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Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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Polynesien? Und jetzt bin ich Innocencio zu deiner Nastasja. Und du nimmst. Dir. Keine. Auszeit. Von. Mir!« Er beendete den Satz mit lautem Gebrüll, warf den Tisch mit einem Fußtritt um und fegte eine Kristalllampe von der Kommode. Er stand direkt vor mir, keuchend, mit blutunterlaufenen Augen, und sah total übergeschnappt aus, wie ein Junkie, wie - Wie ein Junkie. Als wäre er süchtig ... nach mir.
    Es war eine verblüffend klare Erkenntnis. Zu schade, dass ich sie nicht schätzungsweise achtzig Jahre früher gehabt hatte.
    Ich sprang auf die Beine und versuchte, Stärke auszustrahlen.
    Er hatte mir nie wehgetan, nicht in den hundert Jahren, die wir uns kannten. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er mich jetzt körperlich angreifen würde. »Wir sind keine Seelenverwandten, Incy«, sagte ich und jetzt endlich entfachte sich meine eigene Wut und unterdrückte wenigstens einen Teil meiner Angst. »Ich habe das nie so empfunden und keine Ahnung, wieso du es tust. Und natürlich kann ich eine Auszeit nehmen - von dir, von allem. Ich werde mich ausruhen, hier eine Weile abhängen und dann können wir uns meinetwegen in Rio treffen. Zum Karneval.« Ich warf ihm einen Knochen hin - der Karneval war im Februar.
    »Das denke ich nicht, Nasty«, sagte Incy mit einem bösen Grinsen. »Ich bin nämlich nicht gern allein. Und wenn man bedenkt, wie hoch der Preis ist, mich zu verlassen, bin ich sicher, dass du es dir anders überlegst.«
    Er deutete mit einer triumphalen Handbewegung nach rechts, als wollte er demonstrieren, was sich hinter Tor eins befand.
    Ich schaute hin und mein ganzer Körper zuckte vor Schreck.
    Ich brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, was ich da sah. Es waren ... Köpfe, die in einer großen, bereits geronnenen Blutlache lagen. Es war schwierig, ihre Gesichtszüge als menschlich zu erkennen - aber ich sah über die hängende graue Haut, die halb offenen Augen und die schlaffen Münder hinweg und erkannte die Gesichter von Boz und Katy.
    Hinter der Couch ragte eine kalkweiße Hand hervor - dort befanden sich ihre Körper. Incy hatte sie umgebracht.
    Und dann hielt Incy plötzlich einen riesigen Krummsäbel in den Händen. Es klebte Blut daran. Lächelnd kam er auf mich zu. Das Feuer im Kamin war ausgegangen und dicker, öliger Rauch waberte durch den Raum. Ich konnte ihn riechen. Ebenso konnte ich den stickigen Kupfergeruch des geronnenen Blutes riechen.

    »Komm her, Nas«, sagte Incy sanft. »Komm her, Dar;ling.«
    Ich stand da wie erstarrt. Ich hasste den durchgedrehten Incy - ich wollte den witzigen Incy zurückhaben. Der Rauch erstickte mich, ich schnappte nach Luft, keuchte, konnte nicht atmen ...
    Und dann stand Incy über mir und seine Augen funkelten, als er den Säbel hob. Ich konnte mich nicht bewegen, konnte nicht aus dem Weg springen, konnte ihn nicht angreifen ... Mit einem Lächeln schlug er zu.
    Ich fuhr so schnell hoch, dass ich aus dem Bett fiel und meine Schulter und meine Hüfte unsanft auf den kaltenHolzfußboden krachten. Dort blieb ich ganz still liegen, als würde sich Incy in meinem Zimmer materialisieren, sobald ich mich bewegte.
    Ich holte ganz langsam Luft und sah in alle vier Ecken des Raums. Dasselbe Zimmer wie immer. Niemand da außer mir. Fenster geschlossen. Tür geschlossen und durch Zauber verriegelt? Ich konnte mich nicht erinnern. Ich holte noch einmal Luft und roch nur noch den Lavendel, den wir dem Waschpulver zugaben, und einen Hauch des Essigreinigers, mit dem wir Spiegel und Fenster putzten. Kein Blut. Kein erstickender schwarzer Qualm.
    Der Boden war kalt. Ich setzte mich auf, schaltete die Leselampe ein, ließ mich wieder zurückrutschen und lehnte mich ans Bett. Mein Gesicht und mein Rücken waren klebrig vom Schweiß. Mit zitternder Hand strich ich mir die Haare aus dem Gesicht.
    Was stimmte nicht mit mir?
    Es hatte alles in der Silvesternacht angefangen .. , beim Neujahrszirkel. Witzigerweise hatte ich mir da vorgenom;men, gut zu'sein und nur noch Tähti-Magie zu betreiben. Zu allem Überfluss hatte ich - oh, mein Gott. Ich hatte die Dunkelheit losgelassen. Was, wenn ich sie tatsächlich losgelassen, im Sinne von freigesetzt, hatte? Was, wenn ich meine Dunkelheit - die beträchtlich war, angesichts meiner Familiengeschichte - in die Welt gesetzt hatte? Und jetzt kam sie zurück wie ein tollwütiger Hund, schnappte nach meinen Knöcheln und ängstigte mich mit grauenhaften Visionen fast zu

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