EROBERT VON EINEM ITALIENISCHEN GRAFEN
Besichtigung fertig sind, bringe ich Sie im Jeep nach Hause.“
Steif antwortete sie: „Ich dachte ich hätte klargemacht, dass Sie sich meinetwegen keine Mühe machen müssen.“
„Aber es ist kein Umstand! Möchten Sie sich nicht wieder setzen und Ihr Wasser austrinken? Bevor Luigi hier einen Anfall bekommt.“
Leise sagte er etwas zu den Umstehenden, und die Menschenmenge zerstreute sich daraufhin. So funktioniert wahre Macht, dachte Laura spöttisch, aber auch sie widersprach nicht. Alessio setzte sich ihr gegenüber hin und bestellte sich einen Espresso und einen Cappuccino für sie.
Er hat mich auf dem falschen Fuß erwischt, überlegte Lauraund ärgerte sich, weil ihr Herz bei seinem unerwarteten Erscheinen rascher zu pochen begonnen hatte. Dabei hatte er sie eine Woche lang so gut wie nicht beachtet … was ja auch besser war. Sicherer.
„Lassen Sie sich nicht stören, sondern schreiben Sie ruhig weiter“, meinte er.
„Ich bin fertig. Ich wollte nur kurz meine Familie wissen lassen, wie es mir geht.“
„Ach ja, die Familie, von der meine Tante annahm, dass sie nicht existiert!“
Insgeheim seufzte Laura. Missmutig hatte Paolo sie kritisiert, weil sie sich nicht an die verabredete Geschichte gehalten hatte. Nun zuckte Laura beiläufig die Schultern.
„Ich weiß wirklich nicht, woher Signora Vicente diese Idee hatte. Vielleicht hätte es ihr besser gepasst, wenn ich Waise ohne einen Penny wäre.“
„Was Sie natürlich nicht sind.“
„Na ja, sehr viele Pennys nenne ich nicht mein Eigen. Meine Mutter hat es seit dem Tod meines Vaters nicht leicht. Wenigstens habe ich einen guten Job und kann helfen.“
Er zog die dunklen Brauen hoch. „Macht es sich wirklich bezahlt, in einem Weinlokal zu arbeiten?“
Das ist doch nur mein Nebenjob, hätte Laura beinah verraten und biss sich gerade noch rechtzeitig auf die Lippe. Was sollte sie jetzt sagen? „Es ist eine gut besuchte Bar, und die Gäste geben reichlich Trinkgeld“, erklärte sie schließlich.
„Ach so. Und wie gefällt Ihnen Besavoro?“, wechselte er das Thema.
„Der Ort ist größer, als ich dachte. Und älter. Ich freue mich, dass ich mir die Gegend jetzt genauer ansehen kann.“
„Ich dachte, Sie wären vielleicht noch aus einem anderen Grund froh, dass ich Giacomo nach Hause geschickt habe.“ Entspannt lehnte sich Alessio zurück und nahm die Sonnenbrille ab. „Jetzt bekommt Paolo schneller seine Medizin … und wird vielleicht schneller wieder gesund.“
„Das bezweifle ich“, widersprach Laura scharf. „Hat er schonimmer so ein Theater wegen seiner Gesundheit gemacht? Er hat doch nur eine banale Erkältung.“
„Aber, Laura, wie hartherzig! Ein Mann hat nie nur eine ‚banale‘ Erkältung.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie sich eine Woche ins Bett legen!“
„Nein?“ Er lächelte herausfordernd, die dunklen Augen glitzerten. „Vielleicht sollten Sie Ihre Vorstellungskraft ein bisschen mehr anstrengen, bella mia.“
Nein, ich werde jetzt nicht rot, ermahnte Laura sich. Er wollte sie ja nur aufziehen, das war klar. „Ich habe mich natürlich nur auf kleinere Unpässlichkeiten bezogen“, sagte sie schließlich.
„Ach so! In so einem Fall ist meine Laune aber so schlecht, dass meine Mitmenschen es bestimmt zu schätzen wüssten, wenn ich mich in mein Zimmer zurückziehe und erst auftauche, wenn ich mich wieder zivilisiert zu benehmen weiß.“
Er schwieg, während Luigi die Tassen auf den Tisch stellte.
„Ich muss allerdings zugeben“, fuhr Alessio dann fort, „dass Paolo ein kränkliches Kind war. Deshalb verwöhnt seine Mutter ihn so und redet ihm ein, bei jedem Schnupfen bestünde Lebensgefahr. So übt sie noch eine gewisse Macht über ihn aus.“
„Das glaube ich gern. Diese Beatrice ist noch einmal davongekommen, finde ich.“ Alessios erstaunter Blick sagte Laura, dass sie sich beinah verraten hatte. „Ich meine, sie hätte sich wahrscheinlich völlig untergeordnet. Was mir nicht passieren wird.“
„Das glaube ich gern. Immerhin sind Sie rothaarig.“ Er hob die Tasse. „So, trinken Sie Ihren Cappuccino, anschließend zeige ich Ihnen die Stadt und vor allem die Kirche. Dort gibt es ein Madonnenbild, das angeblich von Raffael gemalt wurde.“
„Aber dem stimmen Sie nicht zu?“, vermutete Laura, froh über die Wendung des Gesprächs.
„Ich glaube, es stammt eher von einem seiner Schüler. Zum einen ist es nicht signiert, was für Raffael unüblich wäre. Zum anderen bildet es
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