ErosÄrger
herab. »Und wieso bin ich eine Werbesäule für das Kamasutra?«
Warum er das Kamasutra kannte, wollte ich lieber nicht wissen. Auch als Liebesvermittlerin musste man nicht zu allem Fantasie entwickeln. Dankeschön, fürs Verständnis.
»Und wieso kannst du sprechen?«, fragte ich, war aber deutlich im Vorteil, weil ich auf alle drei Fragen die Antwort kannte.
Er starrte mich an, als müsse er erst einmal alle Fragen, Antworten und Informationen verdauen. Dann spuckte er die Zettelhälften aus. »Danke!«
»Gerne!«
Obwohl es inzwischen arschkalt war, schlüpfte ich aus meiner Jacke und hielt sie ihm hin.
»Ist nett, aber ich friere nicht, nie.«
»Okay, aber wegen des Schamgefühls deiner Mitwesen, sollten wir dich trotzdem in eine Jacke stecken.«
»Die interessanteren Bilder sind aber deutlich tiefer.«
Sein Grinsen und sein Blick ließen die Schamröten auf meinen Wangen blühen.
»Süß«, kommentierte er, »verdienst du damit nicht dein Geld?«
»Nicht mit Sex, nein.«
Wir schwiegen einen Moment lang.
»Das, was du gemacht hast, war sehr nett und mutig. Danke.«
»Ich hätte andere Adjektive dafür, aber okay – wenn du dankbar bist, geht zurück zur Aufspürung und Verfolgung GmbH und hör auf mir nachzulaufen.«
»Kann ich nicht! Seit Rabbi Löw ist Dorian der erste, der mit mir arbeiten wollte, und ich bin es ihm schuldig, meinen Job anständig zu machen!«
»Großartig. Ein loyaler Stalker.« Da konnte man ja schlecht ernsthaft böse werden.
»Dann schlage ich vor, wir bleiben im Schatten und du gehst bei mir duschen, …?« Die Lücke, die ich nach dem Vorschlag einbaute, war auffällig genug, um gefüllt zu werden.
»Tony«, stellte sich der Golem vor und deutete eine Verbeugung an. Sie sah nicht nur wegen seines etwas tapsigen Bewegungsablaufs seltsam aus, sondern auch, weil einige Kamasutrastellungen verrutschten und plötzlich nahtlos ineinander übergingen – sah fast gewollt aus.
»Tonmensch Tony«, wiederholte ich und bemühte mich jeden Sarkasmus im Keim zu ersticken. Sicher hatten seine Eltern ihn trotzdem lieb gehabt.
»Lilly Valentina«, konterte er.
»Touche!« Manchmal musste man einfach wissen, wann man geschlagen war. Hatte ich »intelligent« eigentlich auch auf die Liste geschrieben? Und wenn ja, wieso eigentlich? Gut aussehend hätte doch vollkommen gereicht.
KAPITEL 18
Natürlich hatte ich es nicht über mich gebracht, den intelligenten Tonmensch Tony (Jaja, ist ja schon gut, ich lasse das Sticheln), vor der Tür schlafen zu lassen. Wie hätte das auch ausgesehen? Selbst ohne die Sex-Graffiti war er eindeutig zu auffällig, um als Türschmuck oder Gartenzwerg durchzugehen.
Immerhin musste ich mich nach Verlassen der Wohnung nicht panisch nach meinem Verfolger umsehen, sondern konnte ihm fröhlich pfeifend die Tür öffnen und mit ihm gemeinsam den allmorgendlichen Weg zur Arbeit nehmen.
Wie durch ein Wunder schaffte ich es sogar ganz ohne Frau Meyer, Herr Staats und den kläffenden Köter. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich auch bei weitem nichts so gatschig wie sonst. Auch wenn ich leider vor der Schminkprozedur genauso ausgesehen hatte. Aber hei! Dafür hat der liebe Gott ja Cremes und Stifte in allen möglichen und unmöglichen Farben erfunden. War schon erstaunlich, was man sich ins Gesicht klatschen konnte, ohne angemalt zu wirken, sondern einfach nur … ungeschminkt. Also so, wie man ungeschminkt gerne aussehen würde.
Erst als sich die Fahrstuhltür mit einem lauten »Bing« öffnete, fiel mir alles wieder ein. Wie im Schnelldurchlauf ratterte der gestrige Nachmittag durch mein Gehirn und stoppte genau bei der Erkenntnis, dass ich Gabriel geküsst hatte. Also, eigentlich er mich. Zwar nur, weil es notwendig gewesen war, doch meine Güte! Ich hatte den Jungen ja fast inhaliert.
Für einen Moment spielte ich ernsthaft mit dem Gedanken, auf dem Absatz kehrt zu machen und mich meiner Aufgabe komplett zu verweigern. Zumindest, bis ich nicht mehr Ich selbst war. Also, Lilly Valentina.
Dann fiel mir auf, dass Tony mindestens so aufgeregt wirkte, wie ich es definitiv war.
»Sag mal …« Ich legte eine kleine Pause ein, um ihm schon mal vorsorglich im voraus zu suggerieren, dass eine ernsthafte und vor allem unangenehme Frage kommen würde, »… du arbeitest doch für die Aufspürung und Verfolgung GmbH … weißt du eigentlich, wer den Auftrag für meine Verfolgung gegeben hat?«
Tony sah mich einen Augenblick lang an, dann fing er leise an zu
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