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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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 – eine einfache, aber mühsame Aufgabe; man braucht einen Komputisten dazu. Und der Komet, dessen wiederholte, unregelmäßige Wiederkehr den Ablauf der Großen Jahre kennzeichnet, ist genau wie in den Strophen des Menologiums vorhergesagt am Himmel erschienen.«
    »Dann spricht dieses Menologium nicht von der gesamten Zukunft. Es ist in der Vergangenheit begründet.«
    »Ja. Wenn man jedoch die Aufzählung der Großen Jahre verfolgt, befinden wir uns gegenwärtig mitten im sechsten – und in der entsprechenden Strophe geht es um deine Regentschaft, Herr.«
    »Wirklich?«, fragte Alfred skeptisch.
    »Und was die früheren Großen Jahre betrifft, so sind einige der vorhergesagten Ereignisse bereits eingetreten .«
    Doch zu seinem Kummer schien der König nicht übermäßig beeindruckt zu sein. »Das beweist gar nichts. Nach allem, was ich weiß, könnte dieses Gedicht auch heute früh zusammengestoppelt worden sein. Glaubt mir, als Buchkäufer sind mir in meinem Leben schon genug Fälschungen unter die Augen gekommen. Zum Beispiel all die ›verlorenen Werke des Aristoteles‹, die man für nicht mal einen Penny auf den römischen Märkten bekommt ...«
    Zu ihrer aller Überraschung ergriff Ibn Zuhr erneut das Wort. »Herr, es ist unwahrscheinlich, dass es dem
Priester gelingen wird, dich von der Echtheit der Prophezeiung zu überzeugen. Was ist schließlich schon ein ›Beweis‹? Aber vielleicht genügt fürs Erste auch der Glaube. Wie der Priester sagt, geht es in der sechsten Strophe, die das sechste Große Jahr beschreibt, um deine Vergangenheit und deine Zukunft. Macht dich das nicht neugierig?«
    Alfred starrte ihn an. »Es erstaunt mich, wie viel Freiheit du diesem Sklaven gewährst, Arngrim.«
    Arngrim war peinlich berührt und wütend. »Nur weil sich das, was er sagt, als nützlich erwiesen hat, mein König. Bisher.«
    Alfred lächelte. »Also schön. Sollen wir dir ein wenig Glauben schenken, Priester, wie es dieser seelenlose Maure vorschlägt?« Er wandte sich an seine Schreiber. »Lest mir die sechste Strophe vor.«
    Die beiden tintenbeschmierten Schreiber lasen abwechselnd, mit stockender Stimme, ihr handschriftliches Gekritzel vor:
    »Der Komet kommt / im Monat Februar.
Den fünfhundert streich fünf / Blut fließt,
Blut mischt sich.
Ein Drache muss / zu Kreuze kriechen.
Neunhundertfünf / die Monde des sechsten
Jahres.«
    Alfred wirkte irritiert. »Rätselhafter Humbug, wie alle Weissagungen.«
    Nun schickte sich Cynewulf an, sein – wie er glaubte
 – schlagendstes Argument vorzutragen. »Aber Herr, an den Monatszahlen ist nichts Rätselhaftes.« Er erklärte, dass die Umrechnung der Monate der Großen Jahre in Kalenderjahre ein Datum im Februar des Jahres 837 nach Christus als Anfang des sechsten Großen Jahres ergeben habe.
    Alfred runzelte die Stirn. »Und fünfhundert Monate weniger fünf, das sind vierhundertfünfundneunzig …«
    »Einundvierzig Jahre und drei Monate. Die sechste Strophe spricht von Ereignissen, die im Mai dieses Jahres stattfinden werden, Herr – in drei Monaten .« Alfred fiel die Kinnlade herunter, und Cynewulf konnte nicht widerstehen, seine Gelegenheit zu nutzen. »Verstehst du jetzt? In dieser Strophe kann von nichts anderem die Rede sein als von deinem bevorstehenden Konflikt mit den Dänen – und von deinem Triumph!«

XII
    Der König erhob sich von seinem Thron und marschierte unruhig auf und ab. Seine Bewegungen waren eher nervös als energiegeladen. Er ließ sich die Schlüsselzeilen immer wieder von seinen Schreibern vorlesen: »Blut fließt, Blut mischt sich. / Ein Drache muss / zu Kreuze kriechen ...«
    »Der Hinweis auf den Drachen ist natürlich vollkommen klar.« Alfred sprach schnell. »Die Nordmänner mit ihren Drachenschiffen – der Drache ist der Däne, sein Großes Heer. Und wenn er zu Kreuze kriechen muss, wird er von einer christlichen Macht vernichtet.«
    »Ja! Das ist gewiss die richtige Lesart, mein König …«
    »In Wahrheit wird sich der Drache unterwerfen , aber nicht vernichtet werden«, merkte Ibn Zuhr leise an.
    »Sei still, Maure!«, knurrte Arngrim.
    Ibn Zuhr senkte sofort demütig den Blick.
    Alfred seufzte. »Er hat aber nicht ganz unrecht. Die Zeile scheint anzudeuten, dass wir den Dänen besiegen werden, ohne ihn jedoch loszuwerden. Und was soll dieses ›Blut fließt, Blut mischt sich‹ besagen?« Niemand
antwortete, und Alfred fauchte: »Sprich, Sklave! Du scheinst ja alle Antworten zu kennen.«
    »Vielleicht sagt es

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