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Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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einander und meine Hände glitten über den weichen Stoff seiner Ärmel, die die harten Muskeln darunter nicht verbergen konnten.
    »Reyn«, wisperte ich. Dann drückte sich sein Mund sanft auf meinen. Seine Augen waren offen, weil er darauf wartete, dass ich ihn wegstieß. Aber meine Augen schlossen sich und ich lehnte mich gegen seine Brust, die massiv war wie eine Eiche. Dies war Reyn, der mich küsste, und es fühlte sich ganz neu und einzigartig an, trotz meiner vierhundertfünfzig Jahre Erfahrung im Küssen. Er hielt mich eng an sich gepresst, die Hände auf meinem Rücken, und mir wurde plötzlich klar, dass zwischen uns nichts war außer diesen blöden Hexengewändern, die eine idiotische Idee gewesen waren, wie ich von Anfang an vermutet hatte.
    Mit der Entschlossenheit des Winterkriegers intensivierte er unseren Kuss, bis ich nicht mehr wusste, wo mir der Kopf stand. Er roch nach Rauch und Waschmittel und einem unge;wöhnlichen, fast orientalischen Gewürz, das ich nur mit ihm verband. Ich hatte nicht mitbekommen, dass er mich manövriert hatte, bis ich einen großen Felsen hinter mir spürte, der gegen meine Kniekehlen drückte. Jetzt saß ich also fest.
    Es war einfach nur ... gut. Es war so unglaublich gut, viel besser als alles, an das ich mich erinnern konnte, obwohl es eiskalt war und ich nicht genau wusste, was beim Zirkel passiert war. Wenn ich bei ihm war, so mit ihm verbunden wie jetzt, fühlte ich mich geborgen. Nichts konnte mich zerstören. Nichts konnte mir wehtun. Außer ihm natürlich. Und als dieser Gedanke den Wackelpudding durchdrungen hatte, zu dem mein Gehirn mutiert war, wurde mir vage bewusst, dass meine Arme um seine Schultern lagen, eine Hand in seinem Haar vergraben und ich ein Bein um seins geschlungen hatte.
    Da gab ich nach und ließ mich von der Reyn-Flutwelle überrollen und sie über meinen Kopf schwappen.
    Ich presste mich so fest gegen ihn, wie ich nur konnte, als könnte ich uns zusammenschweißen. Mit einer Hand fuhr ich in den Halsausschnitt seiner Robe, um die heiße, glatte Haut zu fühlen, das kräftige, gerade Schlüsselbein, die massiven Schultermuskeln. Er war groß und stark und solide und perfekt. Ich hörte, wie schwer er atmete, und freute mich - das hatte ich bei ihm ausgelöst. Ich wollte nur, dass die Zeit stehen blieb, genau jetzt. Ich wollte aufgeben, nachgeben, alles loslassen außer Reyn.
    Natürlich war die Versuchung groß, genau das zu tun. Ich würde diesen blöden, schwierigen, ätzenden Kampf, irgendwann eine Tähti zu werden, nur zu gern aufgeben. Es wäre so viel leichter, mich nur noch treiben zu lassen. Meine Sinne von Reyn überwältigen zu lassen und ihn meine Gedanken, mein Herz und meinen Körper ausfüllen zu lassen.
    Aber - machte mich das nicht wieder zu demselben hohlen Loser, als der ich hergekommen war? So sehr es mich nervte, Tatsache war, dass ich hier ein Ziel hatte. Mich in diesen wunderbaren, verlockenden, wilden Emotionen zu verlieren, würde nur bedeuten, dass ich mir einen weiteren Platzhalter dafür schuf, wo Lilja - der Name, mit dem ich geboren wurde -, mein Selbst eigentlich sein sollte.
    Reyn hob den Kopf und sah mich an. Wir waren beide außer Atem und stießen in der eisigen Luft kleine Hauchwolken aus. Meine Arme fühlten sich kalt und steif an.
    »Woran denkst du?« Seine Stimme war fast nur ein Wispern. Ich glaubte, darin einen Anflug seiner Muttersprache zu erkennen - irgendeinen Mongolisch-Skandinavischen Mix. Er trat zurück, ließ aber die Arme um mich gelegt. »Ich kann das nicht tun«, sagte ich, obwohl mir klar war, dass ich es gerade getan hatte, und fand es schrecklich, wie atemlos ich mich anhörte.
    Seine Augen verengten sich ein wenig.
    Mit einem Gefühl des Verlustes ähnlich dem, wenn die Magie nach einem Zirkel aus mir wich, zwang ich mich, »Ich weiß nicht, wieso wir das tun« zu sagen. Ich versuchte ohne Erfolg, mich von seinen Händen zu befreien. »Ich weiß nicht, wieso ... « Ich schüttelte den Kopf. Ich war todmüde und verwirrt und traurig, aber aus irgendeinem Grund verspürte ich auch ein Gefühl des Triumphs.
    »Es zieht uns zueinander«, sagte er und seine Worte waren in der Nachtluft kaum zu hören. »Wir haben eine gemein;same Vergangenheit.«
    »Eine grauenhafte, entsetzliche Vergangenheit.« Jemand musste es ja aussprechen.
    »Vielleicht ist dies der einzige Weg, die Wunden zu heilen.« Seine Brust hob und senkte sich,

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