Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
Vom Netzwerk:
vor.
    Er hatte sich bei jemandem bedient. Vielleicht bei mehr als einer Person. Ich fand das ... grauenhaft. Und ich bin nicht einmal ein guter Mensch. Ich bin ein Loser und vergeude mein Leben und doch fand ich es grauenhaft.
    »Amüsieren? Nicht direkt«, sagte ich und wünschte, ich hätte einen frischen Drink.
    Incy wirkte gekränkt. »Wie ich sehe, hast du die süße Tracy kennengelernt. «
    »Ja.«
    Tracy war anscheinend begeistert, dass Incy da war, und ließ meine unspaßige Wenigkeit sofort im Stich, um sich an ihn zu schmiegen. Er lächelte sie an und streichelte ihr Haar, Was sie beinahe schnurren ließ.
    »Tracy ist ein sehr freigiebiges Mädchen«, sagte Incy und Tracys Augen strahlten. Er sah mich an. »Du solltest sie wirklich probieren. Ich bin sicher, dass sie dir auf deiner Hexenschule beigebracht haben, wie es gemacht wird.«
    »Hexenschule?« Bisher hatte er es als Farm bezeichnet. Als hätte er nicht gewusst, was es war.

    »Ich wette, die haben dir da alles Mögliche beigebracht«, sagte er und ich erkannte den verführerischen Tonfall, den er sonst bei anderen Leuten einsetzte. Jetzt benutzte er ihn bei mir. Also war ich nach hundert gemeinsamen Jahren zu jemandem geworden, den er zu etwas verführen musste. Ich spürte, wie mein hartes kleines Herz in meiner Brust in zwei Teile zerbrach.
    »Wie man Eier einsammelt«, sagte ich steif.
    Incy lachte und streichelte Tracys Nacken. »Weiter hinten gibt es Privaträume. Warum gehen wir drei nicht dorthin? Die süße Tracy würde sicher gern mit uns beiden zusammen sein.«
    Tracys Gesicht leuchtete auf, als hätte sie gerade hundert Dollar in der Tasche einer alten Jeans gefunden. »Ja! Das würde mir gefallen.«
    Ich schluckte. »Es ist nur ... das ist nicht mein Ding, Incy.« Mich schockierten die Gedanken, die auf mein Gehirn einprasselten: Ich gehörte nicht mehr dazu. Ich gehörte nicht mehr zu Innocencio und den anderen. Ich dachte, ich hätte überreagiert, als ich vor ihnen weggelaufen war. Ich dachte, es wäre nur ein Anfall von Irrsinn gewesen, was ich mir auch in River's Edge vorgelogen hatte. Wieder herzukommen hätte sich anfühlen müssen, als käme ich nach Hause, zurück in eine Welt, die mir vertraut war, in der ich mich auskannte. Aber ich fühlte mich auch hier wie Unkraut in einem Gewächshaus. Ich gehörte nirgendwohin. Zu niemandem. Oh, Gott.
    »Sei nicht albern.« Incy lachte kurz auf. »Es ist perfekt für dich. Du wirst es lieben. Und Darling, wenn du erst merkst, wie du dich dann fühlst ... « Es war so viel Liebe in seinen Augen. »Weißt du noch, als du mir in New Orleans diese Wahnsinnseisdiele gezeigt hast, die mein Leben verändert hat? Das hier ist genauso, nur intensiver. Es ist mein Geschenk an dich.«
    Ich sah Incy und Tracy an, die dicht beieinander auf der Couch saßen. Sie waren beide unnatürlich schön und verführerisch. Incy hatte mich im Laufe der Zeit zu allem Möglichen überredet - inklusive der Rückkehr nach Boston - und ich hatte mich nie geweigert und es fast nie bereut. Ich zwang mich zu überlegen, ob dies wieder so eine Situation war, ob ich vielleicht einfach zu voreingenommen war.
    Aber ich konnte es nicht tun. Es war böse, es war falsch, es war unrein. Das wusste ich. Spürte es. Gegen diese Empfindungen zu handeln, wäre unerträglich. Wieder etwas, für das ich River die Schuld geben konnte.
    Ich lächelte unecht. »Es ist verlockend ... « Oh Gott, was war ich nur für ein Feigling! Was für eine rückgratlose Qualle von einem Feigling! Ich versuchte immer noch, Incy zu besänftigen, mit ihm auszukommen. Aber ich hatte es satt, jeden anzulügen. Satt, mich selbst anzulügen. Mein Herz schlug jetzt schneller. Ich schluckte und holte tief Luft. »Nein, Incy. Es ist nicht verlockend. Ganz und gar nicht. Es ist widerlich.« Tracy sah beleidigt aus. Incy zeigte keine Regung und starrte mich nur an.
    Warum sich also nicht gleich vor den Bus werfen. »Es ist abstoßend, dass Tracy und all die anderen uns ihre Energie anbieten. Sie sind verrückt und selbstmordgefährdet und lügen sich etwas vor. Und dass die Unsterblichen ihre lächerlichen, idiotischen Angebote annehmen, ist falsch. Obwohl sich mein Moralkompass normalerweise wie wild in alle Richtungen dreht, erkenne sogar ich, dass dies der falsche Weg ist. Es ist schlecht. Wenn ich es täte, würde ich mich fühlen ... wie etwas, das ich mir gerade von der Schuhsohle gekratzt

Weitere Kostenlose Bücher