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Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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murmelte die kurze Be;schwörung und malte die entsprechenden Sigils und Runen in die Luft, so schnell ich konnte.
    Mir stand kalter Schweiß auf der Stirn. Was war los mit
    mir? Zittrig sagte ich den Verschlusszauber noch einmal auf und ging dann als Erstes zum Fenster, um die dicken Vor;hänge zuzuziehen und die Kälte der Nacht auszusperren. Ich drehte meinen kleinen Heizkörper voll auf und konnte hören, wie der Dampf durch die Rohre zischte. Dann zog ich die Schuhe und die Jeans aus und kroch unter die Bettdecke. Das Bettzeug war eiskalt.
    Mein Herz schlug wie wild. Ich schloss die Augen.
    »Wie gut du aussiehst, Darling.« Incys warme, freundliche Stimme sorgte dafür, dass ich die Augen wieder aufriss. Er saß in einem schicken modernen Sessel - weißer Brokat und dunkles Holz - offenbar im Wohnzimmer einer Hotelsuite. Ich glaubte, sie zu kennen - war es das Liberty Hotel in Boston? Auf der Glasplatte des Couchtischs neben ihm stand ein schweres Silbertablett. »Tee? Nein, du kriegst ja im Momentmehr als genug Tee. Dann also Kaffee.« Er schenkte mir eine Tasse Espresso ein und ließ einen Zuckerwürfelhineinfallen. »Weißt du noch, in Russland? Da haben wir heißen Tee durch einen Zuckerwürfel zwischen den Zähnen geschlürft.«
    Meine Hand schien einen eigenen Willen zu haben und griff nach der Porzellantasse. Ich nickte. Der russische Tee war stark und bitter gewesen, was den Brauch erklärte, ihn durch ein Zuckerstück zu saugen. Ich hatte mehrere Anläufe gebraucht, es hinzukriegen, ohne dabei zu schlürfen oder mir den Tee übers Kinn tropfen zu lassen.
    »Was machst du hier?« Meine Stimme klang, als würde ich mit einem Tuch vor dem Mund sprechen. Ich hatte immer noch dieses benommene Gefühl.
    Incy lehnte sich in seinem Sessel zurück und schlug die Beine in der eleganten Armani-Hose übereinander. Dazu trug er ein maßgeschneidertes Seidenhemd. »Ich bin natürlich gekommen, um dich zu sehen.« Er lächelte und nippte an seinem eigenen Kaffee. »Du musst wissen, dass ich recht abhängig von dir bin.«
    »Wieso?« Mir schnürte sich die Kehle zu und ich musste mich zwingen, den Kaffee zu schlucken. Er hinterließ eine brennende Spur in meinem Hals und mobilisierte die Säure in meinem Magen. Wieso war Incy gekommen? Wie hatte er mich gefunden? Ich hatte versucht, spurlos zu verschwinden, und gedacht, dass ich in River's Edge sicher wäre.
    Innocencio zuckte mit den Schultern und betrachtete das Ölgemälde an der Wand. »Ich dachte, ich hätte mich einfach nur an dich gewöhnt«, sagte er langsam. »Aber es ist viel mehr als das. Du und ich sind Seelenverwandte, zwei Seiten derselben Münze. Ich kann ohne dich nicht leben.« Sein Gesicht verdunkelte sich und seine Augen wurden zu glühenden Kohlen, mit denen er mich anstarrte. »Und du kannst ohne michnicht leben. « Sein Lächeln war wundervoll und grau;sam zugleich und ich schauderte, als würden eisige Finger über meine Wirbelsäule streichen. Er sprach genau das aus, wovor ich Angst hatte, was ich nicht wahrhaben wollte. »Wir sind keine Seelenverwandten, Incy«, sagte ich. Ich nahm einen Schluck Kaffee, um ihm zu zeigen, wie gelassen und unbeeindruckt ich war, und erstickte beinahe daran. »Wir sind kein Liebespaar. Wir waren lange Zeit beste Freunde. Aber ich denke ... ich brauche jetzt eine Auszeit.« Der Raum wurde so dunkel wie bei einer plötzlichen Son;nenfinsternis. Incys Gesicht erschien nur noch als kantiges Relief und der kleine Kamin im Zimmer warf ständig wech;selnde Schatten auf seine symmetrischen Züge. Er stand auf, sah mich an und schleuderte dann seine Tasse an die Wand, wo sie zersprang. Kaffee rann über die gelbe Tapete wie dunkles Blut. Mein Herz pochte ohne rechten Takt und ich bekam keine Luft. »Nein, Nastasja.« Seine Stimme war eisig, aber kontrolliert. »Nein, Nastasja. Nein, Sea.« Sea war mein Name vor Nastasja gewesen. »Nein, Hope. Nein, Bev. Nein, Gudrun.« Er ging all die Identitäten durch, die ich im Laufeder Zeit angenommen hatte. »Du wirst sehen, Linn, Christiane, Prentice, Maarit, dass wir zusammengehören. Weißt du noch, Sarah? Weißt du noch, wie wir uns getroffen haben? Und ich war ... «
    »Louis.«
    »Ja. Ich war Louis zu deiner Sarah. Dann war ich Klaus zu deiner Britta. Und Pjotr zu deiner Maarit. Und James zu deiner Prentice. Dann Laurent. Beck. Pavel. Sam. Michael. Sky.

    Weißt du noch, wie wir Sea und Sky waren, damals in

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