Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Error

Error

Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
Vom Netzwerk:
Bernakelmuscheln übersät, die zu dreidimensionalen Sägeblättern wurden, wenn die Wellen ihn daran entlangschoben. Kleine Wellen brachen sich an den grauweißen Panzern dieser Tiere und färbten sie rosa, denn aus dem halb schwimmenden Körper des Mannes, den Csongor eben erschossen hatte, trat in beeindruckenden Mengen Blut aus.
    Der ganze Körper des Ungarn zitterte unkontrollierbar, aber nicht, weil er ganz unter Wasser steckte. Im Laufe der letzten Stunden war viel passiert, das weit über seinen bisherigen Erfahrungshorizont hinausging, aber am meisten beschäftigte ihn jetzt, dass er einem Mann eine Pistole an den Kopf gehalten und abgedrückt hatte. Irgendwie war das viel erschütternder, als die Tatsache, dass auf ihn geschossen worden war. Und dass er auf diesen anderen Burschen gezielt und ihn tatsächlich getötet hatte, machte merkwürdig wenig Eindruck auf ihn, obwohl er vermutete, dass es ihn später in seinen Alpträumen heimsuchen würde.
    Mit seiner Aufgeregtheit tat er sich jetzt überhaupt keinen Gefallen. Er beobachtete einfach aus ein paar Metern Entfernung, wie eine Bande von Terroristen mit einer Frau davonfuhr, die ihm etwas bedeutete. Doch kein noch so intensives Grübeln machte die Situation besser. Einen Frontalangriff hatte er schon probiert. Nur Zulas Geistesgegenwart – woher wusste sie so viel über Waffen? – hatte ihn gerettet. Den Überraschungseffekt hatte er verschenkt. Das Einzige, was er jetzt noch unternehmen konnte, war, näher heranzuwaten und mit der Makarow loszuballern. Aber darauf würden sie nur warten; und aus dieser Entfernung, noch dazu mit zitternden Händen, könnte er ebenso gut Zula oder Yuxia wie einen der Terroristen treffen. Er hatte den großen Schwarzen von dem Selbstmordattentäter sprechen hören und mit eigenen Augen gesehen, wie die Polizisten in den zwei Streifenwagen über Funk erteilten Befehlen gelauscht und kehrtgemacht hatten, um wichtigeren Pflichten entgegenzurasen. Selbst wenn er also willens gewesen wäre, einfach die Polizei zu rufen und sich in die Hände der Justiz zu begeben, hätte er ihre Aufmerksamkeit gar nicht wecken können.
    Der Schusswechsel oben auf dem Pier war natürlich von allen im Viertel verfolgt worden, und so hatten sich die anderen kleineren Wasserfahrzeuge schleunigst ans Ufer begeben. In dem Meeresarm war es nun vollkommen still, abgesehen von der aufgewühlten Hecksee des Terroristenschiffes, das sich, unter der Last von zwei Autowracks krängend und schlingernd, in Richtung offenes Meer vorarbeitete. Der Uferbereich selbst war verlassen.
    Die einzige Ausnahme bildete ein kleines offenes Motorboot, das von einer Sliprampe ein paar Hundert Meter entfernt lostuckerte und beidrehte, um parallel zum Ufer auf den Pier zuzusteuern, wo Csongor sich versteckt hielt. Das Geräusch seines Außenbordmotors tremolierte, als versuche ein unmusikalischer Mensch, einen Ton zu halten, und das Boot nahm zunächst einen eher mäandernden Kurs. Doch sein Steuermann – ein großer, schlanker Mann mit einem Douli , dem traditionellen kegelförmigen Hut des chinesischen Arbeiters – schien schnell zu lernen. Er gewann nach und nach an Selbstvertrauen, und als er seitlich zum Pier heranfuhr, schob er den Hut nach hinten, um sein Gesicht offen zu zeigen: Es war Marlon.
    Csongor stand auf und lächelte, was, wenn man genauer darüber nachdachte, unter diesen Umständen völlig idiotisch war. Marlon grinste zurück. Als er aber merkte, dass er ohne eine Möglichkeit anzuhalten und ohne den Platz für eine Wende auf das schlammige Ufer zusteuerte, erstarb sein Grinsen.
    Csongor trat vor das Boot, beugte sich nach vorne und legte die Hände auf dessen Bug, der mit Stücken von abgefahrenen Reifen bedeckt war. Der Schwung des Bootes ließ ihn ein paar Schritte rückwärtstaumeln, doch kurz darauf brachte er es zum Stehen und drehte es so herum, dass es mit der Spitze wieder aufs Wasser zeigte. Es war aus Holz, vielleicht vier Meter lang, länglicher als ein Ruderboot, aber nicht so schmal wie ein Kanu. Es hatte einen roten Anstrich, davor war es jedoch gelb und ganz zu Anfang blau gewesen. Eher für die Beförderung von Gütern als die von Menschen gedacht, war es nicht besonders gut mit Bänken ausgestattet: Am Heck gab es eine für die Person, die den Außenbordmotor bediente, und eine am Bug, die eher etwas von einer Ablage als von einem Sitz hatte.
    Iwanows Herrentasche hatte sich Csongor diagonal über die Schulter geschnallt. Während er

Weitere Kostenlose Bücher