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Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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Kaffeekanne mit dem tropfenden Filter von ihrem altmodischen Maisherd. Ich schob ihr meine Tasse hin und der Kaffee, den sie mir einschenkte, war genauso dick und schwarz wie das Zeug, das mich wirklich interessierte: texanisches Öl.
    Es war 1956 und im Südosten von Texas sprudelten die Ölquellen nun schon seit vierzig Jahren. Und jetzt spekulierten manche Leute, dass sich die Vorkommen viel weiter nach Westen erstreckten, als man ursprünglich angenommen hatte. Ich hatte 1849 schon den Goldrausch in Kalifornien mitgemacht und gut daran verdient. Aber diesmal wollte ich selbst eine Quelle besitzen, statt nur die Bedürfnisse anderer zu befriedigen.
    Das war der Grund, wieso ich versuchte, der Witwe Barker ihre Öl— und Mineralrechte für ein Almosen abzuschwatzen. Die Zeit war nicht sanft mit der Witwe Barker umgegangen.

    Die groben Steine hinter dem Haus bewiesen, dass sie zwei Ehemänner und vier Söhne begraben hatte. Ich hätte vermutet, dass sie Männern nicht gerade wohlgesinnt war, wenn ich nicht gewusst hätte, dass ihre Söhne im Zweiten Weltkrieg gefallen waren, ihr erster Mann durchgebrannt war und sich tot gesoffen hatte und ihr zweiter Mann erst vor zwei Jahren auf dem steilen Hügel der Nordweide mit dem Traktor umgekippt war.
    Jetzt lebte sie von einer kleinen Rente, was man ihr auch ansah: Die rosa Brille mit den Strasssteinen an den Ecken war das einzige neue Ding in der ganzen Gegend. Das kleine Farmhaus war seit Jahrzehnten nicht mehr gestrichen worden; die Überreste des einstigen weißen Anstrichs waren an der grau verwitterten Fassade kaum noch zu erkennen. Der Herd wurde, wie bereits erwähnt, mit alten Kolben des Futtermaisesbefeuert, den ihr zweiter Mann auf dieser Farm dreißig Jahre lang angebaut hatte.
    »Aber wieso denkt Ihr Cousin, dass dies ein guter Platz für Ihre Mutter wäre? «, fragte die Witwe und setzte sich wieder an ihren weiß gescheuerten Holztisch.
    »Er sagt, es wäre viel Land und sie könnte gärtnern«, antwortete ich und mein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass ich meinen Cousin für total bekloppt hielt.
    »Aha«, sagte die Witwe und versuchte, nicht aus dem Fenster auf das trockene verdorrte Land zu sehen, das sich so weit erstreckte, wie das Auge reichte. Ich lächelte sie an und nippte an meinem Kaffee, der erstaunlich gut war. Ihre blassen Augen nahmen einen berechnenden Ausdruck an. »Aber ich habe meinem Mann - meinem ersten Mann - versprochen, dass ich den Besitz nie auseinanderreißen würde.
    Dieses Land gehört seiner Familie schon seit Generationen. Sein Urgroßvater hat die Farm hier aufgebaut, als Texas noch nicht mal ein eigener Staat war.«
    Ich hatte keine Ahnung, ob das stimmte oder nicht, und trank nur meinen Kaffee und sah besorgt aus. »Das ganze Anwesen?«, fragte ich wenig begeistert. »Oh, ich weiß nicht. Ich glaube, Mama möchte nur das Haus und ein kleines Grundstück, auf dem der alte Shep ein bisschen rumlaufen kann. Vielleicht zwei Hektar?«
    Aber in den Gehirnwindungen der Witwe Barker hatte sich eine andere Vorstellung festgesetzt. »Das hat mein Nachbar Edford Spenson auch gesagt«, berichtete sie mir missbilligend. »Er hat mich das ganze letzte Frühjahr damit belästigt.
    Nein, ich habe Leland versprochen, dass ich den Besitz nicht zerreiße, und das werde ich auch nicht! Wenn Sie diese Farm wollen, müssen Sie das ganze Land kaufen.«
    »Aber ... « Meine Augen weiteten sich betroffen unter meiner gigantischen schwarzen Hochsteckfrisur. Meinem Texas-Styling. »Miz Barker, das sind fast vierhundert Hektar!«
    »Nein, Miss Whitstone«, sagte die Witwe. »Es sind fast achthundert Hektar. « Jetzt sah sie besorgt aus, weil ich garantiert nie zustimmen würde, achthundert Hektar zu kaufen.
    »Ach Gottchen«, murmelte ich und nahm mir ein weiteres Plätzchen. Tatsächlich stand im Grundbuch, dass ihre Farm siebenhundertsechsundneunzig Hektar groß war, plus minus ein paar Quadratmeter. Früher war Ackerland in dieser Gegend für hundertsechzig Dollar pro Hektar verkauft worden, aber das war vor der Dürre, die seit fünf Jahren wütete. Die Witwe fummelte nervös mit ihrer Papierserviette herum, die knorrigen Knöchel steif von Arthritis. Sie war vermutlich erst um die sechzig und ich fand es erstaunlich, wie sie ein ganzes Leben in diesen kurzen Zeitraum gequetscht hatte, mit einem Anfang, einer Mitte und jetzt auch einem Ende. Da sie keine Kinder oder Enkel und keinen

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