Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
Vom Netzwerk:
dass er während meiner Abwesenheit öfter so gewesen war, und ohne mich, die mit seinen Ausbrüchen umgehen konnte, waren diese ein echtes Problem gewesen.
    »Ehrlich gesagt finden wir, dass du auf einem Egotrip bist«, sagte ich. »Komm schon - schlimm? Du? Das Schlimmste, was du jemals getan hast, war, Hippiesandalen zum Anzug zu tragen. Und verrückt?« Ich tippte mir mit dem Finger ans Kinn, als müsste ich überlegen. »Okay, verrückt stimmt. Du isst kein Obst. Du hasstObst. Was jeder andere auf der Welt mag. Ich habe gesehen, wie du die Schokolade von einer Erdbeereabgeleckt und die Erdbeere zurückgelegt hast. Du warst in Französisch-Polynesien, dem Land der allgegenwärtigen fantastischen Früchte, und was hast du gegessen? Cracker! Ja, das beweist, dass die eine oder andere Tasse in deinem Schrank fehlt. Aber das hier ... « Ich schwenkte den Arm. »Dieses Drama, dieses Theater? Ein bisschen dick aufgetragen, wenn du mich fragst.«
    Incy war total verblüfft. Oh, ich hatte ihn viel schlimmere Dinge tun sehen als in meinen Beispielen. Viel schlimmer als mir zu jener Zeit bewusst gewesen war. Aber im Moment war es wichtiger, seine Gedanken in eine andere Bahn zu lenken.
    Boz verlagerte sein Gewicht im Sessel und beobachtete mich. Katy sah aus, als wäre sie lieber woanders. Cicely wirkte wütend.
    »Und wenn du jetzt mit deiner Selbstmitleidsparty fertig bist - ich habe Hunger.« Ich schwang die Füße auf den Boden und sah zu ihm auf. »Bist du fertig? Mit dem Böse-Sein und allem anderen?«
    Als hätte er einen Schalter umgelegt, verschwand der traurige und wütende Ausdruck aus seinem Gesicht. Er blinzelte ein paarmal und sah sich im Zimmer um, als müsste er sich erst wieder orientieren. Ich wollte jetzt nichts lieber tun, als mich mit einem kalten Tuch über dem Gesicht hinzulegen. Ich musste unbedingt herausfinden, was los war und ob ich etwas tun konnte. Konnte ich ihn vielleicht zu Rivers Tante Louisette nach Kanada schaffen? War er wirklich so gestört? Ich wusste nicht, wie viel davon nur Incys Hang zu Dramatikzuzuschreiben war und was echte Paranoia gewesen war. Incy schluckte. Er war blass, sah aber wieder mehr aus wie er selbst. Er ging zur Minibar, schenkte sich großzügig Scotch ein und kippte ihn sich mit einem Schwung in den Hals.
    Diese angespannte Lage noch mit Alkohol zu verschärfen, war sicher sehr hilfreich. Dann drehte er sich um und sah mich an. Ich erwiderte den Blick und bemühte mich um einen betont geduldigen Gesichtsausdruck.
    »Oh, Nas«, sagte er und kam auf mich zu. Er kniete sich vor mich und nahm eine meiner Hände in seine. Ich hätte sie am liebsten weggerissen und das schockierte mich. Er lachte verlegen und schüttelte leicht den Kopf. »Gott sei Dank bist du hier. Du siehst ja, wie ich dich brauche. Du bist die Einzige, die mich versteht.« Mir war so, als hörte ich einen wütenden kleinen Huster von Cicely. Incys Hände waren kalt und feucht; seine Stirn und die Koteletten waren verschwitzt. Er neigte den Kopf auf meine Hände, meine Knie. »Ich habe dich so vermisst. Mir geht es einfach besser, wenn du da bist. Dann fühle ich mich wie ein Mensch.«

    »Äh«, machte Katy.
    »Du weißt, was ich meine«, sagte Incy und hob den Kopf. »Normal. Real.«
    Er wurde mir immer unheimlicher. »Freut mich zu hören«, erwiderte ich energisch. »Immer gern zu Diensten. Und was du da knurren hörst, ist mein Magen.«
    Er lachte, sah wieder aus wie immer und stand vom Boden auf. Er holte ein Seidentaschentuch aus dem Jackett, das über einer Stuhllehne hing, und tupfte sich damit das Gesicht ab.
    »Andiamo«, sagte er, schnappte sich das Jackett und ging auf die Tür zu.
    Hinter ihm tauschten Boz und Katy einen Blick mit mir. Ich hob die Brauen. Sie glaubten nicht, dass das schon ausgestanden war. Ich auch nicht.

21
    Glauben Sie wirklich, meine Liebe?« Die Witwe Barker blinzelte mich durch ihre Katzenaugenbrille an.
    Ich hob geziert die Hände - all dieses Reden über Geschäfte tat meinem süßen kleinen Köpfchen weh. »Ich weiß gar nicht, wie ich es noch besser beschreiben soll, Miz Barker«, sagte ich. »Aber nur unter uns - ich würde jetzt viel lieber am Pool des Beaufort Motels in einer Zeitschrift blättern.« Ich trug meinen Südstaatenakzent richtig dick auf.
    »Diese Männer, die streiten doch immer um irgendwas«, vertraute die Witwe mir an und wir lachten ein bisschen. Sie stand auf und nahm die

Weitere Kostenlose Bücher