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Erschiess die Apfelsine

Erschiess die Apfelsine

Titel: Erschiess die Apfelsine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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Gebrauchtwagen musst du immer die Bremsbeläge überprüfen. Wenn sie gerade erst ausgewechselt wurden, dann kannst du einen drauf lassen, dass der Wagen ein Schwarztaxi ist, das dreimal so viel gefahren ist, als der Tacho zeigt.«
    »Auf Frauen darfst du dich nie verlassen, erst recht nicht, wenn sie weiblichen Geschlechts sind.«
    Nach dem letzten Satz lachte er freudlos und fing an, schlecht über Mama zu reden. Über ihre Launen, dass sie bösartig war und nie zuhörte.
    Dass sie immer glaubte, sie könnte alles besser, dass sie tratschte, dass man Blasen an den Ohren bekam.
    Als ich jünger war, hatte ich meine Mutter immer verteidigt, aber dann konnte er stundenlang sitzen bleiben und Ungerechtigkeiten aufzählen, die ihm widerfahren waren, kurz bevor und nachdem ich geboren worden war. Da war es besser, nur zu gucken und zu brummen. Meinen Vater zu treffen, das war wie ein Beratungsgespräch in der Mittelstufe, man saß die Zeit ab und versuchte, an etwas anderes zu denken. Das Wichtigste war, dass er zufrieden war. Glücklicherweise wurden seine Besuche immer seltener, und im Laufe der Jahre hatte ich die gesamte Pizzaliste durchprobiert, alle bis auf die Bearnaise-Pizza, von der Roland der Meinung war, dass sie zu wenig fürs Geld bot.
    »Na, hier ist ja auch nicht gerade der Bär los«, sagte er zu mir zum Abschluss und gab mir einen kräftigen Handschlag, bevor er zum Auto eilte.
    Manchmal erinnerte er mich daran, mir seine wichtigen Aussagen auch gut zu merken. Sie handelten nämlich vom Leben, vom richtigen Leben, wie es ganz normale Menschen lebten. Wenn ich eines Tages selbst erwachsen war, dann würde ich schon noch sehen, wie viel Lebensweisheit in ihnen steckte.
    Ich blieb mit einem Kräuterkrümel zwischen den Vorderzähnen sitzen – vom Salat, den es zur Pizza gegeben hatte. Trank meinen Apfelsaft aus, und dann war das Ganze vorbei.
    »Hast du Geld gekriegt?«, fragte Mama hinterher. »Hat er dir Geld gegeben?«
    »Nein.«
    »Das Schwein.«
    Dann wollte sie, dass ich schlecht über Roland rede. Seine Launen, dass er bösartig war und nie zuhörte.
    Es war mir absolut unmöglich, mir vorzustellen, dass die beiden zumindest einmal vollkommen freiwillig, ja vielleicht sogar liebevoll, etwas getan haben sollten, aus dem ich dann hervorgegangen war.
     
    Samstagmorgen in der Wohnung. Am Frühstückstisch. Mutter und Teenagersohn frühstücken gemeinsam.
    Mama möchte am liebsten ihre Ruhe, hat aber das Gefühl, sie sollte sich um ihren Sohn kümmern. Sohn möchte am liebsten seine Ruhe, will aber keinen Streit.
     
    MAMA: Was wollen wir heute machen?
    SOHN: Weiß nicht.
    MAMA: Ich hab gedacht, wir könnten etwas richtig Supertolles machen, pielipieli oder so.
    SOHN: Ich verstehe die Sprache des neunzehnten Jahrhunderts nicht.
    MAMA: Vielleicht im Wald spazieren gehen? Den Herbstduft spüren.
    SOHN: Kannst du machen.
    MAMA: Aber mein Junge, wir machen so selten etwas zusammen.
    SOHN: Ich habe mir beim Sport den Fuß verstaucht.
    MAMA: Das hast du mir ja gar nicht erzählt, lass mal sehen.
    SOHN: Na, vielleicht nicht direkt verstaucht, nur umgeknickt.
    MAMA: Und tut es weh? Jetzt? Oder jetzt …?
    SOHN: Du kitzelst mich, Mama.
    MAMA: Na, wir können ja auch zu Hause bleiben. Etwas spielen.
    SOHN: Wäre nicht schlecht, aber …
    MAMA: Wir könnten Karten spielen. Wie früher, das hast du immer so gern gemacht.
    SOHN: Na, in erster Linie warst du es, die das so gern mochte.
    MAMA: Du konntest stundenlang Karten spielen.
    SOHN: Wir schreiben nächste Woche eine Arbeit in Chemie.
    MAMA: Musst du schon am Wochenende dafür lernen?
    SOHN: Ja. (Seufzer.)
    MAMA: Ach so. (Seufzer.)
    SOHN: Aber ist nicht so schlimm. Geh du nur in den Wald.
    MAMA: Heute Abend wollte ich ausgehen. Nur dass du es weißt.
    SOHN: Dann kommst du erst spät nach Hause?
    MAMA: Vielleicht bringe ich jemanden mit.
    SOHN: Mhm.
    MAMA: Ja, du verstehst schon. Das ist doch okay, oder?
    SOHN: Ihr habt ja das Schlafzimmer.
    MAMA: Mein Gott, ich habe nicht gemeint, dass wir … ich dachte nur, wenn du Stimmen hörst. Wenn ich in der Küche sitze und mit jemandem spreche, dann weißt du …
     
    Mama wird rot und versteckt sich hinter ihrem Saftglas. Sohn will das Thema wechseln, ihm fällt aber nichts ein.
     
    MAMA: Nun ja, dann verschwinde ich jetzt mal ins Badezimmer.
    Mama verschwindet von der Bühne. Sohn bleibt sitzen und wippt nervös mit seinem »verstauchten« Fuß.
     
    Nach dem Badezimmerbesuch hatte Mama ein schlechtes Gewissen und

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