ErosÄrger
Gefühl, auf welches er sich seit dem Losschicken der Lemuren gefreut hatte, stellte sich nicht ein. Er müsste diebischen Spaß haben, Triumph fühlen. Aber alles, was er tun konnte, war das Telefon anzustarren und zu hoffen, dass Lilly abermals anrief. Empört darüber, dass er einfach aufgelegt hatte.
Als seine Finger ungeduldig auf seinem Schreibtisch trommelten, stoppte er sie mit der anderen Hand und entschloss, seinen Anti-Triumph darauf zurückzuführen, dass sie tatsächlich den seltenen Mumm bewiesen hatte, selbst anzurufen. Und hätte er keinen Beweis, wäre er glatt auf ihre Unschuldsnummer hereingefallen.
Ich starrte das Telefon an. Es war wirklich nicht witzig, wenn jemand anderes das Gespräch abbrach. Kein bisschen.
Mit dieser lobenswerten Erkenntnis wählte ich die nächste Nummer, ignorierte die Weiterleitung zu meiner guten Fee, legte auf und wählte anschließend noch einmal die selbe Nummer.
»Tatjana Franke. Ich bin leider zurzeit nicht zu erreichen, bitte hinterlassen Sie mir eine Nachricht … genau jetzt.«
»Hallo Frau Franke, Lilly Valentina. Wenn Sie Zeit haben, kommen Sie doch bitte zu mir in die Matching-Myth oder rufen mich an. Leider muss ich Ihre Vermutung bezüglich des Zaubers bestätigen. Sie haben das Ergebnis ja selbst zu Gesicht bekommen.«
Ich legte auf und ging meine Worte noch einmal im Geiste durch. Mm… war das jetzt eindeutig genug – ohne zuzugeben, dass existierte, was es offiziell gar nicht gab? Ich hoffte es inständig.
Einen Moment lang war ich versucht, einfach auf dem Sofa liegen zu bleiben und an Ort und Stelle einzuschlafen. Ernsthaft. Nur das Rumpeln vor meiner Tür – es klang, als habe sich der Golem hingelegt – riss mich aus der Versuchung. Kurz darauf stand ich mit einem Stück Kreide bewaffnet in meinem Schlafzimmer und zog die Vorhänge zu. Fehlte mir noch, dass ein Ghoul vom benachbarten Friedhof sah, was ich auf meinen Boden und um mein Bett herum aufzeichnete. Selbst so ein gehirnvermodertes Wesen hätte gerafft, wozu das Pentagramm da war – um das Böse im Inneren zu halten. Mich.
Sekunden nach dem letzten Kreidestrich fiel ich kopfüber in mein weiches Schlafparadies. Es war unmöglich, der Müdigkeit länger stand zu halten. Genausowenig, wie der Erotik. Sex, unverdünnt und ungehemmt, tanzte über meinen Körper, flammte in meiner Seele und brachte jede Zelle in meinem Inneren zum Vibrieren. Was sich in Jahren angesammelt hatte, bahnte sich nun einen Weg aus meinem Unterbewusstsein, durch meine Psyche und meinen Verstand, prickelte über meine Haut, pochte in meiner Klit und ließ meine Brüste schwer werden. Das Verlangen, welches durch mein Wesen und meine Aura zog, war grenzenlos, aufgestaut durch die Magie, die es zurückhielt und die Welt vor mir schützte.
Nur mich, mich konnte nichts und niemand schützen.
KAPITEL 17
Als ich von meinem fröhlichen Wecker aus dem Schlaf gerissen wurde, war ich bereits auf 180. Ich hätte auf der Stelle töten können. Der wahrscheinlich einzige Grund, warum ich es nicht tat, war, dass ich mich nicht entscheiden konnte. Sollte es die Ghoule treffen oder den Prediger? (Beide trotz der geschlossenen Fenster laut und penetrant) Oder doch lieber die Nachbarkinder, die im Hausflur gerade die 200 Namen der beliebtesten Star Wars Figuren als Schimpfwörter missbrauchten? (Oder als Erpressungsversuch, so ganz sicher war ich mir da nicht.)
Wie gerädert rollte ich mich zur Seite und aus dem Bett. Dann torkelte ich ins Badezimmer, warf einen Blick in den Spiegel, sah weg, und sah noch einmal hin. Leider wurde es nicht besser. Wenn ich als Mensch wirklich so aussah würde ich kein Make up mehr brauchen, sondern eine Generalsanierung – mit Mörtel und Spachtel.
Doch vorerst musste das menschliche Make up reichen. Tat es letztendlich auch. Man … äh Frau … musste nur genug davon nehmen – normale Creme, Grundierung, Puder, Rouge, Wimperntusche, Lidstrich und ein bisschen farbigen Kajal, hält-garantiert-24-Stunden-wenn-du-ihn-nicht-selbst-benutzt-Lippenstift und schon sah ich wieder gut aus. Hatte mich auch nur eine halbe Stunde meines Lebens gekostet.
Da ich immer noch kaffeelos war, musste ich ohne meine tägliche Dosis auskommen. Mindestens bis in mein Büro. Ich verharrte kurz in meiner Bewegung und starrte auf meine Finger. Nein, kein Zittern, keine Entzugserscheinungen. Nur meine überdrehte Psyche, die immer noch gegen die Flashbacks ankämpfte. Meine Finger, die über Körper glitten.
Weitere Kostenlose Bücher