tisch. »Hier drin habe ich eine Abschrift …« Er zog ein Pergament heraus und entrollte es auf der klebrigen Tischplatte. Orm sah die Strophen des Menologiums, ordentlich transkribiert, aber überwuchert von einem Dickicht aus Anmerkungen und Pfeilen in einer unleserlichen Handschrift, bei der es sich, wie Orm vermutete, um die des Priesters handelte. »Ich habe dir ja gesagt, es ist nach wie vor kryptisch«, seufzte Sihtric. »Selbst nachdem ich es ein Leben lang studiert habe. Aber schau dir das hier an …« Er las die neunte Strophe laut vor.

    Der Komet kommt / im Monat März.
    Ein Bruder tötet den andern. / Ein Krieger nimmt
    Noble elfenweise Krone. / Bruder herzt Bruder.
    Nord kommt von Süd / spritzt Blut an die Wand.
     
    »Eine hübsche kleine Symmetrie in diesen Zeilen, findest du nicht?«
    »Ich bin kein Skalde«, knurrte Orm. »Ein Bruder tötet also den anderen. Wie kommst du darauf, dass damit Harold gemeint ist?«
    »Wer sonst? Welche brüderliche Rivalität spielt eine Rolle in England, außer der Fehde zwischen Harold und seinem vor Wut schäumenden, verbannten Bruder?«
    »Und was ist mit dem Rest? Was hat es mit diesen Kriegern und Elfen auf sich?«
    »Das hat nichts mit dir zu tun«, wehrte Sihtric ab.
    »Die Wahrheit ist, dass er diesen Teil selbst nicht versteht«, sagte Godgifu.
    Auf einmal hatte Orm die Nase voll von diesem ganzen Geschwätz über Prophezeiungen und Politik. Er bereute es, dass er hergekommen war. Er sehnte sich danach, von hier verschwinden zu können, diese überfüllte Stadt, diesen habgierigen, manipulativen Priester mit seinen verwirrenden Worten loszuwerden  – und mit Godgifu zusammen zu sein. »Sag mir einfach, was du von mir willst.«
    »Hier steht es.« Sihtric zog sein Pergament über den Tisch. »Die siebte Strophe. Ich muss diese Worte verstehen.«

    Orm warf einen Blick auf den Text: »Der Drache fliegt westwärts. / Klingt ein Großes Jahr aus / wird eine neue Welt gebor’n.«
    »Ich glaube, diese Strophe ist ein Hinweis auf den allergrößten Gewinn«, erklärte Sihtric mit gerötetem Gesicht. »Sie sagt, dass nicht nur England für uns in greifbarer Nähe ist, sondern auch eine neue Welt .«
    Orm sah Sihtric an. »Was für eine neue Welt?«
    Der Priester lächelte. »Vinland.«
    Ein junger Mann in einer tristen schwarzen Kutte kam in die Wirtsstube. Er blinzelte ins Halbdunkel, erspähte Sihtric, kam eilig herbei und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Sihtric nickte, stand auf und eilte hinaus.
    Orm und Godgifu folgten ihm. Orm rief hinter Sihtric her: »Wohin gehen wir?«
    »Der König liegt im Sterben, die Ärzte bestätigen es. Und er hat nach Harold gefragt.« Sihtric schien voller Energie zu sein, als hätte diese

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