Erregende Ermittlungen
anderen Stuhl am winzigen Küchentisch. „Erzähl mir von dir! Ich möchte wissen, wer mein Partner ist bei diesem hirnrissigen Projekt.“
„Da gibt es nicht so viel zu erzählen.“ John nahm mit einem vorsichtigen Blick Platz und blies über seine Tasse. „Ich komme ursprünglich aus Phoenix, drüben in Arizona. Mein Vater ist Architekt. Meine Mutter schreibt Groschenromane.“
Megan nahm einen Schluck und nickte ihm aufmerksam zu. An dem Schatten, der bei der Erwähnung seiner Eltern über sein Gesicht ging konnte sie erkennen, dass da noch mehr dahinter stecken musste. Es tat gut, wieder in die Rolle der kritischen Beobachterin zu fallen und den Wirbelsturm der eigenen Gefühle sicher hinter den Gitterstäben von lange eingeübter Professionalität einzusperren.
„Wir sind dann nach Tucson umgezogen, dort bin ich später auf die Middle High und aufs College gegangen.“ Er zuckte die Schultern. „Eigentlich war es nur Zufall, dass ich Fotograf geworden bin. Ein Lehrer in der Schule hat ein paar Schnappschüsse von mir gesehen und so lange auf mich eingequatscht, bis ich mich für ein Bachelor-Programm in Bildender Kunst eingeschrieben habe. Allerdings konnte ich mit dem ganzen Kunstbetrieb und den Leuten darin nicht viel anfangen, also habe ich mich auf Industriefotografie und Grafikdesign spezialisiert. Werbung also.“
„Und du hast eine eigene Firma?“
„Ja. Tonio, mein Partner, kommt aus LA. Wir haben uns auf dem College kennen gelernt. Er sagt immer, er hätte ein Problem mit Autorität, deshalb könne er nicht in einem Grafikatelier oder so arbeiten, sondern muss sich gleich selbständig machen. Wollte mich gleich als Partner. Er meinte, hier in LA gibt es massenhaft Bedarf an guten Fotos.“ John lachte, mit einem bitteren Unterton. „Wir haben trotzdem drei Jahre gebraucht, bis das Geschäft einigermaßen lief. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, dass Tonio jeden bequatschen kann. Er verkauft den Leuten alles, aber er hat dann oft nicht die notwendige Geduld, um auch richtig gute Fotos zu machen. Das ist dann mein Job!“
„Das heißt, du bist jetzt… achtundzwanzig?“ steuerte Megan den Punkt an, der sie am brennendsten interessierte.
„Sechsundzwanzig“, John grinste schräg. „Ich sehe nur so reif und erwachsen aus.“
„Ah.“ Sie verbarg ihr Gesicht bei einem langen Schluck hinter der Tasse.
„Und du?“, wollte er da auch schon wissen.
„Vierunddreißig.“
„Ok.“
Er wollte schon mit seiner Erzählung fortfahren, als er den flachen Ton in ihrer Stimme bemerkte.
„Eh – ist das ein Problem für dich?“ fragte er harmlos.
Ja, das ist ein Problem für mich, du Grünschnabel! dachte sie, innerlich schon wieder auf hundertachtzig. Da wo ich herkomme, da tuscheln die Leute schon, wenn ein Kerl auch nur ein Jahr jünger ist als sein Mädchen. Oh, ich bin sicher, dass so aufgeklärte liberale Intellektuelle wie du da drüber stehen. Vermutlich würdest du auch mit einer Siebzigjährigen ins Bett steigen, wenn sie noch knackig genug aussieht. Tina Turner oder so. Aber es fühlt sich einfach nicht… ganz richtig an! Es fühlt sich überhaupt nicht an. Wie alt ist vierunddreißig überhaupt? Ist das schon alt? Ist das noch jung? Mittendrin?
„Ach was“, winkte sie stattdessen ab, bemüht ruhig. „Man ist so alt, wie man sich fühlt.“
Verdammt richtig, Mädchen. Und wie fühlst du dich? Gib’s zu, du hast keinen blassen Schimmer! Und der Kerl fragt dich, ob das ein Problem ist?!?
„Naja, jetzt lebe ich halt in LA“, fuhr John schnell fort. „Ich habe ein kleines Appartement in einer schönen Gegend, eine halbe Mini-Firma, und meistens auch genügend Geld und genügend zu tun. Im Moment warten wir noch auf das Geld von einem großen Auftrag vom Frühjahr, deshalb bin ich gerade nicht ganz so gut bei Kasse. Aber für den Flug und die Zeit in Kanada reicht es locker“, beeilte er sich hinzuzufügen.
„Wir fliegen ohnehin nur Inland, bis vor die Grenze. Dann fahren wir mit dem Auto weiter.“
„Wirklich? Weshalb?“
„Deshalb.“ Sie drehte sich um, griff in den Küchenschrank, und holte die Kimber hervor. Er sah mit großen Augen auf die eindrucksvolle Waffe.
„Mit dem Ding komme ich nie durch die Kontrollen bei einem internationalen Flug. Innerhalb der Staaten geht das, da muss ich nur meinen Ausweis zeigen und die Pistole bei der Stewardess abgeben.“
„Aha. Gut. Ok, ja, macht Sinn…“ stotterte er, sichtlich beunruhigt von der stählernen Präsenz
Weitere Kostenlose Bücher